Teuer, aber nicht ganz nutzlos

Arbeitslosigkeit Mag sein, Ein-Euro-Jobs kosten den Staat viel Geld und bringen niemanden in Normalarbeit. Aber wer sie abschaffen will, muss den Betroffenen eine Alternative bieten

Die Kritik daran ist so alt wie das ganze Projekt, doch nun ist es amtlich: Ein-Euro-Jobs taugen nichts. Zumindest die Zielmarke haben sie nicht erreicht: Langzeitarbeitslose wieder auf den Arbeitsmarkt zu bringen und gleichzeitig gemeinnützige Aufgaben erledigen zu lassen, für die sonst kein Geld da ist.

Dass es Ein-Euro-Jobber in der Konkurrenz um Normalarbeitsplätze besonders schwer haben, wurde kürzlich schon in einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung beklagt. Nun hat der Bundesrechnungshof nachgelegt. In der Mehrzahl der Fälle, so ein interner Bericht, seien Ein-Euro-Jobs nicht geeignet, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu erhöhen. Zum einen kümmerten sich die Arbeitsberater zu wenig um die Betroffenen. Zum anderen sei mindestens die Hälfte der so genannten Arbeitsgelegenheiten juristisch angreifbar, weil es sich nicht um gemeinnützige Tätigkeiten handelt und sie oft in unlauterer Konkurrenz stehen zu ungeförderten Jobs. Kommunen und Wohlfahrtsverbände reduzierten auf diese Weise schlicht Personalkosten. Die Bundesagentur für Arbeit will die Jobcenter nun an die Kandare nehmen: Sie sollen jeden Ein-Euro-Job genauer auf seine Zulässigkeit prüfen.

Bei den rot-grünen Erfindern der Hartz-Reformen floss in den Ein-Euro-Jobs ursprünglich die Ideologie des „Forderns und Förderns“ zusammen. Dass sie kein Instrument gegen strukturelle Arbeitslosigkeit sein würden, war damals schon bekannt. Bei derzeit sinkenden Arbeitslosenzahlen braucht es keine statistische Schönfärberei mehr, der Bundeshaushalt dagegen soll entlastet werden. Mit 1,7 Milliarden Euro sind Ein-Euro-Jobs die teuerste Arbeitsfördermaßnahme; und wie es scheint, zu teuer für den „Rest“ der nicht Vermittelbaren.

Gleichwohl besserten 2009 rund 750.000 Menschen ihr mageres Sozialsalär namens Hartz IV um 180 Euro monatlich auf. Für viele, die keine Aussicht mehr auf einen Normaljob haben, sind Arbeitsgelegenheiten eine Möglichkeit, etwas würdiger leben zu können. Das müssen auch die Kritiker von links anerkennen. Wer heute also fordert, Ein-Euro-Jobs abzubauen, muss den Betroffenen eine Alternative bieten.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin „Politik“ (Freie Mitarbeiterin)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

Ulrike Baureithel

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