Kennen Sie die Geschichte vom Kind, das seine Osterhasen auf dem Fenstersims hortet und sie erst, als sie in der Sonne wegschmelzen, halb verdorben an andere Kinder verteilt? So ähnlich geht es derzeit zu bei den Corona-Impfstoffen.
Die reichen Länder haben sich das Gros gesichert, nun liegen die Dosen wie Blei in Impfzentren und Arztpraxen, ihre Haltbarkeit läuft ab, oder sie mussten schon entsorgt werden, weil sie nicht beziehungsweise nicht mehr nachgefragt werden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass bis Ende August 2021 weltweit über eine Million Astrazeneca-Impfdosen unbrauchbar geworden sind. Das gilt demnächst auch für andere Produkte.
Der größte Verschwender sind die USA, wo das einst rare Gut massenhaft gebunkert wurde und nun weggeworfen wird. Aber auch in Deutschland mehren sich die Meldungen über Impfstoff, der vor der Entsorgung steht – nicht zuletzt, weil die Hersteller in ihren Lieferverträgen die Weitergabe ins Ausland verbieten. Viele Ärzt:innen sind empört, zu Recht.
Die Geschichte der Corona-Impfstoffe ist ein Paradebeispiel für die immanenten Paradoxien des Kapitalismus. Mit viel öffentlichem Geld entwickelt und hergestellt, halten die Produzenten nicht nur die Hand auf den Lizenzen, sondern bestimmen sogar darüber mit, was mit dem – ebenfalls öffentlich finanzierten – Gut passiert. Und weil das ganze System zu umfassender Verschwendung neigt, landet das Zeug eher auf dem Müll, als dass es frühzeitig dorthin geschafft wird, wo man es dringend braucht. Diese Vorgänge sind absurd und verbrecherisch und gehörten eigentlich vor die Menschenrechtsgerichte.
Kurz vor Torschluss suchen nun einige Industriestaaten nach Wegen, die Impfstoffe doch noch an die Armen abzugeben. Viel zu spät, denn gerade auf dem afrikanischen Kontinent fehlen die Möglichkeiten, die spontanen Almosen vom Tisch der Reichen rasch zu verteilen und zu verabreichen.
Wären die Lizenzen freigegeben worden, hätten entweder Nachahmerprodukte den Weg dorthin gefunden oder man hätte eigene Produktionsstätten aufbauen können. Aber so läuft das eben nicht im Kapitalismus – und es ist ganz sicher kein kindlicher Geiz, der das verhindert.
Kommentare 7
>>Die Geschichte der Corona-Impfstoffe ist ein Paradebeispiel für die immanenten Paradoxien des Kapitalismus.<<
Ne - einfach Kapitalismus. Das maximale rausholen an Mehrwert - darum geht es. Das ist Zweck der Produktion. Wenn dabei auch noch Gebrauchswert herauskommt - Glück für uns.
Die garantierte Abnahme von Impfstoffen im Versuchsstadium - ein Träumchen für die Aktionäre. Ich verwette meinen Popo, dass das einer der Hauptzwecke der Panikverbreitung der letzten 1 1/2 Jahre ist.
Ulrike Baureithel schreibt:
>>Die Geschichte der Corona-Impfstoffe ist ein Paradebeispiel für die immanenten Paradoxien des Kapitalismus. Mit viel öffentlichem Geld entwickelt und hergestellt, halten die Produzenten nicht nur die Hand auf den Lizenzen, sondern bestimmen sogar darüber mit, was mit dem – ebenfalls öffentlich finanzierten – Gut passiert.<<
Diese Sichtweise teile ich voll und ganz. Damit das System von der Öffentlichkeit auch akzeptiert wird, erhielten die Mainzer Wissenschaftler/innen Özlem Türeci und Ugur Sahin für die Entwicklung des Covid-19-Impfstoffs von Biontech das Große Verdienstkreuz mit Stern. Der sozialdemokratische Bundespräsident und Hartz-Mitentwickler Steinmeier sagte an die beiden gewandt:
>>Ihre bahnbrechende Entdeckung rettet Menschenleben, sie rettet Existenzen, sie sichert unser gesellschaftliches, wirtschaftliches und kulturelles Überleben.<<
Mit anderen Worten, die zwei hätten die Welt gerettet. Eine steigerbare Zuspitzung unter Ausblenden der Realität, wie etwa den Vertragsmodalitäten für den Vertrieb des Vakzins und den Vorleistungen mittels öffentlicher Gelder, ist nicht denkbar.
Interessantes Thema, leider etwas lieblos behandelt. Wo sind die Fakten? Eigentlich beruht die gesamte Argumentation doch bloß auf Hörensagen.
Außerdem bin ich etwas verwirrt. Die 1,5 Millionen Impfdosen, welche die Ukraine letztens von Deutschland geschenkt bekam, ist das jetzt positiv oder doch lieber negativ zu bewerten?
Ausnahmsweise mal muss ich Ihnen Recht geben.
Wenn das tatsächlich so in den Verträgen steht, frage ich mich, ob solche Klauseln nicht sittenwidrig (oder so etwas) und daher unwirksam sind.
Nicht sich fragen : Sowas i s t sittenwidrig !
Aber das ist ja nichts was die Kapitalisten so sehen.
Wer ist den Kapitalisten verpflichtet ? Unsere Merkel und all die Anderen Regierungen des "Wertewestens" die sich der "marktkonfonformen Demokratie" unterwerfen.
(Jene , die sich an solche "Verträge" halten, oder Firmen die auf Solchen bestehen, sollte man beim ISTGH vorladen;wäre allerdings bei Firmen aus "gods own country" eh wirkungslos.)
Alhamdulilla,tätige ich meine Geschäfte nicht in US$.
So,und jetzt lachen wir Alle,und freuen uns auf den nächsten "Eurovision song contest";formerly known as Eurovision de la chanson.
Steuerverschwendung müsste eben genauso bestraft werden, wie Steuerhinterziehung.
"Aber auch in Deutschland mehren sich die Meldungen über Impfstoff, der vor der Entsorgung steht – nicht zuletzt, weil die Hersteller in ihren Lieferverträgen die Weitergabe ins Ausland verbieten. Viele Ärzt:innen sind empört, zu Recht."
Die Juristen des Justizministerium sollten sich mal über die Möglichkeit der gebotenen Anpassung der Verträge hermachen.
Stichwort: Wegfall der Geschäftsgrundlage.
Folge: Anpassung der Verträge ---> Weitergabe der Impfstoffe
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313 BGB – Störung der Geschäftsgrundlage
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
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