Tödliches Nichtwissenwollen

Krankenmorde In seinem neuen Buch beschreibt Götz Aly das System nationalsozialistischer „Sterbehilfe“ – an das wir uns bis heute nicht erinnern wollen
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 11/2013
Heilanstalt Schönbrunn bei Dachau, SS-Foto
Heilanstalt Schönbrunn bei Dachau, SS-Foto

Foto: Friedrich Franz Bauer

Der 1904 geborene Theodor K. litt unter Schizophrenie. Er war Patient in einer Göppinger Privatheilanstalt, bis er am 14. Oktober 1940 über mehrere Zwischenstationen in Grafeneck eingeliefert wurde. Das bei Reutlingen gelegene Behindertenheim war die erste von den Nationalsozialisten zur Tötungsanstalt von geistig kranken und behinderten Menschen umfunktionierte Einrichtung. Theodor K. wurde noch am Tag seiner Einlieferung am 29. November, zusammen mit 16 anderen Patienten, ermordet. Die Sterbeurkunde datiert allerdings vom 3. Dezember. Diagnose: Lungenentzündung, Blutsturz. So wurde es auch den Angehörigen in einem „Trostbrief“ mitgeteilt.

Frieda Rettschlag, geboren 1912, wuchs als uneheliches Kind bei Pflegeeltern auf. Als Vierjährige erlitt sie e