Umfragen erzählen auch nicht alles

Zahlen Widersprüchliche Befunde können einen zum Verzweifeln bringen
Ausgabe 42/2013
Umfragen erzählen auch nicht alles

Illustration: Otto

Emanzipation ist die Quadratur des Kreises. Zieht man an einem Ende, verzieht sich das andere und umgekehrt. Jedenfalls suggerieren das Studien, die die Einstellung von Männern und Frauen erforschen. Das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) hat in seinem Update der seit 2007 laufenden Befragung „Frauen auf dem Sprung“ herausgefunden, dass die allermeisten Frauen finanziell auf eigenen Füßen stehen wollen. Dabei können sie sogar auf männliche Schützenhilfe hoffen: 76 Prozent der Männer verspüren nämlich nur noch wenig Lust, allein für den Familienunterhalt aufzukommen. 2007 war dagegen nur knapp die Hälfte der Männer dieser Meinung. Das deckt sich eigentlich mit dem Wunsch der Frauen, auch nach der Geburt eines Kindes erwerbstätig zu bleiben.

Wie passt das aber zu einer aktuellen Allensbach-Umfrage, nach der 64 Prozent der Männer der Auffassung sind, dass es jetzt genug sei mit der Emanzipation? Und dass über ein Viertel sogar findet, es werde damit übertrieben? Kinderlätzchen und Kochlöffel, das kann sich nur eine Minderheit vorstellen. 62 Prozent aller Männer wollen jedenfalls nicht Teilzeit arbeiten – und eine Frau will er schon gar nicht sein. Andererseits will die Hälfte der Männer ihre Frauen auch beruflich emporklimmen sehen.

Man könnte verzweifeln ob solch widersprüchlicher Befunde. Vielleicht sähen sich Männer ja gern von der Verantwortung entlastet, ohne was von ihren Privilegien aufzugeben? Möglich. Aber Gleichberechtigung ist eben auch mehr als eine Frage subjektiver Haltung, zumal wenn der Wechsel auf die andere Seite mit Karriereknick und Altersarmut bezahlt werden muss. Sozialwissenschaftler und Demoskopen leben gut von der Einstellungsforschung. Und diese erlaubt denen, die an der Schraube drehen müssten, Politikern und Unternehmen, mit dem Finger auf die andere Seite zu zeigen: Die wollen ja gar nicht wirklich.

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Geschrieben von

Ulrike Baureithel

Redakteurin (FM)

Ulrike Baureithel studierte nach ihrer Berufsausbildung Literaturwissenschaft, Geschichte und Soziologie und arbeitete während des Studiums bereits journalistisch. 1990 kam sie nach Berlin zur Volkszeitung, war im November 1990 Mitbegründerin des Freitag und langjährige Redakteurin in verschiedenen Ressorts. Seit 2009 schreibt sie dort als thematische Allrounderin, zuletzt vor allem zuständig für das Pandemiegeschehen. Sie ist außerdem Buchautorin, Lektorin und seit 1997 Lehrbeauftragte am Institut für deutsche Literatur der Humboldt Universität zu Berlin.

Ulrike Baureithel

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