Atomkraft? EU plant Laufzeitverlängerung

Aufbegehren Im Schwarzwald formiert sich Protest gegen europäische Atompläne

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Ein AKW: Nachhaltigkeit sieht anders aus
Ein AKW: Nachhaltigkeit sieht anders aus

Bild: JOHN MACDOUGALL/AFP/Getty Images

Großbritannien will mittelfristig aus der Kohleverstromung aussteigen, das müsste alle KlimaschützerInnen freuen. Nachhaltiger wird die Energiestrategie dennoch nicht, denn innerhalb der kommenden Jahrzehnte will die britische Regierung mit Rückendeckung aller im Parlament vertretenen Parteien etwa zwölf neue Atommeiler bauen lassen.

Das erste geplante Projekt ist die Erweiterung eines bereits bestehenden AKW um zwei weitere Reaktoren. Hinter den Plänen steht ein Betreiberkonsortium unter der Führung des französischen Staatskonzerns Électricité de France, das im März 2013 die Baugenehmigung für „Hinkley Point C“ erhielt. Um Bau und Betrieb der Blöcke zu ermöglichen, werden die für den Bau notwendigen Kredite in Höhe von rund 21,6 Milliarden Euro vollständig durch staatliche Bürgschaften abgesichert. Darüber hinaus soll es eine garantierte Vergütung für den Strom aus Hinkley Point C geben. Mit dieser Maßnahme sichert die britische Regierung den Betreibern über 35 Jahre lang die Abnahme des Atomstroms zu einem Preis von umgerechnet mindestens 11 Cent pro Kilowattstunde (kWh) zu – zuzüglich Anpassungen an die Inflation. Zum Vergleich: Eine große Photovoltaik-Anlage in Deutschland bekommt heute über das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Vergütung von etwa 8,9 Cent/kWh, die jedoch nur über 20 Jahre und ohne Inflationsausgleich gezahlt wird.

Klar ist, ohne die staatliche Förderung wäre das Atomstrom-Projekt nicht rentabel. Da das europäische Wettbewerbsrecht solche staatlichen Beihilfemaßnahmen grundsätzlich verbietet, musste im Herbst 2014 die EU-Kommission über das Vorhaben abstimmen. Entgegen einer anderslautenden Stellungnahme der Kommission und trotz weitreichender Proteste aus Zivilbevölkerung und Politik wurde das Projekt genehmigt.

Klimafreundliche Technologie

Österreichs Regierung kündigte eine Kla- ge vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung an. Aus einem geheimen Dokument der österreichischen Botschaft in London geht hervor, dass die britische Regierung mit harten Bandagen um ihr Atomprojekt kämpft. Aus einem zweiten geleakten Papier wird deutlich, dass Hinkley Point nur ein Baustein der umfangreichen europäischen Atompläne ist: In ihrem neuen Energiekonzept lobt die EU-Kommission die Atomenergie als klimafreundliche Technologie und stellt weitere Förderungen in Aussicht.

Auf Beschwerden reagiert die EU-Kommission mit standardisierten Briefen und weist darauf hin, dass man die Subventionsbedingungen gegenüber dem ursprünglichen Antrag Großbritanniens bereits korrigiert habe und somit

sicher alle Bedenken ausgeräumt seien. Für die Elektrizitätswerke Schönau ist die Entscheidung der EU-Kommission nicht hinnehmbar. Daher haben wir Beschwerde bei der neuen Kommission eingereicht und diese aufgefordert, die Entscheidung ihrer Vorgänger rückgängig zu machen und den Beschluss zu Hinkley Point aufzuheben. Über 55.000 MitstreiterInnen haben sich dem Protest auf www.ews-schoenau.de/kampagne.html angeschlossen. Sie auch?

Dieser Artikel ist Teil des Freitag Extra Grün wirtschaften – Nachhaltigkeit weiterdenken in Kooperation mit UnternehmensGrün

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Sebastian Sladek arbeitet für die Elektrizitätswerke Schönau (EWS),
seit 2015 ist er Mitglied im Vorstand der Muttergesellschaft, der Netzkauf EWS eG

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Sebastian Sladek | UnternehmensGrün

UnternehmensGrün e.V. ist ein ökologisch orientierter Unternehmensverband

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