Schwanzkatzenbeissung

Deadlock Pest [f.] oder Cholera [f.] - vor dieser Alternative [f.] steht, wer korrekt geschlechtsneutral und anglizismenfrei schreiben will.

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Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,

Die eine will sich von der andern trennen;

Die eine hält, in derber Liebeslust,

Sich an die Welt mit klammernden Organen;

Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust*

Zu den Gefilden hoher Ahnen.

[* = Staub. Passt scheinbar genial zum Thema, ist aber ein urdeutsches Wort]

So klagte damals Doktor Faust. Doch was meinte er damit?

Da ist die auf völlige Geschlechtsneutralität zurasende Welt auf der einen Seite, an der er sich mit aller Kraft festzuhalten sucht, weil ihm die Damen sonst den Mittelfinger zeigen. Good luck, bro!

Auf der anderen Seite will er nicht weiter am Meeting Point den Deppen abgeben, weil er irrigerweise annimmt, dort gegen Gebühr ein Fahrrad ausleihen zu können. Redet Deutsch mit mir!

Zur Beförderung des letzteren fühlt sich der Verein Deutsche Sprache berufen - und (Mephistopheles: leider) auch befähigt. Seit dem Jahr 2000 kann man dort angelsächsische Eindringlinge verpfeifen, denen der Verein zielsicher (Mephistopheles: hä-ämm) eine deutsche Entsprechung entgegensetzt.

Probieren wir es einmal: Was ist ein Kufenroller? Was ein Prallkissen? Wer nicht sofort auf Inliner und Airbag kommt, muss sich nicht ernsthaft schämen. War nur ein Test.

Viel wichtiger ist, dass wir nicht länger fünfmal am Tag dinky oder heist movie benutzen müssen, wo es doch die schönen deutschen Worte unbedeutend und Krimi gibt. Danke für den Tipp, lieber VDS.

Niemand ist perfekt, und so will 'sich in den Netzverbund einwählen' nur nach längerer Übung flüssig über die Lippen gehen, die man am besten vor dem Klapprechner absolviert. Nur reichlich versnobte Vornehmtuer gehen mit dem Laptop online, wollen sie sich keiner Empörungswelle aussetzen.

Spätestens an dieser Stelle sei jedoch eine Lanze für den Import gebrochen: Das friedliche Wogen einer Empörungswelle, die ihren Adressaten womöglich sanft zum Himmel emporträgt, ist einfach kein adäquater Ersatz für die in Gesichtshöhe mit Autobahngeschwindigkeit heranfliegenden Fäkalien des originären shitstorms. Zum Glück braucht man diesen Begriff nicht all zu oft.

Damit könnte alles in Ordnung sein (Mephistopheles: und ist es eigentlich auch. Die üblicherweise besonders heftig der Sprachpanscherei angeklagten Fachidioten erfinden und benutzen mit Leidenschaft deutsche Begriffe für Fachchinesisch, pardon, Fachenglisch - Nerds tun genau so etwas gerne). Es ist aber nichts in Ordnung. Der parallel laufende Versuch, geschlechtsneutral zu formulieren, konterkariert diese - gut ausgeführt - sinnvollen Bemühungen.

Das Deutsche ist zwar im Grundsatz eine Sprache wie jede andere, doch seit Feministinnen bei Schwerlastdübeln und Bitumendecken zuerst nachgucken, ob sie ein Zipfelchen haben, und dabei die Tatsache ignorieren, dass Geschlecht in der Grammatik etwas anderes bedeutet als im Swingerclub, hängt uns die Muttersprache wie ein Mühlstein um den Hals.

Wie anders sind doch unsere niederländischen Nachbarinnen, die den Dokter stolz, und manchmal - holländische Männer sind auch Schweine - notgedrungen trotzig tragen. Für jeglichen Versuch der Schleifung hätten sie nur verächtlichen Spott übrig (Mephistopheles: haben sie!).

Die Grüne Ingrid Wagemann möchte die Fußgängerzone durch die Flaniermeile ersetzt sehen. Fußgänger ist ihr zu männlich und bei Zone denkt sie sofort - nein, nicht an die Täterää - an leichenübersäte Schlachtfelder. Von mir aus soll sie sich durchsetzen. Hannover braucht alle Hilfe, die es bekommen kann; der VDS ist für das französische Flanieren unzuständig und die Meile hatten wir erst kurze 150 Jahre nicht mehr, so dass sie nicht unbedingt als Anglizismus gelten muss.

Völlig anorektisch steht Buridans Esel jedoch zwischen der Mannschaft und dem Team. Ist Erstere auch durch den Vorsatz Frauen- nicht zufriedenstellend kompatibilisierbar, tritt Letztere unser sprachliches Erbe mit Füssen. Tauziehen war zuletzt 1920 olympisch, gewinnen kann auch nur einer. So what's next, dumbass?

Pulen wir das Mannschaftsteam weiter auseinander, halten wir (Mephistopheles: spitzfingrig) plötzlich Mitglieder in der Hand. Hier ist das Englische überhaupt gar keine Hilfe. Ein member ist exakt das Gleiche (Mephistopheles: nur größer). Der Vorschlag einer sichtlich politisch inkorrekten Bloggerin, Mitbrüste, fiel bisher ebenso durch wie das näherliegende Ohneglieder, weil das ultimate goal darin besteht, einen gemeinsamen Begriff zu finden. Nu raten Se mal schön.

Ebenso ergebnislos verliefen die Verhandlungen zur Ausrottung der Manager. So begrüssenswert dieser Vorstoß ist: über eine angemessene Alternative konnte kein Konsens hergestellt werden.

Partielle Einigkeit konnten die Parteien bisher nur bei den beliebten und robusten Beinkleidern aus Denim-Stoff erzielen. Sofern sie von Männern getragen werden - diese Einschränkung macht die feministische Seite - sollen Jeans fürderhin als Nietenhosen bezeichnet werden.

In schärfstem Dissens verließ man am Ende den Verhandlungstisch, ohne Aussicht auf Wiederaufnahme der Konsultationen. Der VDS hatte im Gegenzug für die Nietenhosen verlangt, den Wonderbra nur noch als Stütz-BH zu bezeichnen. "Ein derart durchsichtiges Manöver", so eine Sprecherin der Frauendelegation, "ließ uns keine andere Wahl, als sie in Zukunft einfach hängen zu lassen".

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

UnwiseNomad

Germany's greatest philosopher was a Kant.

UnwiseNomad

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