Auf Eis

Pakistan Das Spiel von Versöhnung und Demokratie

Sollte nichts dazwischen kommen, könnte Pakistan die perfekte Inszenierung eines Transits von der Diktatur zur Demokratie gelingen. Die nächste Szene im Skript handelt von der offiziellen Anerkennung des gerade errungenen "Wahlsiegs" von General Musharrafs durch das Oberste Gericht. Nachdem den Richtern ein Konvolut von Petitionen auf den Tisch geflattert ist, die allesamt verlangen, die Verfassungskonformität der Kandidatur des bisherigen Staatschefs zu prüfen, haben sie einen Spanner in den Wahlplan geworfen und sich vorbehalten, den Sieger notfalls hinter der Ziellinie disqualifizieren zu dürfen. Natürlich eine Farce, es ist eher unwahrscheinlich, dass sie Gebrauch von dieser dramatischen Geste machen. Doch formal liegt Musharrafs Wahlsieg auf Eis, bis alle Eingaben gegen ihn von den Obersten Gesetzeshütern gesichtet wurden. Zuletzt oft als Rudersklaven der Diktatur stigmatisiert, verschafft ihnen die Prozedur Respekt und Musharraf eine Gelegenheit, sein Demokratenhaupt in Demut vor Verfassung und Justiz zu beugen. Sollte das Oberste Gericht freilich einen Machtkampf planen, dürfte er nicht der Mann sein, der dann weiter mitspielt.

Insofern ist weder auf jähe Wendungen zu hoffen noch damit zu rechnen, dass die Armee - auch wenn Musharraf die Uniform nun auszieht - aus der pakistanischen Politik verschwindet. Das Militär hat sich so tief in den Strukturen der Macht eingenistet, dass es nicht einfach zurück in die Kasernen geschickt werden kann. Es kontrolliert traditionell die nationale Atom- und Sicherheitspolitik. Das Machtgleichgewicht könnte sich höchstens vom Präsidenten weg zum neuen Generalstabschef, General Kiani, verlagern, weil die strategischen Belange Pakistans künftig in den Händen eines von Musharraf mehr oder weniger dirigierten Eliteteams liegen sollen, dem neben Kiani noch General Tariq Majeed, der Chef des Oberkommandos, sowie der neue Leiter des Geheimdienstes ISI, Generalleutnant Nadeem Taj, angehören. Sie alle haben bisher Schlüsselpositionen im US-geführten "Krieg gegen Terror" gehalten. Folglich wird die Armee unter dem Patronat dieses Quartetts mehr denn je als gut geölter militärischer Dienstleister für US-Operationen in der Region geführt.

Was das für eine zivile Regierung unter einer möglichen Premierministerin Benazir Bhutto bedeutet, scheint unstrittig. Sie wird als schwächstes Glied in dieser Triade der Macht unterkommen und darf sich glücklich schätzen, sollte es ihr gelingen, die Annullierung jener 1985 eingeführten Verfassungsklausel zu erreichen, die es dem Präsidenten erlaubt, Regierung und Premier per Handstreich abzusetzen. Die Chance, dass auf Druck Bhuttos dieser Ermächtigungsartikel getilgt wird, besteht durchaus.

Denn das Wichtigste, was ihre Peoples Party (PPP) zu bieten hat und ein Präsident Musharraf nötig braucht, das ist die Massenbasis für einen Kampf gegen die Pro-Taliban-Kräfte an der Grenze zu Afghanistan. Mit öffentlichem Beistand aus dem Führungszirkel der Volkspartei wird Musharraf versuchen, diese Konfrontation mit dem radikalen Islam auf ein tragfähiges Fundament zu stellen, dem man die demokratische Glasur und den nationalen Firnis abnimmt.


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