Organspende - zum Ausschlachten freigegeben?

Widerspruchslösung. Ganz nah dran: 2009 wurde im Sozialamtsforum Duisburg diskutiert, ob Hartz-IV-Empfänger über den legalen Organhandel nicht ihre Hilfebedürftigkeit reduzieren könnten.

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Kommentare, wie "die Lizenz zum Ausschlachten" bin hin zu Rechenmodellen, wie diese Einkünfte wohl anzurechnen seien, machten die Runde. Dass die Angelegenheit später vor dem Oberbürgermeister landete, ist dabei nicht von Relevanz. Es zeigt nur einmal mehr, wie manche Amtsträger ticken und wenn sie die Macht dazu haben, sogar handeln würden.

Diese Ansätze scheinen jetzt auch realpolitisch im Gesundheitsministerium von Jens Spahn Stück für Stück um sich zu greifen und niemand hebt das Stopp-Schild. Selbst die Kanzlerin ließ vermelden, dass die Widerspruchslösung für sie akzeptabel sei, ohne darüber nachzudenken, was das in Gänze bedeuten könnte:

WENN DAS GELD ÜBER LEBEN ODER TOD ENTSCHEIDET

In den USA sehen viele Patienten ihren Arzt erst dann, wenn sie über die interne Datenautobahn gefahren sind. Ein Klick auf den Computer reicht, um zu wissen, ob und wo der vielleicht nicht ansprechbare Patient arbeitet. Seine Einkommensverhältnisse liegen vor. Aufgrund dieser Parameter braucht der Arzt nicht mehr viel tun. Ein Klick und in Sekundenschnelle erscheint die einkommensadäquate Behandlungsmethode auf dem Sreen.

Jetzt stellen wir uns einmal vor, in einem deutschen Klinikum liegt ein gerade verstorbener Sozialleistungs-Empfänger und auf der einige Stockwerke höher gelegenen Privatetage zur gleichen Zeit ein arabischer Scheich, ein "wichtiger" Politiker oder der Vorstandschef eines DAX-Konzerns, der dringend ein neues Organ benötigt. Wer kann und will den Beweis antreten, ob es einen Zusammenhang zwischen dem leider Verstorbenen und dem Scheich, dem "wichtigen" Politiker oder dem Vorstandschef eines DAX-Konzerns gibt?

In einem Land, in dem Menschen unter den Nützlichkeitsaspekt fallen, Sozialpolitik privatisiert und digitalisiert wird und Krankheiten nach Effizenz bewertet werden, kann die Antwort zu dieser Politik nur "NEIN" heißen.

VERWERTUNG IN SEKUNDENSCHNELLE

Der Jurist Prof. Wolfram Höfling hat vor Kurzem auf eine weitreichende Praxis im Transplantationszentrum Pittsburg / USA verwiesen, in dem nach einer "ganz kurzen Wartezeit" bereits Organe entnommen werden können. "Nach 90 bis 120 Sekunden Herzstillstand kann keiner ernsthaft behaupten, dass diese Menschen tot sind, aber trotzdem funktioniert dieses größte Transplantationszentrum der Welt", stellte er fest.

Auch der Ethikrat weist darauf hin, dass in anderen Ländern Menschen nach einem fünf- bis zehnminütigen Herz-Kreislauf-Stillstand bereits als hirntot gelten und als Organspender in Frage kommen. Hier sollten also für jeden die Alarmglocken schrillen, bevor es die Todesglocken sind.

SELBSTBESTIMMUNG AUSGEHEBELT

Wie der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, weiterhin ausführte, ist die geplante Widerspruchslösung ein tiefer Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper. Man könne Schweigen nicht einfach als Zustimmung auslegen.

Nach dem Gesetz, Demenzkranke als Probanden für die Pharmaindustrie einzusetzen, ist das nun der zweite Skandal. Siehe hierzu (https://www.freitag.de/autoren/initiative146/demenzkranke-probanden-der-pharmaindustrie).

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