Risiko kostet

Truppe Obgleich sie in Zeiten schlechter Job-Perspektiven maximale Arbeitsplatzsicherheit bietet, geht der Bundeswehr der Nachwuchs aus. Das Einsatzrisiko wiegt zu schwer

Vermutet wurde es schon länger, nun hat die Bundeswehr dem Historiker Michael Wolffsohn ein paar Zahlen geliefert: Die Ossis sind in der Truppe überrepräsentiert. Obwohl die Ostdeutschen nur 16 Prozent der Bevölkerung ausmachen, stellen sie 30 Prozent der Soldaten. Dankenswerterweise wird eine andere Vermutung über die Bundeswehr durch die Statistik widerlegt: Die Ossis beim Bund sind nicht dümmer, sondern schlauer als die Wessis. Ein wesentlich größerer Teil der Ossis in den unteren Rängen hat einen Real- und nicht nur einen Hauptschulabschluss.

Damit spiegelt die Bundeswehr die unterschiedlichen Arbeitsmarktchancen in Ost und West recht getreu wider: Während die leidlich ausgebildeten Westdeutschen andere Möglichkeiten haben, gehen die leidlich ausgebildeten Ostdeutschen zum Bund, der sie mit offenen Armen empfängt. Denn kaum etwas beschäftigt die Bundeswehrreformer derzeit so sehr wie die Frage, wie die jungen Menschen zur Truppe zu locken wären. Die demografische Entwicklung wirkt sich dort besonders harsch aus, wo die Bundeswehr bislang ihr Personal rekrutiert hat: auf dem Lande, bei den nicht- migrantischen Jugendlichen.

Daran, dass trotz größtmöglicher Arbeitsplatzsicherheit und einem alt-bundesrepublikanisch anmutenden Versorgungsapparat der Bundeswehr der Nachwuchs ausgeht, lässt sich deutlich messen, wie viel diesen jungen Leuten doch ihr Leben lieb ist – oder jedenfalls das Leben daheim, bei den Liebsten, auf unverminten Straßen, in einer gemäßigten Klimazone.

Solange die Bundeswehr in Afghanistan ist, können die Truppenplaner daher gut ermitteln, was der Geldwert des Einsatzrisikos in der Einschätzung von 18- und 19-Jährigen ist: Es ist die Summe aller Investitionen in die Attraktivität des Arbeitgebers Bundeswehr. Auch für künftige Einsätze gilt: Je anstrengender und riskanter, desto mehr wird man den Leuten bieten müssen. Es wird dies ein wichtiger Faktor sein, der die Aufgaben der Bundeswehr limitieren wird. Sonst wird man – noch teurere – Söldner bezahlen müssen. Hat doch der demografische Wandel auch ein Gutes.

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Geschrieben von

Ulrike Winkelmann

Ressortleiterin Politik

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