Eng ist es im Backstage-Kabuff des Hamburger Logos. Neben Bandmitgliedern und Support drängeln sich Freunde und Pressemenschen zwischen Bierkisten, Klamotten und Tourequipment. The Black Sheep befinden sich auf ihrer ersten Tour als Headliner.
Das Tourplakat verspricht Großes. Vier junge Frauen, verwegen, leicht verlebt und bereit, sich um den Verstand zu rocken. Zumindest scheint es so. Ihr bereits vergangenes Jahr veröffentlichte Debüt Not Part Of The Deal braust solide zu Alternative Rock und poppgien Emo-Balladen auf. Ein Sound, der The Black Sheep Vergleiche mit Bands wie Die Happy oder Paramore einbrachte. Musikalisch einwandfrei, bloß das Drumherum der Kölnerinnen scheint mir etwas zu sehr auf Nice-Girls zurecht gestutzt zu sein.
Zwar waren The Black Shee
lisch einwandfrei, bloß das Drumherum der Kölnerinnen scheint mir etwas zu sehr auf Nice-Girls zurecht gestutzt zu sein.Zwar waren The Black Sheep schon als Support für Blackmail oder In Extremo unterwegs, aber die biedere Video-Optik und die aktuelle Präsenz auf dem Hanni Nanni- Soundtrack scheint doch arg mainstream-adrett. Als habe man die schwarzen Schafe mit Perwoll gewaschen. Soll die Sex, Drugs Rock’n Roll-Legende etwa der von der Plattenfirma anvisierten minderjährigen Zielgruppe angepasst sein. Es besteht Klärungsbedarf.Nachdem The Black Sheep das getan haben, was alle Bands auf Tour tun, nämlich im Stau stehen, treffen wir uns zwischen Soundcheck, Nahrungsaufnahme und letzten T-Shirtplatzierungen am Merchandisingtisch zum Interview. Zwischendurch kommt immer mal jemand mit organisatorischen Fragen. Die Mädels kümmern sich um fast alles alleine. Keine Tourmanagerin, die ihnen den Rücken freihält und letzte Details klärt. Kein Roadie, der die Verstärker auf die Bühne schleppt. Da bleibt keine Zeit für saufen und backstage in den Papierkorb kotzen."Richtig", sagt Johanna Klauser, Gitarristin bei The Black Sheep. "Das ist unsere Headlinertour, da sind wir für alles selbst verantwortlich." Auch, dass der Auftritt glatt läuft. "Auf der Bühne haben wir einfach den Anspruch an uns selber, das professionell zu machen, nicht besoffen zu sein und trotzdem geil abzugehen", sagt die 23-Jährige.Professionelle AufgeräumtheitKlingt schrecklich vernünftig. Ein bisschen nach dem Ernst des Lebens und so. Man stagedivt eben nicht für den Lebenslauf. Es macht aber Sinn. Erst dort hinten im engen Backstageraum, wo die Jungs der Vorband schon energische Flirtversuche starten oder ein Journalist nach einem signierten Tourplakat verlangt und schließlich auf der Bühne, als die Gitarrenverstärker versagen und außer ein Pling-Pleng kein Ton die Saiten verlässt. Das passiert nicht nur einmal und ist auch nicht die Schuld der Musikerinnen. Aber ja, es verlangt professionelle Aufgeräumtheit, souverän zu bleiben und nicht alles entnervt hin zu schmeißen.Vielleicht habe ich mich auch bloß zu viel mit Courtney Love und Riot Girrrlism beschäftigt, dass mir weiblicher Rock ohne Rotz irgendwie nicht richtig erscheint. "Wir sind eben auch einfach nett", versucht mich Schlagzeugerin Trish Ross zu überzeugen.2006 platzieren sich The Black Sheep beim Bravo-Otto Schülerwettbewerb auf den zweiten Platz. „Da gab es uns gerade mal ein Jahr, schwupps waren wir im Finale und dachten, oh, das geht aber gerade alles richtig schnell“, erinnert sich Klauser. Kurz darauf folgt der Deal mit Roadrunner und das - auch von der Rockpresse positiv bewertete - Debüt.Zwar findet die Band schon lange nicht mehr im Bravo-Kontext statt, aber irgendwie will er auch nicht so richtig weichen. „Wir waren jung und das war eine Megaerfahrung“, schiebt Klauser noch mal nach. Der Mainstream-Eindruck, der läge sicherlich an den Videos zu den Single-Auskopplungen. "Die Singles sind natürlich die poppigeren Songs, auch mit dem Ziel ins Radio zu kommen", sagt sie. Die anderen Albumtracks wären dagegen aber durchaus unkommerzieller.Aber was hat es dann mit dem Rock’n’Roll-Mythos auf sich? Klauser zuckt mit den Schultern: "Keine Ahnung. Den versucht man seit den 80ern krampfhaft aufrechtzuerhalten. Obwohl sich seitdem total viel verändert hat." Früher schlugen Rockstars Hotelzimmer entzwei, heute joggen sie vor dem Müsli-Frühstück. Auch wenn sie erst Anfang 20 sind und nicht im Rentenalter wie Mick Jagger.Keine Verbindung zwischen Rock und SaufenKlauser sieht noch einen anderen Grund für das cleane Verhalten der Band: "Wir haben so jung angefangen, Musik zu machen, lange bevor wir überhaupt ein Bier anfassen durften. Deshalb besteht für uns diese Verbindung zwischen Rockmusik machen und sich besaufen einfach nicht." Die Vorbildfunktion der Musikerinnen setzt sich auch in Workshops fort, die sie in Jugendzentren geben, um jungen Mädchen den Respekt vor Gitarre, Bass und Schlagzeug zu nehmen, den männliche Altersgenossen nicht zu kennen scheinen.Trotzdem ist die Zielgruppe breit aufgestellt. Spätestens seit ihrem Auftritt im Rahmen des WDR Rockpalastes vor zwei Jahren, steht auch ein älteres Publikum in den ersten Konzertreihen. „Männer Anfang 30, die musikinteressiert sind und checken, dass wir was können“, sagt Klauser.Beim Konzert später teilt sich die Zielgruppe tatsächlich in zwei Kategorien: Mädchen unter 20 mit karierten Röhrenhosen und Männer über 40 mit Bierbauch. So ungefähr muss es in Buchhandlungen ausgesehen haben, als Charlotte Roches Feuchtgebiete die Bestsellerlisten anführte. Aber das ist jetzt schon wieder fast gemein und wenn ich schon bei der Band trotz ihres Namens nur auf weiße Jeanswesten gestoßen bin, muss ich nicht verzweifelt beim Publikum im Dreck wühlen. Und Johanna Klauser tritt dem Klischee noch ein letztes Mal in den Arsch: „Muss man, nur weil man die und die Musik spielt, so oder so sein“, fragt sie. Muss man nicht.