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ESM-Urteil Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil zum ESM die Rechte des Bundestags bei der Euro-Rettung gestärkt. Das muss er nun zu nutzen wissen
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Illustration: der Freitag

Dieses Urteil ist konsequent. Nochmals hat das Verfassungsgericht die Rechte des Bundestags bei der Euro-Rettung gestärkt und die Regierung verpflichtet, das Parlament rasch und umfassend über Verhandlungen zu Verträgen auf EU-Ebene zu informieren.

Die Regierung hatte wenig Chancen mit dem Argument, man könne sich nicht ständig mit der Übermittlung von halbfertigen Details abplagen und im übrigen müsse Vertraulichkeit gelten. Zu abstrus das Vorgehen, monatelang in der EU bis zum fertigen Entwurf über den Stabilitätsmechanismus ESM und den Euro-Plus-Pakt zu verhandeln und die gewählten Abgeordneten erst Wochen später ins Bild zu setzen. Zu kurios die Vorhaltungen der Grünen, sie hätten sich die Details der Verhandlungen von befreundeten ausländischen Parlamentariern besorgt, weil „die Bundesregierung das Parlament künstlich dumm“ gehalten habe.

Das konnte das oberste Gericht der Exekutive nicht durchgehen lassen. „Die Unterrichtung muss dem Bundestag eine frühzeitige und effektive Einflussnahme auf die Willensbildung der Bundesregierung eröffnen“, sagte Verfassungsgerichtspräsident Voßkuhle. Das Parlament ist keine Abnickversammlung. Es ist sicher gut, das noch einmal zu betonen.

Nur bleibt die bange Frage, ob der Bundestag seine so gestärkte Rolle überhaupt zu nutzen weiß. Gewöhnliche Abgeordnete scheinen seit Monaten überfordert mit den Details der milliardenschweren Rettungseinsätze. Und selbst Experten im Haushaltsausschuss beklagen Überlastung. Das Parlament darf kontrollieren, aber kann es das auch? Wenn selbst sogenannte Fachleute diametrale Gegensätze etwa zu den erwarteten Folgen einzelner Rettungsvorschläge nicht auflösen können, sind einige Mitglieder womöglich ganz dankbar, wenn die Regierung vorgibt, wann sie die Hand heben müssen.

Das ist nicht nur unschön. Es wirft einen tiefen Schatten auf die Realität unserer repräsentativen Demokratie und der ohnehin im Grundgesetz nicht sehr stark angelegten Gewaltenteilung. Das Verfassungsurteil ist deshalb nur Voraussetzung. Nun müssen die Abgeordneten den Gutschein auf Information auch einlösen.

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Geschrieben von

Verena Schmitt-Roschmann

Verena Schmitt-Roschmann ist Ressortleiterin Politik des Freitag.

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