Soso, da gibt es also einen neuen Trend. Privatpatienten fliehen massenhaft ihre Luxuskassen und wünschen sich nichts sehnlicher als den Weg zurück in die zu Unrecht verpönte Holzklasse der gesetzlichen Krankenversicherung. Und das hat ausgerechnet ein Manager der AOK entdeckt, der treusorgend die Mühseligen und Beladenen der Konkurrenz in seine solidarischen Arme schließen möchte. Wow. Was für eine rührende Geschichte aus der PR-Abteilung.
Fakt ist doch: Als die schwarz-gelbe Koalition den Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung erleichterte, gingen in Scharen jene, die davon profitierten. Es sind immer die Gutverdiener, es sind die Jungen und die Gesunden, die erstmal nichts oder wenig von einer Krankenversicherung brauchen und in der PKV anfangs kaum etwas dafür zahlen. Werden die Schnäppchenjäger älter oder kriegen sie zum Beispiel Kinder, tut’s plötzlich weh. Und mancher, der einen Weg findet, wieselt sich zurück in die Solidargemeinschaft. Das taten 2007 rund 155.000 und 2010 rund 153.000, um diese Größenordnung schwankt die Zahl seit Jahren. So viel zum Trend.
Auf der Kippe
Fakt ist aber auch, dass die PKV – ebenso wie die Gesetzliche – unter steigenden Behandlungskosten leidet. Nur ist das Geschäftsmodell der Privatversicherer weit weniger geeignet, dem zu begegnen. Viele der gesetzlichen Kostenbremsen bei Arzneien und Hilfsmitteln, bei Krankenhausbehandlungen und Arzthonoraren, fehlen den Unternehmen, die sich mit Chefarztbehandlungen und unbegrenzten Möglichkeiten brüsten. Außerdem zahlen sich die Privatversicherer für Provisionen und Fangprämien dumm und dusselig. Das alles treibt die PKV-Beiträge. Erheblich. Und zwar schon seit Jahren.
Dies nimmt inzwischen derartige Formen an, dass das herkömmliche PKV-Modell insgesamt in absehbarer Zeit auf der Kippe steht. Sozialdemokratische Kassandren, seit jeher erbost über die Rosinenpickerei der Privatversicherer, raunten das schon vor Jahren. Nun sorgen sich ernsthaft auch die schwarz-gelben Herolde der gewinnorientierten Versicherungswirtschaft. Das wiederum ist die eigentlich neue Entwicklung.
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