Von der Kuh und vom GAU

FDP Der Mitgliederentscheid ist durch, Euro-Rebell Schäffler gescheitert, Parteichef Rösler gerettet. Fein gemacht. Doch die Krise der Schrumpfpartei ist damit nicht vorbei

Na fein. Alle Untergangsherbeischreiber hatten unrecht. Dem Euro-Rebellen Frank Schäffler und seinen Leuten fehlte also doch der Rückhalt in der FDP. Mit ihrem verwegenen Ansinnen, den geplanten Dauerrettungsschirm ESM und damit die europapolitische Linie der Bundesregierung zu kippen, sind sie gescheitert. Sie haben weder genug Parteigänger für die Beteiligung am Mitgliederentscheid gewonnen, noch genug Zustimmung unter den Teilnehmern. Klarer Sieg für FDP-Chef Philipp Rösler. Alle Spekulationen über einen Austritt der FDP aus der Regierung und über Neuwahlen haben sich vorerst erledigt. Die Kuh ist vom Eis. Bitteschön. Man muss auch gönnen können.

Nur, beim genaueren Hinsehen kommt es in der Analyse natürlich vor allem auf ein Wort an: „vorerst“. Es bleibt natürlich dabei, dass diese liberale Schrumpfpartei zerrüttet ist. Es bleibt dabei, dass sich über die Bewältigung der innerparteilichen Dauerkrise jene Boygroup zerstritten hat, die sich erst vor sieben Monaten als harmonisches Team jugendlicher Retter präsentierte. Generalsekretär Christian Lindner ging offenbar, weil er sich mit seinem Parteichef Rösler überworfen hat – oder für ihn nicht mehr grade stehen wollte. Es bleibt dabei, dass Rösler – mit Lindners Zutun oder ohne – einen kapitalen Bock schoss, als er den Mitgliederentscheid vorigen Sonntag vorzeitig für gescheitert erklärte. Und es bleibt dabei, dass Parteivize Daniel Bahr, der dritte der jungen Helden, sich im innerparteilichen Getümmel weitgehend bedeckt hält und seine Unterstützung für den Vorsitzenden allenfalls pflichtschuldig ausfällt.

Rösler ist ein schwacher Bundesvorsitzender und ein schwacher Bundeswirtschaftsminister. Es gelingt ihm nicht, seine Partei zu einen und aus ihrem Schlamassel herauszuführen. Er hat keine glaubwürdigen Konzepte, sondern bestenfalls behauptete Lösungsansätze. Im Amt bleibt Rösler vorerst nur, weil es sich seine Partei sieben Monate nach dem Neuanfang nicht leisten kann, schon wieder zu putschen. Mal abgesehen davon, dass als Alternativen nun nur noch die Nachwuchshoffnungen von vorgestern zur Verfügung stünden – etwa der im Machtvakuum überraschend zur Heilsfigur erstarkte Haudrauf Rainer Brüderle.

Die FDP-Führung hat also den innerparteilichen GAU um Haaresbreite vermieden. Aber mehr auch nicht. Nun darf sich das Parteiestablishment über die Feiertage an den Punschgläsern wärmen und sich die Welt schön reden. Dann geht das richtige Leben wieder los bis zu den Wahlen in Schleswig-Holstein im Mai. Die Liberalen liegen dort in Umfragen deutlich unter fünf Prozent.

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Geschrieben von

Verena Schmitt-Roschmann

Verena Schmitt-Roschmann ist Ressortleiterin Politik des Freitag.

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