Bewährungsprobe

Kommentar Viele an der Thüringer SPD-Basis sind gegen die CDU-Koalition. Nun wird sich zeigen, was die sozialdemokratischen Reden von der Einbeziehung der Mitglieder wert sind

Es war zu Wochenbeginn, die sozialdemokratischen Gremien kamen in Berlin zusammen, um den im kleinen Kreis verabredeten Personalvorschlag für die neue Führung abzusegnen. Auch Christoph Matschie eilte ins Präsidium – und erklärte en passant, es sei nun in der SPD ein Neuanfang notwendig.

Ausgerechnet Matschie. In Thüringen hat der Landeschef gezeigt, was er und andere ­Sozialdemokraten damit meinen: Weiter so! Die Entscheidung für die Aufnahme von ­Koalitionsverhandlungen mit der Union ist nicht nur politisch ein Griff ins Gestern. Auch beim Zustandekommen der CDU-Entscheidung zeigte sich die alte SPD: Ausbaldowert im allerkleinsten Kreis und abgenickt von einer Mehrheit in ­einem 24-köpfigen Vorstand.

Die Thüringer Sozialdemokraten zählen etwa 4.400 Mitglieder. Nun kann man nicht immer gleich den großen Ratschlag ausrufen. Aber es gibt Momente, nach denen Parteien ihre Basis befragen müssen. Die Bundestagswahl gehört dazu, die SPD steht jetzt vor Weichenstellungen. Der Aufbau einer Gegenmacht zu Schwarz-Gelb in der Länderkammer kann zu einer wichtigen strategischen Frage werden. Deshalb ist auch die Thüringer Entscheidung von großer Bedeutung.

Es sollte eine Entscheidung der SPD-Mitglieder werden. Oft ist jetzt davon die Rede, wie die Basis wieder besser in die Entscheidungen der Partei einbezogen, wie die Entfremdung zwischen Apparat und Genossen korrigiert werden könnte.

Doch Basisdemokratie ist nicht nur eine Frage des administrativen Zulassens von oben, sondern auch eine der politischen Selbstermächtigung von unten. Thüringen zeigt, dass man für die Gelegenheit mitzuentscheiden, auch mal gegen Strukturen kämpfen muss, die noch das Ergebnis einer anderen Zeit sind. Im Landesvorstand, der die Verhandlungen mit der CDU führt, wird das gegenwärtige Meinungsbild der Genossen zwischen Nordhausen und Sonneberg nicht mehr abgebildet. Am Samstag wird sich entscheiden, ob die SPD-Basis in Thüringen die Kraft aufbringt, dies zu korrigieren.


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