Sexismus. Und jetzt?

Sexismus-Debatte Was regt die Leute so auf, dass das Netz aus allen Nähten platzt und wie geht es weiter?

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Was regt die Leute so auf, dass sich Freunde, die sich sonst blendend verstehen, nur noch anbrüllen, dass Leute in Foren einfach unendlich bescheuerte Posts hinterlassen, die sie am nächsten Morgen garantiert bereuen, dass Twitter aus allen Nähten platzt?

Spot an. Brüderle und Himelreich an der Bar. Alles andere ist Nebel. Auf einmal sind beide alleine auf der Welt. Wie im Film. Keiner mehr da. Sexismus in Avalon.

Wo ist eigentlich der Rest der Welt geblieben? Er ist nicht mehr vorhanden. Und falls er es doch sein sollte, ist er per Definition nicht mehr da. Auf Konferenzen, in Meetings, in öffentlichen Verkehrsmitteln, überall. Seltsam, irgendwie. Grade war doch die Rede davon, dass es sich hier um eine gesellschaftliche Debatte handelt.

Mir fallen langsam auch nur noch Pauschalsätze ein. "Der Privilegierte sieht seine Privilegien nicht", zum Beispiel. "Diese bescheuerten antiquierten linksfeministischen Grabenkämpfe, ich will das nicht, mit Arschlöchern in einen Topf geworfen werden.",sagt ein Bekannter. Akzeptiert. Falls das wirkliche moralische Überzeugung ist und nicht nur ein Mittel für Wohlverhalten vom anderen Geschlecht den Kopf gestreichelt zu bekommen. Gong. Nächste Runde.

Ich arbeite in der IT. Das ist ein Bereich, in dem es niemals eine Frauenquote geben wird, einfach weil es kaum Frauen gibt. Dass sich da auch nicht nur Individuen mit maximaler Sozialkompetenz rumtreiben, geschenkt. Dass man sich alleine gegen viele nicht besonders gut behaupten kann ausser vielleicht in Hollywood und in der Bibel: auch klar. Der Glaube daran, dass frau sich gegen alles wehren kann hat mich einmal den Job gekostet. Das erklärt meine Aufregung.

Weil Sexismus mit Macht zu tun hat und das "Sex" in Sexismus was mit Geschlecht, geht es im Folgenden leider weiter um Männer und Frauen.

Ich hatte wie gesagt bereits öfter Gelegenheit, über dieses Thema nachzudenken und habe es einfach dran festgemacht dass die deutsche Überling/Unterling-Kultur sexistisches Verhalten eben einfach fördert. Bis ich im Urlaub eine US-Brokerin kennengelernt habe, die mir erzählt hat, dass sich Männer an der New Yorker Börse genauso daneben benehmen wie die in deutschen Telekommunikationsunternehmen.

Ob man(n) denn jetzt nicht mehr flirten dürfte, wird gefragt. Weil die Frauen ja dann so böse werden. Irritierenderweise wurde da oft von "anbaggern" geredet. Na gut. Der erste Satz, der mir einfällt, wenn es zwischen zwei Personen funkt, ist ganz sicher "Sie könnten ein Dirndl auch sehr gut ausfüllen". Mit Banalitäten wie "Du bist mir sympathisch" gibt sich in solchen Situationen wohl keiner ab? Die Plattheit dieser Debatte ärgert wohl jeden.

Ich habe mir angesehen, wie Männer so mit Demütigungen umgehen. Nach meiner Beobachtung tun sie: nichts. Sie schweigen. Wahrscheinlich in der Erkenntnis dessen, dass man jemandem, der stärker ist, besser nicht ans Bein pinkelt, öffentlich schon gar nicht.

Männer machen eine gehobenere Position in der Hierarchie auch viel öfter an ihrer Person und nicht an ihren Leistungen fest. Dass das sich ausdehnende Ego dann schon mal jemand anderem auf den Schuhen steht, gehört zum Spiel. Nur unverständlich, warum die Frauen das nicht begriffen haben. Das erklärt vielleicht die Aufregung auf Seiten der Männer. Das olle, breitgetretene "Solidarität"-Wort mag ich gar nicht äussern.

Was ich in der ganzen Diskussion bisher wirklich vermisse, sind Lösungsansätze. Vielleicht habe ich sie überlesen. Gut möglich, da derzeit im Netz wirklich vieles rumschwirrt. Wer einen entdeckt hat, möge ihn bitte posten.

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