Begleittöne der Fußball-WM

realsatire Deutschland ist Fußball-Weltmeister. Ein neues Nationalbewusstsein macht sich breit. Politiker mit Sendungsbewusstsein nutzen die Gunst der Stunde.

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Im Bundeskanzleramt herrscht Hochstimmung. Die deutsche Fußballnationalmannschaft hat mit ihrem Titelgewinn ungeahnte Kräfte freigesetzt. Da lassen sich die kommenden Aufgaben mit Gelassenheit angehen. Die heutige Runde im Bundeskanzleramt setzt sich wie gewohnt aus Bundeskanzlerin Merkel, Volker Kauder und Peter Altmeier zusammen, wird aber heute durch die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bereichert.

Merkel: Ich war ja am Sonntag bei der Siegesfeier der deutschen Nationalmannschaft in Rio mit dabei. Das war doch sehr beeindruckend, wie sich unsere Fußballer gegen die Argentinier durchgesetzt haben.

Kauder: Nicht zu vergessen, Dein Kabinenauftritt bei unseren Jungs, liebe Angela.

Von der Leyen: Es geht doch nichts über einen durchtrainierten Männerkörper. Das wünsche ich mir für meine Soldaten auch.

Altmeier: Was den durchtrainierten Körper betrifft, kann ich nicht ganz mithalten. Aber Kriege werden heute anders geführt und zwar lautlos, risikolos und vor allem unbemannt.

Von der Leyen: Sehr richtig, mein lieber Peter, wir müssen uns - gerade vor dem Hintergrund einer gewonnenen Fußball-WM – unseren neuen Rolle in der Welt bewusst werden. Dazu gehört auch die Ausstattung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen. Schließlich können wir nicht zulassen, dass unsere Soldaten im Leichensack nach Deutschland zurückkehren. Das passt so gar nicht zu einer familienfreundlichen Politik in der Bundeswehr. Wenn uns die Väter abhanden kommen, wo sollen dann die Kinder herkommen.

Kauder: Hauptsache, die Drohnen fliegen dann auch, mein liebe Ursula.

Merkel: Die Drohnen entwickeln wir aber dann bitteschön selbst und lassen uns nicht schon wieder auf einen abenteuerlichen Deal mit Northrop Grumman ein.

Von der Leyen: Das ist doch selbstredend, meine liebe Angela. Ich habe das Kampfdrohnen-Beschaffungsprogramm "Biene Maja" durch meinen eigens dafür neu eingesetzten Staatssekretär in Gang gesetzt. Hier ist ausschließlich eine innerdeutsche Ausschreibung vorgesehen.

Altmeier: Warum denn um alles in der Welt "Biene Maja"?

von der Leyen: Das hat so einen femininen Touch und schließlich passt Biene und Drohne ganz gut zusammen,

Kauder: Hoffentlich verstößt dieses Vorgehen nicht gegen das anstehende Freihandelsabkommen TTIP?

Altmeier: Ein wichtiger Aspekt, mein lieber Volker. Wir müssen allerdings auch Vorkehrungen treffen, wie wir diese höchst brisante wehrtechnische Entwicklung vor dem Zugriff fremder Geheimdienste schützen können. Man kann ja heute fast niemand mehr trauen.

Merkel: Das ist dein Job, mein lieber Peter. Du bist doch der Geheimdienstkoordinator, also sorge gefälligst dafür, dass es keine undichten Stellen gibt.

Kauder: Müssen wir da nicht zunächst das gesamte Personal beim BND austauschen? Unser Auslandsgeheimdienst kommt mir vor wie der Rasenplatz vor meiner Haustür.

Altmeier: Was soll das heißen?

Kauder: Na, da gibt es mehr Maulwurfshügel als Rasen.

Merkel: Nun ist aber genug. Ich traue mich schon gar nicht mehr, eine vertrauliche SMS an meine engsten Mitarbeiter zu versenden, so sehr bin ich irritiert über die vergangenen Ereignisse.

Von der Leyen: Wir sollten auch in geheimdienstlichen Angelegenheiten etwas aufrüsten. Wir haben in Deutschland gerade mal 3 Geheimdienste. Die US-Amerikaner haben 17 Geheimdienste. Davon sind allein 4 Geheimdienste direkt dem Verteidigungsministerium unterstellt. Da besteht bei uns erheblicher Nachholbedarf. Wir müssen somit an allen Stellen nachrüsten. Nur das gibt uns weltpolitisch betrachtet das nötige Gewicht.

Altmeier: Und wer soll das bezahlen.

Kauder: Na, wer es immer bezahlt, der Steuerzahler natürlich. Überall auf der Welt, wo man hinschaut, brechen Konflikte auf. Und wir sind immer nur die Zuschauer. Wir müssen zu handelnden Akteuren werden. Die deutsche Sprache muss wie in alten Kolonialzeiten wieder zum Kulturgut werden.

Merkel: Das ist aber nicht sehr geistreich, mein lieber Volker. Da wird uns der Schäuble ganz schön den Marsch blasen.

Von der Leyen: Dann müssen wir eben umschichten. Wir haben bereits den digitalen Zug verpasst. Jetzt müssen wir zumindest auf den geostrategischen Zug aufspringen. Was die Finanzen betrifft heißt es jetzt, nicht kleckern, sondern klotzen.

Merkel: Liebe Ursula, Du redest ja schon wie die künftige Bundeskanzlerin. Noch bin ich im Amt und noch gebe ich die Richtlinien der Politik vor.

Niemand wird ernsthaft etwas dagegen haben, das die Fußballer Weltmeister geworden sind. Es ist aber offenkundig, dass führende Politiker der großen Koalition nationalistisch geprägte Stimmungslagen dazu nutzen, um eine militärische Vormachtstellung Deutschlands in Europa zu reklamieren.

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