Das neue Jamaika-Kabinett

Jamaika-Koalition Am Mittwoch haben die ersten Sondierungsgespräche im Hinblick auf die Bildung einer neuen Koalition begonnen. Geht es wirklich ausschließlich um sachliche Themen?

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Wir werden uns etwas gedulden müssen, bis das neue Jamaika-Kabinett aus CDU, FDP, Bündnis 90/die Grünen und CSU – in dieser Reihengfolge bewegen sich die jeweiligen Prozentwerte der Bundestagswahl - ihre Arbeit aufnehmen kann. Das wäre ein einmaliger Vorgang in der Nachkriegsgeschichte. Würden die Verhandlungen scheitern, käme es unweigerlich zu Neuwahlen. Nachdem die Parteien, die sich in einer Jamaika-Koalition wiederfinden würden Neuwahlen wie der Teufel das Weihwasser fürchten, ist nicht zu erwarten, dass die Koalitionsverhandlungen scheitern werden.

Aber dazu später mehr.

Hier nun die vorläufige Kabinettsliste der 19. Wahlperiode:

Angela Merkel (CDU): - Bundeskanzlerin –

Die CDU hat ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland erzielt. Merkel hat jetzt 12 Jahre als Bundeskanzlerin hinter sich und muss eine Jamaika-Koalition zustande bringen. Sie gilt als Meisterin des Krisenmanagements. Dieser Nimbus hat aber in der Flüchtlings- und Migrationsfrage erste Risse bekommen. Nachdem klar ist, dass sie keine weiteren vier Jahre als Bundeskanzlerin zur Verfügung stehen wird, stellt sich schon jetzt die Frage ihrer Nachfolge. Da scharren schon einige Kandidatinnen/Kandidaten mit den Füßen, wobei Annegret Kramp-Karrenbauer die besten Chancen haben dürfte.

Peter Altmaier (CDU): - Kanzleramtsminister –

Er gilt als Vertrauter von Merkel und wird immer vorgeschickt, wenn es brenzlig wird. Innerhalb der CDU-Fraktion macht er wohl einen ganz guten Job zusammen mit dem Fraktionsvorsitzenden Kauder und hält damit der Bundeskanzlerin den Rücken frei. Es ist verantwortlich für das konturlose Wahlprogramm der CDU, das eigentlich Generalsekretär Tauber hätte verfassen müssen. Tauber wird wohl gehen müssen. Einer muss ja die Suppe für die Wahlschlappe der CDU auslöffeln. Julia Glöckner wir ihm nachfolgen, die es zwar nicht geschafft hat, in Rheinland-Pfalz zu reüssieren, gleichwohl aber ebenfalls als Vertraute von Merkel gilt.

Christian Lindner (FDP): - Finanzminister –

Merkel hat den Stuhl des Finanzministers freigemacht, indem sie Wolfgang Schäuble als Bundestagspräsident vorgeschlagen hat. Der Finanzminister ist nach der Bundeskanzlerin der zweitwichtigste Posten in einem Kabinett, weil alles zunächst unter einem Finanzierungsvorbehalt steht und der Finanzminister die Hand auf sämtlichen Budgets der Ministerien hat. Man darf sich also nicht wundern, wenn der nassforsche Lindner jetzt vorgeprescht ist und den Finanzministerium für die FDP einfordert. Die FDP hat noch traumatische Erinnerungen an den Wahlausgang der vorletzten Legislaturperiode, als Mr. 15% Westerwelle erleben musste, was passiert, wenn man nicht „liefert“, was man der Wählerschaft der FDP versprochen hat. An der Zusammensetzung dieses Wählerklientels hat sich im Großen und Ganzen nichts geändert. Geändert hat sich lediglich die Außendarstellung der FDP. Die FDP haben alle gewählt, denen die Union nicht neoliberal genug ist. Lindner tut ja so, als ob er nicht so erpicht darauf ist, mitzuregieren. Gleichzeitig blickt er nach Österreich und denkt so bei sich „Also, wenn es der Sebastian Kurz in Österreich geschafft hat, Bundeskanzler zu werden, dann muss doch für mich mindestens der Finanzminister in Deutschland drin sein, zumal ich noch besser ausschaue als dieser Milchbubi aus der Alpenrepublik“

Wolfgang Kubicki (FDP): - Wirtschaftsminister –

Kubicki, der clevere Steueranwalt aus Schleswig- Holstein, ist immer für eine Pointe gut. Er braucht finanziell betrachtet am allerwenigsten einen Job in Berlin, weil er als Anwalt genug verdient. Er ist natürlich ein überzeugter Neoliberaler und könnte auch den Ministerposten mit Christian Lindner tauschen. Was die beiden hier ausgekaspert haben, bleibt zunächst ihr Geheimnis. Es wird jedenfalls den Verhandlungsspielraum für Lindner erhöhen, der eine Trendwende eingefordert hat. Es kann durchaus sein, dass Lindner das Wirtschaftsressort übernimmt, wenn diesem Ministerium Sonderkompetenzen im Bereich Digitalisierung eingeräumt werden.

Joachim Herrmann (CSU): - Bundesinnenminister –

Diesen Posten bekleidete bislang Thomas de Maizière. Er wird wohl seinen Ministersessel räumen müssen, um die CSU personell zu besänftigen. Leer ausgehen wird er allerdings nicht. Die CSU befindet sich derzeit außer Rand und Band. Sie lag in der Bundestagswahl bei unter 39%, ein unterirdischer Wert für die CSU, der für die Landtagswahlen in knapp einem Jahr nichts Gutes ahnen lässt. Normalerweise würde eine solche Wahlschlappe dem CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Seehofer sofort das Amt kosten. Aber Seehofer klammert sich an sein Amt, weil die Vorstellung, dass Markus Söder ihn beerben könnte, ihn um den Schlaf bringt. In der CSU galt aber schon immer die Devise „der König ist tot, es lebe der König“. Je länger sich Seehofer an sein Amt klammert, desto schmerzlicher wird sein Abgang.

Thomas de Maizière (CDU): - Bundesminister für Migration und Flüchtlinge –

Dieses Ministerium wird neu geschaffen, zum einen, weil die Fragen rundum um Migration, Einwanderung und Flüchtlingspolitik einen zentralen Stellenwert in der künftigen Regierungsarbeit haben werden, zum anderen, weil die CDU ein Regulativ zu Innenminister Hermann installieren will. De Maizière gilt als Vertrauter von Merkel und genießt innerhalb der CDU-Fraktion eine hohe Anerkennung.

Cem Özdemir (Bündnis 90/die Grünen): - Bundesaußenminister –

Der Cem steht kurz vor der Verwirkung seines Kindheitstraumes, sieht man einmal davon ab, das fast jedes Kind Lokführer oder Pilot werden will. Cem Özdemir wird alles dafür tun, diesen Posten bekleiden zu dürfen. Grüne Prinzipien hat er sowieso nicht. Özdemir ist ja ein überzeugter Transatlantiker und lechzt geradezu nach dem Amt des höchsten Diplomaten. Jeder Außenminister erfreut sich immer großer Beliebtheitswerte und jetzt kann Cem auch zeigen, dass er Herrn Erdogan demonstrieren kann, was er von dem Türkei-EU-Deal hält, wären da nicht die realpolitischen Erfordernisse. Der größte „Feind“ sitzt jedoch im eigenen politischen Lager und der heißt Jürgen Trittin.

Katrin Göring-Eckhardt (Bündnis 90/die Grünen): - Umwelt –

Auch sie steht für die neue Garde der Grünen: aalglatt, ausschließlich auf Karriere getrimmt. Sie reklamiert ja gerne das Thema Klimaschutz für ihre Partei und dass Deutschland seine Klimaschutzziele weit verfehlen wird, wenn nicht Bündnis 90/die Grünen hier regulierend eingreifen. Bündnis 90/die Grünen sind mittlerweile zur Klientelpartei verkommen, die ihr Klientel der besserverdienenden Besserwisser schützt, sehr oft aber wieder besserem Wissen handelt. Ein typischer Fall ist der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis zum Jahre 2030, ohne zu berücksichtigen, dass auch die Elektroautos eine erhebliche Umweltbelastung darstellen werden. Aber der Strom kommt ja schließlich aus der Steckdose. Selbstverständlich müssen die Verbrennungsmotoren sauberer werden und m.W. könnte dies auch gewährleistet werden, wenn die Automobilindustrie hierfür das nötige Geld in die Hand nimmt. Ich freue mich jetzt schon auf die künftigen Auseinandersetzungen mit dem designierten Bundesverkehrsminister.

Karl-Josef Laumann (CDU): - Arbeit und Soziales –

In NRW besetzt Lauman das Ministerium Arbeit Gesundheit und Soziales, für das er - außer für Gesundheit - künftig im Bund zuständig sein wird. Laumann gilt als Vertreter des Arbeitnehmerflügels in der CDU und verkörpert gleichzeitig das soziale Gewissen der CDU. Es ist m.E. ein Feigenblatt für die neoliberal ausgerichtete Politik der CDU. Viel bewirken wird er nicht, weil der Arbeitgeber-Flügel der CDU jetzt auch die FDP an seiner Seite hat. Insofern wird sich bei der umlagefinanzierten Rente nicht viel ändern, da Bundeskanzlerin Merkel hier ohnehin keinen Handlungsbedarf sieht.

Thomas Strobl (CDU): - Bundesverkehrsminister – Nachdem Alexander Dobrinth als neuer Vorsitzender für die CSU-Landesgruppe im Bundestag fungiert, wurde er elegant aus der Schusslinie genommen. Als Bundesverkehrsminister bleibt wohl nur in Erinnerung, dass er die PKW-Maut umgesetzt hat, die außer der CSU sonst keiner will. Thomas Strobl ist der amtierende Minister für Inneres, Digitalisierung und Migration in Baden-Württemberg. Nachdem der Posten des Bundesverkehrsministers in Bund nach dem Abgang von Dobrinth vakant geworden ist, kann Thomas Strobl, der Schwiegersohn von Wolfang Schäuble ihm folgen. Schließlich muss die Familienkontinuität der Familie Schäuble im Bundeskabinett gewahrt bleiben. Darüber hinaus wird Strobl einen wachsamen Blick auf die Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie haben und dafür Sorge tragen, dass deren Interessen als Schlüsselindustrie auch künftig angemessen berücksichtigt werden.

Ursula von der Leyen (CDU): - Verteidigung –

Lange Zeit wurde sie als Nachfolgerin für Angela Merkel gehandelt. Jetzt hat sie aber als Bundeverteidigungsministerin endgültig ihren Kredit in Sachen Kompetenz verspielt. Sie leitet jetzt das dritte Ministerium in Folge. Sie neigt dazu, eigene Fehler geschickt auf andere abzuwälzen. Dieser Schuss ist aber in ihrer Funktion als Verteidigungsministerin gründlich nach hinten losgegangen. Fau von der Leyen ist nicht greifbar und in jedem Amt fachlich und persönlich überfordert. Gleichwohl wird sie Verteidigungsministerin bleiben, zumal diesen Job derzeit kein anderer haben will.

Hermann Gröhe (CDU): - Gesundheit –

Hermann Gröhe hat im Prinzip einen geräuschlosen Job gemacht. Insofern wird ihm der Ministersessel erhalten bleiben. Künftig kommt jedoch etwas Druck in den Kessel, weil man jetzt plötzlich den Pflegenotstand in Deutschland als politisches Thema erkannt hat. Es ist keine Übertreibung in diesem Zusammenhang von einer Pflegemafia zu sprechen, die sich auf Kosten der Pflegebedürftigen und des Pflegepersonals schamlos bereichert. Der Neoliberalismus treibt überall Blüten, in diesem Bereich aber ganz besonders.

Dr. Hendrik Hoppenstedt (CDU): - Justiz und Verbraucherschutz –

Diese Stelle wird frei, weil Heiko Maas aus dem Kabinett ausscheidet. Hoppenstedt war bisher stellvertretender Ausschussvorsitzender im Justizausschuss, ist Rechtsanwalt und verfügt somit über entsprechende Fachkenntnisse. Ansonsten abwarten und Tee trinken.

Peter Tauber (CDU): - Familie, Senioren, Frauen, Jugend –

Peter Tauber, der bisherige Generalsekretär der CDU erhält ein Ministerium als Belohnung für seine treuen Dienste als Generalsekretär der CDU. Er hat nur wahrlich oft genug seine bewundernde Haltung gegenüber der Bundeskanzlerin zum Ausdruck gebracht und dafür wird er jetzt protegiert, zumal die CDU weit und breit keine adäquate Alternative zur Verfügung hat.

Nicola Beer (FDP): - Forschung und Wissenschaft –

die bisherige Ministerin Wanka gilt als farblos, ideenlos und auch sonst nix los. Bildung für alle ist der neue Schlachtruf der FDP. Da ist es nur konsequent, wenn eine FDP-Ministerin diesen Job erledigt. Nun ist ja Bildung Ländersache und die künftige Bundesforschungsministerin muss jetzt ausloten, inwieweit der Bund hier eingreifen darf und soll. Wenn man allerdings die Bildung privatisiert, dann ergeben sich neue Spielräume für die FDP, die zwar Bildung für alle einfordert, gleichzeitig aber ihrem Klientel verpflichtet ist und dieses Klientel möchte keine Bildungsgerechtigkeit, sondern präferiert ein System, in dem ihre Zöglinge in einer globalen Welt die Nase weiterhin vorn haben werden.

Christian Schmidt (CSU): - Bundeslandwirtschaftsminister –

Die Förderung des ländlichen Raums ist der CSU wichtig, auch im Bund. Dabei sind die Kompetenzen eines Bundesministers eher begrenzt, da die wichtigen Entscheidungen in den einzelnen Bundesländern aber auch in der EU getroffen werden. Allerdings ist die CSU von einer Agrarwende weit entfernt, wobei die größten Sauereien in Sachen Tierschutz nicht in Bayern begangen werden.

Gerd Müller (CSU): - wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit –

Das frühere Entwicklungshilfeministerium wurde ja umgetauft, geändert hat sich nichts. Dabei wäre eine wirksame Strategie zur Eindämmung von Fluchtursachen dringend nötig. Solange aber Institutionen wie der europäische Entwicklungsfonds und die Weltbank primär dafür Sorge tragen, dass die Problemländer weiter ausbluten bzw. durch unfaire Handelsverträge in den Ruin getrieben werden, ist eine derartige Steigbügelhalterpolitik nicht nur scheinheilig sondern auch zynisch.

Das wäre in Stichworten das künftige Personaltableau einer künftigen Jamaika-Koalition. Nein, die SPD ist nicht mehr dabei. Sie übt sich künftig in der Opposition. Das war schon einmal der Fall und zwar von 2009 – 2013. Gebracht hat es nichts. Aber Geschichte kann sich, muss sich aber nicht wiederholen.

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