Zar Putins Tafelrunde

Realsatire Mit wem redet Putin überhaupt? Mit westlichen Politikern wohl nicht. Oder vielleicht doch.

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Auf Putins Datscha, pittoresk auf der frisch annektierten Halbinsel Krim gelegen, treffen sich Putin, der Ministerpräsident Dmitri Medwedew sowie ein alter Weggefährte Putins Gerhard Schröder, der in Reichweite zu Putins Datscha ebenfalls eine Datscha bewohnt.

Putin: Lieber Gerhard, wie gefällt Dir denn Deine Datscha auf der Krim?

Schröder: Sehr gut, mein lieber Wladimir. Der Ausblick auf das Schwarze Meer ist fantastisch und nicht zu vergessen, das mediterrane Klima sagt auch meiner Frau sehr zu. Obwohl, so richtig gehört mir die Datscha ja gar nicht. Eigentlich gehört die Datscha einem Trust in Singapur, dessen Gesellschafter wiederum die Nord Stream AG in Zug in der Schweiz ist. Aber solange ich darin wohnen kann, ist es mir egal, wem die Hütte gehört.

Medwedew: Ja bei euch Deutschen muss man mittlerweile die abenteuerlichsten Steuerkonstruktionen wählen, damit Du, mein lieber Gerhard, nicht das gleiche Schicksal erleidest wie der Hoeneß.

Putin: Verbinden wir das Angenehme mit dem Nützlichen. Was wollt ihr trinken, liebe Freunde. Ich habe Krim-Sekt anzubieten oder auch etwas Härteres. Dazu gibt es Royal-Black-Kaviar ohne Konservierungsstoffe versteht sich.

Schröder: Ich stehe zwar normalerweise auf Bier, aber heute steht mir der Sinn nach Wodka und so wie Dich kenne, hast Du eine vorzügliche Hausmarke anzubieten, mein lieber Wladimir.

Medwedew: Mir ist alles recht.

Putin: Ich kann euch einen Wodka der Premium-Klasse kredenzen. Er nennt sich „Vodka Zar Wladimir“. Im Jahr werden nur knapp 1.000 Flaschen hergestellt und an meine Freunde auf der ganzen Welt verteilt.

Schröder: Ich habe gar nicht gewusst, dass Du so viele Freunde hast, mein lieber Wladimir. Aber Spaß beiseite. Schon der von uns allseits geschätzte Machiavelli sagte einmal „es ist besser gefürchtet als geliebt zu werden, wenn beides gleichzeitig nicht geht“.

Medwedew: Aber unser Präsident wird von einer großen Mehrheit der Russen geliebt und gleichzeitig respektiert. So viel Zustimmung in der russischen Bevölkerung für unseren Präsidenten wie nach der Rückholaktion der Krim ins russische Reich gab es noch nie.

Putin: Treffend formuliert, mein lieber Dmitri. Die im Westen haben doch tatsächlich geglaubt, dass ich mit der Winterolympiade beschäftigt bin und deshalb die Füße stillhalte, wenn es um die Ukraine geht.

Schröder: Du wirst eben immer noch unterschätzt, mein lieber Wladimir. Wer jedoch mit dem Bär tanzt, sollte auch darauf gefasst sein, dass ein Prankenhieb von ihm tödlich sein kann.

Medwedew: Sehr richtig, mein lieber Gerhard. Jahrzehntelang sind die EU und die USA uns auf der Nase herumgetanzt. Zuerst die EU-Erweiterung, dann die Nato-Erweiterung und zu guter Letzt die Ausstellung des Raketenschirms. Und jetzt regen sich die Herrschaften darüber auf, dass wir uns nur das zurück geholt haben, was uns schon immer gehört hat.

Putin: Das mit der Krim ist schon längst gelaufen. Ich beschäftige mich doch nicht mit Vergangenem, sondern mit dem, was in der Zukunft ansteht. Für mich als Präsident der Russischen Föderation ist ganz klar, dass ich meine russischen Landsleute überall dort schütze, wo sie sich aufhalten. Das gilt für die Ukraine, den Kaukasus und die baltischen Staaten gleichermaßen.

Schröder: Ich rate doch zu einer gewissen Mäßigung, mein lieber Wladimir. Du hast zwar Russland wieder wirtschaftlich auf die Beine geholfen, aber es gibt noch viel zu tun und ich gebe auch zu bedenken, dass die russischen Rohstoffvorkommen nicht ewig reichen.

Medwedew: Da muss ich dem Gerhard Recht geben. Russland braucht dringend das Know-How aus dem Westen, vor allem aus Deutschland. Unsere Industrie liegt am Boden und muss von Grund auf modernisiert werden.

Putin: Ich bin doch nicht bescheuert. Natürlich weiß ich, dass wir auf das Know-How aus dem Westen angewiesen sind. Aber sag mal, mein lieber Gerhard, da war doch vor kurzem euer Superminister und Vizekanzler Gabriel bei mir und hat etwas von der Energiewende gestammelt und dass er die Energiewende nur hinbekommt, wenn Deutschland weiterhin russisches Gas und Erdöl in ausreichender Menge und zu moderaten Preisen erhält.

Schröder: Es ist schon erschreckend, was aus meiner SPD geworden ist. Noch in meiner Eigenschaft als Bundeskanzler habe ich mit der Ostseepipeline für die nötige Energiesicherheit in Deutschland gesorgt und jetzt glaubt der Gabriel, dass man die Atomkraftwerke abschalten kann ohne für entsprechenden Ersatz sorgen zu müssen. Das wird teuer, das habe ich immer gesagt, aber keiner wollte auf mich hören.

Medwedew: Tja, nicht jeder, der aus Niedersachsen kommt, hat das Format von Dir, mein lieber Gerhard. Du hast auf jeden Fall rechtzeitig erkannt, dass mit dieser SPD kein Blumentopf zu gewinnen ist und rechtzeitig die Fronten gewechselt.

Putin: Liebe Leute, jeden Tag wird mir von führenden Vertretern der deutschen Wirtschaft über eine abhörsichere Leitung versichert, dass sich an den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen nichts ändern wird. Auch die Franzosen sind da nicht gerade zurückhaltend und ständig bemüht mir zu bestätigen, dass auch unsere Rüstungsaufträge – zeitlich verzögert zwar – voll erfüllt werden.

Schröder: Auf die deutsche Exportwirtschaft kann man sich verlassen. Da sitzen vernünftige Leute mit dem richtigen Gespür für das Machbare. Und mal ganz ehrlich, wer sägt sich schon den Ast ab, auf dem er sitzt. Ich habe schon zu meiner Zeit als Bundeskanzler beste Kontakte zu führenden Wirtschaftvertretern unterhalten. Und das ist bei meiner Nachfolgerin Merkel nicht anders.

Medwedew: Dein Wort in Gottes, äh ich meine in Zar Putins Ohr.

Putin: So will ich aber nicht genannt werden. Das grenzt ja schon an Heldenverehrung. Und Helden sterben sehr häufig den Heldentod. Ich möchte als der Präsident Russlands in die Geschichte eingehen, der Russland zu alter Größe zurückgeführt hat. Nastrovje, meine Herren.

Alle heben ihre Gläser und prosten einander zu. Auf dem Live-Ticker kommt gerade die Nachricht herein, dass in Donezk für ein weiteres Referendum alles nach Plan läuft.

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