Afrika braucht euch nicht!

Engagement Der kenianische Aktivist Boniface Mwangi weist auf Rassismus in den USA hin und kritisiert Freiwilligendienste in Afrika
Boniface Mwangi bei Protesten in Nairobi im Februar 2014
Boniface Mwangi bei Protesten in Nairobi im Februar 2014

Foto: AFP

Der kenianische Aktivist und Fotograf Boniface Mwangi macht momentan mit dem Video An African's Message for America auf ein brisantes Thema aufmerksam: Amerikanische Jugendliche strömen seit Jahren in Länder des globalen Südens, um sich dort in sozialen Projekten zu engagieren, statt sich in ihrer eigenen Heimat zu engagieren.

Damit stößt Mwangi auch in die aktuelle Debatte um Rassismus in den USA vor. Die Todesschüsse auf den afroamerikanischen Jugendlichen Michael Brown durch einen weißen Polizisten in Ferguson entfachten eine erneute Diskussion über Rassismus und Ungleichbehandlung zwischen Menschen mit schwarzer und weißer Hautfarbe, wie auch der Freitag berichtete. Die Botschaft des Kurzfilms ist deutlich: Warum wollt ihr euch in der ganzen Welt engagieren, wenn ihr die Probleme doch vor der eigenen Tür habt? „Afrika braucht eure Hilfe nicht, Amerika braucht euch“.

Das Video, das diese Woche auf der Op-Doc Seite der New York Times steht, ist ein Teaser der Filmdokumentation Framed, das gerade über eine Crowdfunding-Aktion erfolgreich finanziert wurde. Die Dokumentation untersucht die westliche Vorstellung von Afrika. „Woher kommt die Faszination des Westens, Afrika retten zu wollen?“

Der Teaser zeigt Gespräche mit Studenten der Duke University in North Carolina. Eine Studentin mit schwarzer Hautfarbe spricht von ihren Plänen, sich in Projekten für Frauenrechte in Indien engagieren zu wollen. Sie träumt davon, Menschen zu helfen, die unter Stigmatisierung leiden. Mwangi unterbricht sie mit einer Gegenfrage: „Wieso kommst du als schwarze Amerikanerin nicht auf die Idee, diese Probleme zuallererst in deiner Heimat zu bekämpfen?“. Rund eine Million Amerikaner engagieren sich jährlich in sozialen Projekten im Ausland. Sie sind überwiegend jung, weiß und wohlhabend. Mwangi kritisiert den Freiwilligentourismus nach Afrika. Schließlich sind in den USA 2,5 Millionen Kinder obdachlos. Die Rate der Inhaftierungen schwarzer Jugendlicher übersteigt die Inhaftierungen Weißer um das Sechsfache. Ist das nicht Anlass genug, diese Probleme vor Ort anzugehen?

Boniface Mwangi lebt in Nairobi und engagiert sich als Aktivist in verschiedenen Bürgerrechtsbewegungen. Bekannt wurde er unter anderem mit Fotografien der Gewaltausbrüche im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen 2007. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Preise. Mwangi geht es stets darum, Ungerechtigkeit zu thematisieren. Seit seinen Aufenthalten in den USA thematisiert er dies auch außerhalb Afrikas. Er kritisiert, dass selbsterklärte Experten aus Amerika in Afrika Gutes tun wollen, ihre Heimat hingegen zunehmend vernachlässigen. „Afrika brauche keine Retter, Amerika braucht euch“. Wer die Welt retten wolle, müsse lokal beginnen.

Die Absichten der amerikanischen Freiwilligen werden schnell deutlich. Ein Student beschreibt aus eigener Erfahrung, dass Engagement im Ausland zu Hause oft glorifiziert wahrgenommen wird. Es habe etwas Heldenhaftes, Straßenkindern in afrikanischen Ländern zu helfen oder sich für Frauenrechte in Indien engagieren. Leider trifft das nicht in gleichem Maße auf das Engagement vor der eigenen Haustür zu.

Dabei geht es Mwangi nicht darum, Engagement für Afrika im Allgemeinen zu kritisieren. Die Jugendlichen sollen vielmehr die Motive ihres Engagement hinterfragen und sich die Frage stellen, woher der Reflex kommt, Afrikanern helfen zu wollen. „Wenn ihr nach Afrika kommen wollt, um zu helfen, fragt mich doch erst einmal was ich möchte. Dann können wir zusammen daran arbeiten“.

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Geschrieben von

Jonas Weyrosta

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