Korrupte Messerwetzer, Butterschmalzlover und Pfannenfetischisten

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Unter fortgeschrittenen Hobbyköchen herrscht ein drolliger Meinungskrieg um endgeile Messer, es müssen die teuren japanischen sein. Nur die schneiden Basilikum, Fleisch, Fisch oder Petersilie so exakt, wie es sein muss. Auch geht es um Pfannen und Kochtöpfe, am besten eisern, noch besser: gusseisern. Wegen der Hitzeleitfähigkeit.

Diesen Krieg befeuern auch Kochsendungen im Fernsehen. Da kann ich mitreden, ich war nämlich dabei als Reporter und Autor einer Kochserie im WDR mit knapp 400 Beiträgen. Erst hieß die Serie Krisenkochtipp (klasse), später Spitzenkochtipp (doof). Wir drehten die Beiträge in Spitzenrestaurants, oft in michelin-besternten Etablissements, aber auch in solchen ohne Stern.

Eine Zeitlang führten die Küchenchefs mir ihre japanischen Messer aus Keramik vor. Die waren verdammt scharf, sehr teuer, hatten aber einen Nachteil: fielen die mal zu Boden, waren sie hin. Das war eine Episode. Was man wissen sollte: Messerhersteller und -Importeure beliefern Spitzenköche gern kostenlos mit aktuellen Produkten, vor allem die stets fernsehpräsentem Köche. Großartig: Johann Lafer, ein wirklich guter Patissier, wirbt als Spitzenkoch für WMF und vertreibt unter seinem Namen einen Billigbalsamico, bei dem einem die Zehennägel hochklappen.

Mein Universalmesser habe ich bei der vietnamesischen Frau Ky gekauft, sie betreibt einen Asialaden in Krefeld. Es hat einen gelben Plastikgriff und eine scharfe Klinge, denn die wetze ich täglich, bevor ich in der Küche loslege. Das Messer kostete vor Jahren etwa einen Euro. Ich brauche bald mal ein neues, denn in fünf Jahren wetzt sich so Einiges ab.

Pfannen aus Edelstahl taugen nichts, sagt der Spitzenkoch. Eisern sollen sie sein, am besten gusseisern. Gut, da ist was dran, wegen der besseren Hitzeleitfähigkeit des Materials. Bei mir nebenan wohnt ein Schmied, ihn werde ich bitten, mir ein paar Eisenpfannen zu liefern und bin gespannt. Aber warum verwenden Fernsehköche so gern Edelstahlpfannen vor der Kamera? Etwa von WMF.

Meine Lieblingspfanne für Steaks kostete vor acht Jahren hier in der Türkei einen Euro, sie ist aus Blech und die Steaks daraus sind klasse. Ich brate sie in Olivenöl und gebe später etwas Butter dazu. (Aber es geht hier nicht um Steaks. Dazu ein Extra-Blog demnächst.)

Tim Mälzer verwendet sehr gern Butterschmalz zu allem Möglichen, nicht immer, aber doch sehr gern. Vor einigen Jahren erhielt ich den Anruf einer Marketing-Agentur. Wie ich denn zu Butterschmalz stehe. Warum diese Frage? Ja, es solle mein Schade nicht sein, man wolle mit mir ins Geschäft kommen, ich sollte öfter mal Butterschmalz in meinen Sendungen erwähne, am besten etwas betonter. Das wäre der Wunsch der CMA, der Marketingagentur der deutschen Landwirtschaft.

So was bringt viel Geld. Aber Butterschmalz finde ich eklig, penetrant in Duft und Geschmack, ich lehnte ab, aus ästhetischen Gründen und solchen journalistischer Ethik. Schön blöd, so ein Freund, es wäre Dein Zweiteinkommen gewesen, höher als das Erste und Eigentliche. Zumal viele meiner Beiträge auch vom MDR ausgestrahlt wurden.

Merke: hervorragend Kochen klappt auch mit billigen Messern, Blechpfannen und besonders gut ganz ohne ekliges Butterschmalz. Wer beim Braten das Aroma von Butter liebt, sollte googlen nach Ghee.

Merke auch: mancher Foodjournalismus lügt, betrügt. Köstliche Ausnahme: der Freitag-Koch Jörn Kabisch mit der besten deutschsprachigen kulinarischen Kolumne, die ich kenne. Er lügt nicht und er lernt gern, verkündet keine Weisheiten und er lässt seine Leser teilhaben an der Suche nach feinerem Geschmack. (Er hat aber ne Lorbeermacke.)

Übrigens: Sterneköche essen alltags gern gebratene Blutwurst, Reibekuchen (Kartoffelpuffer) oder Gulasch mit Nudeln, da aß ich gern mal mit. War lecker.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

weinsztein

Journalist. Lebt vorwiegend an der türkischen Ägäis. Guckt auf griechische Inseln. Kocht gern.

weinsztein

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