In deutschen Gärten reifen Früchte, die kaum einer mag. Vermutlich Jugenderinnerungen. Kürbis zum Beispiel und, noch schlimmer, die Quitte. Mir ging es so. Als ich noch klein war, wurde mir Kürbis süßsauer zu Gulasch mit Kartoffeln aufgetischt. Keiner, Schwester, Vater, Oma oder ich mochten das. Meine Mutter tat, als ob's lecker sei.
Später wilderte ich in benachbarten Gärten und auch sonstwo, einmal ging es mir um Birnen. Ich erwischte Quitten, biss hinein, ein danach Jahrzehnte währendes Trauma. Eklig diese knochenharten, an den Zähnen sich pelzig anfühlenden Biester.
Und sie sind doch so schön, beide, dieser feiste orangene Kürbis, die goldene, ein wenig zartrot marmorierte Quitte!
Vor über einem Jahr zog ich in die Türkei, aß fremd, mein Geschmacksempfinden wurde reicher, ich probiere gern. Im Restaurant Mona Lisa in Turgutreis bestellte meine Frau, deren Name Feenkönigin bedeutet, zwei Desserts. Eines leuchtend hellrot, das andere irgendwie ocker, beide mit was Weißem drauf. Was ist das denn? “Iss”, spricht Perihan (Feenkönigin). Sie ist recht dominant.
Ich esse, zaudernd. Dann mit anschwellendem Genuss, andere Aromen! Weiches, Süßes, Cremiges zerdrücke ich mit der Zunge am Gaumen, beiße auf was Knuspriges. Ali ist der Wirt vom Mona Lisa, lächelt mich von der Theke aus an, zeigt den Daumen, "gut, ne?". Ein Quitten- oder Kürbiskomplott. Tücke. Manchmal, weiß ich, geht's wohl nicht anders.
Dünne Scheiben von der rohen Quitte nascht der gemeine Türke zum Raki, kommt aber für mich immer noch nicht in Frage. "Warrumm?", fragt Atila, ein guter Freund. Ich mag dieses Pelzige der Quitten an meinen Zähnen nicht. Was ich mag:
Süße Quitte (Ayva tatlisi)
Zutaten für 6 Portionen:
6 Quitten, 400 g Zucker, 600 ml Wasser, 1 Teelöffel Quittenkerne, Saft von 1 Zitrone und etwas Schalenabrieb, einige Nelken, 8 oder mehr Lorbeerblätter, 3 gehäufte EL gehackte Walnusskerne, 200 g Creme double.
Zubereitung:
Quitten schälen, halbieren, Kerngehäuse und holzige Teile herauskratzen, Blüte und Stiel entfernen. Ofen auf 180 Grad vorheizen.
Zucker und Wasser langsam aufkochen, etwa 15 Minuten, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Das ist dann Läuterzucker. Als Aromaten Zitronensaft, Lorbeerblätter, Zitronenschalen-Abrieb und die Nelken zugeben. Und die Quittenkerne, die sorgen später für die anmutige Röte der Quitten. Jetzt die Quitten-Hälften dazu geben. Alles weitere 10 Minuten ziehen lassen.
(Kleiner Ausflug. Läuterzucker kennen wir spätestens seit Patrick Süskind. Mit Läuterzucker werden Duftstoffe wie Aromen aus Blüten oder Früchten zur Parfum-Herstellung extrahiert. Nichts spricht dagegen, diesem speziellen Zucker auch einige essbare Blüten oder auch Orangen- oder Zitronenschale beizugeben. Den Rest vom flüssigen aromatisierten Zucker in ein sehr sauberes Schraubglas füllen. Mit dem lassen sich demnächst auch Salat-Dressings verfeinern oder mal wieder Quitten schmurgeln.)
Die Quittenhälften in eine flache feuerfeste Form legen und mit dem Sirup übergiessen. Auf der mittleren Schiene des Backofens etwa 45 Minuten bis eine Stunde garen, dann sind sie weich und schön hellrot. Gut abkühlen lassen.
Die Quittenhälften mit der Rundung nach unten auf Dessert-Tellern anrichten. In die Aushöhlung je 1 EL Creme double füllen, etwas Sirup angiessen, mit den gehackten Walnüssen bestreuen und das Dessert kalt servieren.
Auf dieselbe Art funktioniert das Dessert auch mit Kürbis statt Quitte. Dann reichen allerdings etwa 30 Minuten im Ofen, wobei das geschälte Kürbisfleisch vorher in Handteller große Stücke geschnitten werden sollte.
Mit getrockneten Aprikosen geht's übrigens auch.
Ausflug zum Kürbis
Es sollte hier um Desserts gehen, um ein süßes deutsch-türkisches kulinarisches Cross-Over, aber das Deutsche fehlt ja noch. Hier eine cremige Kürbissuppe, herzhaft-süß.
600 g Hokkaido-Kürbis, den man nicht schälen muss, nur würfeln, ebenso zwei rote Zwiebeln, zwei rote Äpfel. Alles in etwas Öl anschwitzen. Mit Gemüsebrühe ablöschen, eine Knoblauchzehe 20 Minuten mitkochen lassen. Mit dem Mixstab pürieren, salzen, pfeffern und einen Becher Sahne (ca. 200 ml) angießen. Alles weitere 5 Minuten köcheln, ohne Deckel. Würzen mit Sweet-Chilli-Chicken-Sauce (Asia-Laden), Madras-Curry, Salz, Pfeffer.
(Übrigens: mit weniger Brühe ist das auch eine klasse Sauce zu selbstmachten Ravioli, ganz nach Wahl gefüllt mit Ricotta, mit Kartoffelpüree, mit Pilzen jeder Art. Das sah ich so ähnlich auch online auf der Karte vom Restaurant Thiels in Berlin-Charlottenburg. Scheint ein Geheimtipp zu sein, auch wegen der liebevollen Preisgestaltung.)
Küchenjunge Jörn Kabisch, nebenbei stellvertretender Chefredakteur des Freitag, bekannte vor knapp einem Jahr seine Liebe zur Quitte. Das las ich gern. Hier nachzulesen:
www.freitag.de/alltag/0943-kochodergaertner-quitte-max-goldt
Kommentare 10
Lieber weinsztein,
das Kompliment muss ich zurückgeben. Und das Rezept unbedingt ausprobieren. Und falls was übrigbleibt, gebe ich die süßen Quitten mit den Walnüssen zum Salat, am besten mit Radicchio. Stell ich mir köstlich vor.
Grüße, JK
... genau so eine tolle Sache ist die Kornelkirsche - besonders die Marmelade aus Früchten oder Früchte wie Oliven sauer eingelegt - lecker...!
Liebe(r) apatit,
Marmelade aus Kornelkirschen werde ich ausprobieren, es gibt sie hier entkernt und getrocknet auf den Märkten. Kornelkirschen nutze ich übrigens als Würze in eingelegtem Gemüse, das uns - reich an Vitaminen - über den Winter hilft.
Oliven kenne ich salzig eingelegt, in Zitronensalz und u.a. in Wasser. Könnten Sie mir bei sauer eingelegten Oliven weiterhelfen?
Würde mich sehr freuen.
weinsztein
Endlich mal Leute mit Geschmack :-)
... die Kornelkirschen sollten noch etwas fest sein, leider sind sie jetzt zu reif und fallen schon oft alleine ab. Man legt sie ein so - wie wenn man Gurken,Zwiebeln,Tomaten usw. einmacht. So ein Gurkenaufguss (fertig) im 2 l Kanister geht auch. Auch mit Essig und Kräuter geht ganz gut, man sollte da etwas experimentieren. ( sicherlich geht das auch mit Zitronensalz ) Noch ein Tipp, Wild mit der Wunderfrucht, auch lecker und kommt immer gut bei den Gästen an, auch weil man sich wundert, was das für Früchte sind!
Dieses Jahr findet sich die Kornelkirsche bei Söbbeke in der "Herbstkollektion" wieder:
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hmmm - ein bischen steinpilz in die kuerbissuppe ergibt bei haeufigem genuss derselben eine rasante variante. es koennen ruhig getrocknete und wieder eingeweichte pilze sein.
... und der hokkaido laesst sich ubrigens bis zu einem jahr lagern ( trocken selbstverstaendlich im keller oder der vorratskammer) solange der stiehl nicht entfernt wird.
Als wir uns vor ein paar Jahjren ein Haus kauften, war das erste, was wir im kleinen Garten pflanzten ein Quittenbäumchen. Es trug in seinem ersten Jahr eine Quitte, in seinem zweiten Jahr überraschte es mit sage und schreibe 36 Riesenquitten – man kam mit dem Abstützen der spindeldürren Ästchen kaum nach. Letztes Jahr dann maßvolle 22, und heuer warten über 50 Goldschätze auf die Reife (ein paar Sonnentage dürften es schon noch werden). Wir entsaften meistens, kochen Gelee. Ein kräftiger Schuß Quittensaft macht aus kaltem, sehr trockenen Sekt einen höchst erfrischenden Durstlöscher ;-) Einige ausgewählte Quitten bleiben immer als duftende Deko im Wohnzimmer, bis sie dann im Rahmen von Koch-Experimenten dran glauben müssen und immer mal neue Noten in gewohnt geglaubte Gerichte bringen. Die diesjährige Ausbeute wird allerdings mit der von Bekannten zusammen- und dann einem befreundeten Destillateur zugeführt: Quittenbrand aus den eigenen Früchten. Schöne Aussichten!
Lieber Rene Artois,
das sind wirklich köstliche Aussichten.
Bewahren Sie vom Quittenbrand unbedingt ein Fläschlein auf fürs Kochmeeting der Freitag-Community!
habe in meinem garten ganz viel früchte der japanischen zierquitte und der stachellosen verwandten, der "nordischen-zitrone", die ich verarbeite,
etwas mühsam die schnippelei, doch lohnt sich, eine köstliche Süße.
Ein ganz anderer geschmack - apfelbeeren - herbsüß -
tolle sträucher, viele früchte, - toll als konfitüre, sehr gut in deftige soßen -
eine für mich neue entdeckung bei den leicht-zu-schneidenden kürbissen ist rondini - schmeckt jung wie eine würzige zucchini, hält sich ausgereift solange wie ein kürbis,
und sehr einfach zuzubereiten: in butterschmalz, mit vielen roten zwiebeln anbrutzeln, frisch geriebenen parmesan druff - und dann zu nudeln ...