Der Norden war wieder einmal schlauer und das Timing perfekt. In Beijing gibt es Vorbereitungen, die Verfassung zu ändern, damit Präsident Xi Jingping länger im Amt bleiben kann. In Washington freut sich Donald Trump auf „gute Handelskriege“, und in Pyongyang gibt es ein gesamtkoreanisches festliches Diner. Vier Stunden haben sie miteinander gespeist, sich gut unterhalten, auch Gattin und Schwester von Kim Jong-un saßen mit am Tisch. Alle bemühten sich um eine fast familiäre Atmosphäre.
Vorsichtiger Optimismus ist geboten, aber auf der koreanischen Halbinsel sieht es so hoffnungsfroh aus, wie lange nicht. Keine Tests mehr mit Raketen und Atombomben, solange die Diplomatie am Zuge ist; im April dann soll es eine Begegnung zwischen Kim Jong-un und dem südkoreanischen Staatschef Moon Jae-in an der Grenze, in Panmunjeom, geben. Bei den früheren Gipfeltreffen 2000 und 2007 reiste der Präsident des Südens in den Norden, nun wollen sie sich auf halber Strecke entgegenkommen und auf der südlichen Seite verhandeln. Findet das Treffen tatsächlich statt, käme erstmals ein Führer des Nordens in den Süden.
Wer hält dagegen?
Die Reaktionen in Korea und im Ausland sind Freude und Erleichterung, aber ebenso Skepsis und Ablehnung. Präsident Trump kann sagen, das alles hätten nur seine harte Haltung und die Sanktionen bewirkt. China und Russland können erklären, ihr Appell an die Vernunft habe dieses Annäherung zustande gebracht. Die Regierung im Seoul kann zu verstehen geben, ihre Politik einer flexiblen Beharrlichkeit habe gesiegt. Und die im Norden wird davon überzeugt sein, die Verbindung von nuklearer Stärke und Friedensliebe trage Früchte.
Die Opposition im Süden hält dagegen und teilt mit: Das hatten wir alles schon, die schwache Regierung macht gefährliche Konzessionen und dem Norden darf nicht vertraut werden. Japan denkt wohl ähnlich, hält sich aber erst einmal zurück. Europa ist erleichtert und hauptsächlich mit eigenen Problemen beschäftigt. Alle sollten sich zurückhalten und den beiden Staaten in Korea die Möglichkeit geben, erstmals eine gemeinsame Initiative auszuarbeiten. Deutschland, die skandinavischen Länder und andere, die in Korea und den USA Gehör finden, sollten ihre Unterstützung anbieten und zu einer umfassenden Regelung für Nordostasien ermutigen.
Moon Jae-in braucht Beistand
In diesem Konfliktkonglomerat ist Südkoreas Präsident Moon in der schwierigsten Position. Donald Trump hat ihm bedeutet, er solle, was Korea anbelangt, auf dem Fahrersitz Platz nehmen und greift ihm seither dauernd ins Lenkrad. Reaktionäre im Süden halten Moon für einen knieweichen verkappten Kommunisten, der dem Norden zu Diensten sein möchte. Der Norden verabreicht ihm Wechselbäder: Moon wird als Vasall der USA missachtet, dann wieder mit überraschenden Charme-Offensiven bedacht. Der Betreffende selbst warnt vor überzogenen Erwartungen und hat bisher klug und mutig agiert. Deshalb gilt es, ihn zu unterstützen und Donald Trump zu bremsen, denn letztlich kommt es sehr auf die USA an.
Keine kleinen Schritte
Die Regierung in Pjöngjang ist davon überzeugt, sie verfüge über eine kleine, aber funktionierende und glaubhafte nukleare Abschreckung. Sollte die äußere Bedrohung entfallen, wäre diese nicht mehr erforderlich, so jedenfalls haben die Gäste aus dem Süden ihre Gastgeber verstanden. Vom Norden zu verlangen, er müsse sich erst komplett entnuklearisieren, erst dann seien Gespräche möglich, das mag aus der Sicht der Trump-Administration alternativlos sein, wird aber kaum funktionieren.
Jetzt keine kleinen Schritte, sondern eine große Initiative: Seoul und Pjöngjang gemeinsam laden die USA und China zu Verhandlungen über einen Friedensvertrag ein; es wird keine Tests von nuklearen Sprengsätzen und Raketen mehr geben; die Streitkräfte der USA und der Republik Korea stellen ihre gemeinsamen Manöver auf koreanischem Territorium ein. Zum Beginn der Verhandlungen sollten die USA und Japan Vertretungsbüros in Pjöngjang eröffnen und den Norden einladen, vergleichbare Büros in Washington und Tokio einzurichten. Der Friedensvertrag garantiert territoriale Integrität. Hält der Norden sich nicht an Verabredungen, wird der Vertrag nicht ratifiziert und es kommt zu schärfsten Sanktionen.
Der Name des Ortes Panmunjeom kann mit „kleiner Laden beim Pan Tor“ übersetzt werden; früher war dort ein Dorf mit einem Geschäft. Sollte es zum Gipfeltreffen kommen, werden dort hoffentlich nicht Krämerseelen um Details feilschen, sondern weitsichtige Persönlichkeiten gemeinsam einen mutigen Schritt in die Zukunft verabreden.
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