Ist aufgeschoben gleich aufgehoben?

Syrien Obamas Rückzieher ist vor allem eine Zeitgewinn für Assad - doch wie wird er ihn nutzen? Ein Blick in die Zukunft

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Ist aufgeschoben gleich aufgehoben?

Foto: Alex Wong/Getty Images

Nun hat sich Obama also doch anders entschlossen. Nach dem Korb, den er sich bei seinem bislang treuesten Verbündeten geholt hat, ist das Eingreifen des Westens in Syrien auf unbestimmte Zeit verschoben. Die bisher von ihm bevorzugte Option (ein paar Tomahawks auf....ja worauf eigentlich??) ist militärisch völlig sinnfrei und politisch allenfalls gesichtswahrend (wenn überhaupt). Sie konnte also glücklicherweise niemanden überzeugen. Für alles andere gibt es nirgendwo den politischen Willen. Hier bleibe ich bei meinem Statement vom 24.08: "Die Interventionsbereitschaft des Westens sich (nach den blutigen Nase in Afghanistan und im Irak) auf etwas Ausbildungshilfe, Waffenlieferungen und im Höchstfall einige wen auch immer unterstützende Spezialkräfte beschränkt. Ich sehe keine westliche Bereitschaf, eine Interventionstruppe in sechsstelliger Kopfzahl nebst Luftwaffe und Marine auf die Beine zu stellen."

Wie wirkt sich Obamas Rückzieher aus?

Gewinner ist zunächst Assad - er gewinnt Zeit. Optimisten werden jetzt hoffen, er wird sie nutzen, indem er sich und seinen Führungskreis mäßigt, Signale des guten Willens an die UN, die Weltgemeinschaft und vielleicht sogar an die Rebellen sendet und sich an den Verhandlungstisch setzt. Damit könnte er es schaffen, dem Schicksal eines Muammar - al Gaddafi zu entgehen. Doch was dann? Weiter regieren, als ob nichts gewesen wäre? Exil in Russland? Wohl kaum. Das würde ihn retten, aber seinen Unterstützern würde das wenig nützen, denn dass im Anschluss an den Krieg ein innersyrischer Aussöhnungsprozess in Gang kommt, ist wohl mehr als unwahrscheinlich.

Die Pessimisten werden davon ausgehen, dass Assad militärisch vollendete Tatsachen zu schaffen versucht und die Offensive gegen die Rebellen, die ohnehin erste Erfolge aufzuweisen hat, weiter verstärkt und ohne Rücksicht auf Verluste fortsetzt - mit oder ohne Giftgaseinsatz.

Russland hat laut Medienberichten die Lieferung von Kampfflugzeugen an Assad unterbrochen, angeblich wegen Zahlungsschwierigkeiten; die britsche Resolutionsvorlage wurde nicht verworfen, sondern nur als "verfrüht" abgelehnt. Das klingt nach Bewegung in der russischen Position im Sicherheitsrat.

Erstmal die Inspektoren abwarten

Es spricht vieles dafür, dass der US - Kongress nach der Sommerpause dafür plädiert, die Ergebnisse der UN Inspektoren abzuwarten. Damit wäre zunächst der kleinste gemeinsame Nenner gefunden. Bis dahin hat sich die Frage nach einem militärischen Eingreifen vielleicht erledigt (in die optimistische oder die pessimistische Richtung). Ohnehin werden die UN Inspektoren sich zu keiner Vermutung hinreißen lassen, wer denn nun tatsächlich das Gas eingesetzt hat. Für ein westliches Eingreifen aus diesem Grund ist es dann zu spät.

Sehr wahrscheinlich ist, dass sich der Sicherheitsrat seine größte Besorgnis zum Ausdruck bringt und ansonsten in Passivität verharrt. Deswegen bleibe ich auch hier bei der Prognose vom 24.08.: "Deswegen werden wir uns wohl noch lange mit dem Syrienkrieg beschäftigen müssen und werden vermutlich dann erleben, wie die Islamisten (Muslimbrüder und härter) als "Sieger" vom Feld gehen."

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