Ukrainische Musik - Grüße aus dem Exil

Musik aus der Ukraine #3 In diesem Teil soll es um Musik gehen, wo die Musiker oder der Song aus der Ukraine stammen und es keiner mehr weiß.

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Am 10. Mai 1894 wurde Dimitri Tiomkin in Kremenchuk im Oblast Poltava geboren. Im deutschen Wikipedia steht, er war Russe, im englischen Wikipedia steht, er war Ukrainer. Suchts euch aus. Poltava gilt zumindest bei den Ukrainern als die ukrainischste Stadt. Was daran liegen könnte, dort lebte mit Ivan Kotlarevskyj der erste Schriftsteller, der Bühnenwerke auf Ukrainisch geschrieben hat. Zudem begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Poltava die Rückbesinnung auf die ukrainische Kultur, die auf dem Land gerade im Begriff war, auszusterben.

Wer den Western der ersten klassischen Generation Zwölf Uhr mitags High Noon aus dem Jahre 1952 sieht, dürfte kaum auf die Idee kommen, der Komponist stammt aus der Ukraine. Wer The Alamo hört, wer weiß, Tiomkin entstammt wie Shostakovich oder Lev Knipper der Generation der Komponisten an, die ihr Handwerk in St. Petersburg gelernt haben, versteht es schon besser. Stichwort Lev Knipper. Der Cousin von Olga Tschechowa schrieb das Kampflied der Komsomolzen in seiner 4. Symphonie, die als Polyushko pole (ab 3:10) wohl jeder kennt. Ach ja. Wer die Blues Brothers kennt - der Song Rawhide stammt auch aus der Feder von Tiomkin...

Summertime ist mit Abstand der größte Hit von George Gershwin. Das 1935 uraufgeführte Musical wurde zu einem der größten Evergreens des 20. Jahrhunderts. Hier in einer Version von Ella Fitzgerald. Ich kenne etwa 1000 Coverversionen dieses Songs und es wurde das am meisten gecoverte Lied überhaupt. Gershwin hörte das Lied 1928 von einem ukrainischen Chor. Und das ist im Original wirklich ein Volkslied, mit dem man kleine Babys in den Schlaf singt. Hier in einer Version von Kvitka Zisyk Ой ходить сон коло вікон, die als Kind ukrainischer Einwanderer in die USA leider viel zu früh verstarb.

Als dritten Ukrainer im Bunde für heute stelle ich Dmitry Bortnjanski aus Hluchiv (Oblast Sumy) vor. Seine bekannteste Komposition ist Kol slaven (Wie ruhmreich ist unser Herr in Zion). Dieses Lied war von 1857 bis zur Februarrevolution inoffizielle russische Hymne und schaffte es auch in den Großen Zapfenstreich mit dem Titel "Ich bete an die Macht der Liebe". Bortnjanski hatte einen enorm großen Einfluß auf die protestantische Kirchenmusik im 19. Jahrhundert. Kurioserweise wurde das Lied ursprünglich für ein Freimaurer-Gedicht komponiert.

Diese drei Beispiele zeigen auch, welch internationale Wege ein Lied oder eine Komposition nehmen kann.

Ach ja - wer den zweiten Teil vermissen sollte - den hat mbert übernommen.

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