Intelligente Übereinkunft statt Kompromiss

Perspektivwechsel Warum Kompromisse oft der falsche Ansatz sind.

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»Unter einem Kompromiss versteht man im Rahmen von Auseinandersetzungen zwischen zwei oder mehreren Parteien eine freiwillige Einigung, bei der in der Regel jede Seite auf einen Teil ihrer Maximalforderung zugunsten eines möglichen Mittelweges verzichtet. Dabei werden durch gegenseitige Zugeständnisse die unterschiedlichen Interessen so stark wie möglich berücksichtigt. Schafft man dies, spricht man von einem fairen Kompromiss. Geschieht dies allerdings unausgewogen zugunsten einer Seite, spricht man von einem faulen Kompromiss.

Kompromisse stellen in der mentalen und sozialen Entwicklung der Menschheit einen klaren Fortschritt in Bezug auf friedfertige Klärungen von Meinungsverschiedenheiten dar. Zum Beispiel würde Politik im Rahmen liberaler Demokratien und im Rahmen internationaler Politik nicht ohne Kompromisse funktionieren.

Interessanterweise wurde und wird zum Teil auch heute noch der Kompromiss nicht durchgehend als positiv bewertet. Es gab und gibt Kulturen, da gelten Prinzipienfestigkeit, Unnachgiebigkeit und Kompromisslosigkeit als erwünschte Charakterstärke. Noch heute wird in den USA der Kompromiss als etwas angesehen, bei dem alle Beteiligten verlieren, also als etwas Negatives.

In vielen anderen Kulturen wird der Vorteil für alle Seiten der am Kompromiss Beteiligten in den Mittelpunkt gestellt.

Begegnen sich Menschen mit der gesunden Haltung, „Leben und leben lassen!“, bemühen sie sich also um eine „Win-win-Situation“, bei der alle Beteiligten den größtmöglichen Nutzen haben, dann sind Kompromisse einhergehend mit gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Wertschätzung eine wertvolle bzw. eine unverzichtbare Grundlage von Kooperation.

Hinterfragt man Kompromisse allerdings einmal tabulos, so ist bei allen Vorteilen aber auch ein grundlegender Schwachpunkt zu erkennen: Häufig geht es an erster Stelle um das Zufriedenstellen der beteiligten Perso-nen und deren Interessen. Jeder möchte etwas bekommen, jeder möchte sein Gesicht wahren, niemand möchte am Ende als Verlierer dastehen, weil er auf zu viele seiner eigenen Ansichten und Forderungen hat verzichten müssen. Es geht also mehr um einen selber als um die Sache.

Im Zusammenhang mit der Praxis von globaler Intelligenz eröffnet sich aber ein neuer, wesentlich fortschrittlicher Umgang mit zwischenmenschlichen Einigungen: Statt um eine „Übereinkunft durch gegenseitige Zugeständnisse“ (s. Duden: „Kompromiss“) geht es dann um eine „intelligente Übereinkunft“, bei der ungetrübt die qualitativ bestmögliche Klärung der jeweiligen Angelegenheit im Fokus der Bemühungen steht und nicht länger die bestmögliche Zufriedenstellung Einzelner durch Zugeständnisse.

Wenn sich in diesem Sinne ein jeder uneigennützig in den Dienst der Sache stellt und im klaren Verständnis von Vielsichtigkeit und Globaler Intelligenz sein Wissen und seine Fähigkeiten konstruktiv in den Klärungsprozess mit einbringt, dann können umfassende Lösungen erzielt werden, die an Qualität alles Bisherige in den Schatten stellen.

Das ist die Art von Besonnenheit, von Vielsicht, Einsicht und Weitsicht, die im 21. Jh. zum Maßstab werden sollte, wenn man reell all die anstehenden elementaren Probleme so effektiv wie möglich angehen will.«

(aus: „ErkenntnisLandschaft, Vielsicht – Einsicht – Weitsicht“, S. 66, tredition 2020)

In der heutigen Zeit werden Lösungen im Sinne der jeweiligen Aufgabe und nicht im Interesse der beteiligten Egos dringend gebraucht.

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Geschrieben von

Insel-Banker

Es ist keine Kunst, Sand im Getriebe zu sein, aber es ist ein unschätzbares Vermögen, wichtige Entwicklungen mit anzutreiben.

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