Die Wende geht voran

Atomausstieg Japan folgt dem deutschen Beispiel und auch in Frankreich bereitet der Premier das Land auf die Abkehr von der Atomkraft vor
Anti-Atomkraft-Demonstration in Tokyo - die japanische Regierung zieht jetzt nach
Anti-Atomkraft-Demonstration in Tokyo - die japanische Regierung zieht jetzt nach

Foto: Toru Yamanaka/AFP/Getty Images

Anderthalb Jahre hat es nach dem Supergau von Fukushima gedauert, bis die japanische Regierung den tiefgreifenden Bewusstseinswandel in der Bevölkerung nachvollzog. Obwohl die Japaner nach dem Abwurf der amerikanischen Bomben auf Hiroshima und Nagasaki als einzige am eigenen Leib verspüren mussten, welche zerstörerische Urgewalt die Atomspaltung entwickeln kann, war die Gegnerschaft bis zum 11. März vergangenen Jahres marginal. Damals erzeugten die Meiler rund 30 Prozent des verbrauchten Stroms. Der Anteil sollte sogar auf über 50 Prozent gesteigert werden.

Erst die Reaktorkatastrophe in Verbindung mit einem katastrophalen Krisen- und Informationsmanagement brachten ein dauerhaftes Umdenken mit sich. Bis 2040 soll deshalb nach den Plänen der Regierung in Tokio der schrittweise Atomausstieg folgen. Kein weiteres AKW wird demnach gebaut, auch die Errichtung eines Schnellen Brüters nicht weiter verfolgt.

Ohnehin sind nur zwei von 50 Reaktoren, die nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami 2011 vom Netz genommen wurden, seither wieder in Betrieb gegangen. Die Energielücke wird derzeit über alte Kohle- und Gaskraftwerke geschlossen. Das kostet die Volkswirtschaft jährlich einen zweistelligen Milliardenbetrag in Euro, was wiederum die Wirtschaft gegen die ohnehin ungeliebte Regierung aufbringt.

Fessenheim wird dicht gemacht

Dennoch will Ministerpräsident Noda nun umsteuern. Mit der Energiewende sei schließlich auch ein ungeheurer Wachstumsschub verbunden, argumentiert sein Umweltministerium und stützt sich dabei auf das Beispiel der Deutschen. Deren – inzwischen – kompromisslose Linie nötigt den Japanern viel Respekt ab.

Aber nicht nur denen. Premier François Hollande bereitet auch Frankreich langsam auf die Abkehr vom Atom vor. Der älteste Meiler im grenznahen Fessenheim soll bis 2016 abgeschaltet werden. Schon bald sollen Windparks an der Atlantikküste gebaut, jährlich eine Million Häuser energetisch saniert und spritsparende Autos gefördert werden.

Die Kernkraftlobby verliert damit nach der Bundesrepublik zwei weitere wichtige Bausteine in ihrer Brandmauer gegen die Energiewende. Überdies werden seit Jahren mehr AKW dichtgemacht als errichtet, werden vollmundige Neubaupläne zur Makulatur und steigen die Kosten für begonnene Projekte überproportional. Ohne staatliche Hilfe könnten die Stromerzeuger keinen einzigen Reaktor mehr hochziehen.

Das deutsche Beispiel macht also Schule. Und das ist gut so.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Wolfgang Heininger

Der 53-Jährige war bereits mit 16 als Journalist tätig. Nach dem Studium kam er 1987 zur Frankfurter Rundschau. Zuletzt war er Nachrichtenredakteur.

Wolfgang Heininger

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden