Zahlt doch einfach!

Steuer-CD Nach dem Ankauf einer weiteren Steuer-CD in NRW herrscht wieder Parteienstreit. Dabei gäbe es für das ganze Problem eine simple Lösung
Weder blind stellen noch teure Berater nach Schlupflöchern suchen lassen, einfach Steuern zahlen
Weder blind stellen noch teure Berater nach Schlupflöchern suchen lassen, einfach Steuern zahlen

Foto: Fabrice Coffrini / AFP / Getty Images

Sie haben es wieder getan: Trotz des erhobenen Zeigefingers von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben die „bösen“ Ermittler aus Nordrhein-Westfalen im Auftrag der „bösen“ SPD-geführten Landesregierung weitere Steuer-CDs von „bösen“ Datendieben mit den Namen „armer Steuersünder“ akquiriert. Und die wissen sich schon nicht mehr anders zu helfen, als ihr Schwarzgeld von der Schweiz nach Fernost zu transferieren, um den Klauen der deutschen Finanzämter zu entkommen. Auch das Leben der noch so Reichen ist nicht mehr frei von Sorgen.

Es ist arg weit gekommen in Deutschland, wenn schon seriöse Medien den Steuerbetrügern Tipps für eine Selbstanzeige geben müssen. Dass die NRW-Fahnder auch keine Ruhe geben und sich, den Rügen von CDU und FDP zum Trotz, weitere Datenträger besorgt haben, das ist schon eine Gemeinheit. Kein Wunder, dass es den Vermögenden den Angstschweiß auf die Stirn treibt. In den vergangenen zwei Jahren haben sich schon mehr als 6.000 womöglich auf Silberscheibe gebrannte Existenzen schuldbewusst auf die Brust geklopft und ihren Obolus samt einer Geldbuße entrichtet, um einer Verurteilung zu entgehen.

Auch die anderen profitieren

Auf rund zwei Milliarden Euro sollen sich die Mehreinnahmen des Staates belaufen, weil die Justiz inzwischen genauer hinschaut, dazu noch 200 Millionen von Geldinstituten, die sich nicht auf der Anklagebank oder am öffentlichen Pranger wiederfinden wollten. Steuernachzahlungen und Geldbußen landeten dabei noch nicht einmal ausschließlich in den Düsseldorfer Kassen, sondern kamen sowohl dem Bund als auch den Ländern zugute.

Und doch erhebt sich jedes Mal ein Sturm der Entrüstung, wenn ein Millionenbetrag eingesetzt wird, um die – zugegebenermaßen illegal operierenden – Informanten zu entlohnen. „Wer auf Datendiebstahl setzt, handelt in einer politischen und rechtlichen Grauzone“, beschwert sich etwa der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Steffen Kampeter (CDU). Und Unions-Finanzexperte Klaus-Peter Flosbach springt ihm bei: „Steuerhinterziehung muss unnachgiebig verfolgt werden. Aber was NRW macht, ist nicht in Ordnung.“ Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), letztlich auch einer der Profiteure der Ermittlungen, und FDP-Generalsekretär Patrick Döring schimpfen gar auf die „populistischer Parteitaktik“ der rot-grünen NRW-Regierung.

Ziemlich empfindlich

Solche Empfindlichkeiten verwundern nicht. Sehen doch die Vertreter von Schwarz-Gelb, dass es ihnen SPD und Grüne vormachen, wie Geldflüsse in die Schweiz verstopft und Verursacher zur Rechenschaft gezogen werden. Sie selbst klammern sich dagegen an ein windelweiches Abkommen mit dem Bankenstaat, das vor Schlupflöchern nur so strotzt, das Steuerbetrüger mit lächerlichen Nachzahlungen davonkommen lässt und im Bundesrat ohnehin keine Chance mehr hat.

Nicht zu Unrecht forderte der SPD-Finanzexperte Joachim Poß den Bundesfinanzminister auf, er dürfe nicht „wie ein bockiges Kind den Ankauf von Steuer-CDs ablehnen, nur weil dadurch die großen Mängel seines Steuerabkommens deutlich werden“.
Zumal sich die Dimensionen des Betrugs immer mehr weiten, weil die Schweiz für die Steuerverkürzer wohl keinen sicheren Hafen mehr darstellt.

Nach Fernost verschoben

Von dort aus soll das Schwarzgeld offenbar vermehrt an asiatische Finanzplätze wie Singapur, Hongkong oder Malaysia verschoben werden, womöglich sogar mit Unterstützung durch die Eidgenossen. Das jedenfalls wirft NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans den Geldinstituten vor. So soll eine der angekauften Daten-CDs Schulungsmaterial eines der weltweit größten Vermögensverwalters UBS mit Sitz in Zürich und Basel für „eine steueroptimierte Anlage“ enthalten, zugeschnitten auf die deutschen Kunden.

Wie wäre es denn damit? Einfach Steuern zahlen, statt teure Berater zu beschäftigen, die nach Schlupflöchern und Finanzparadiesen suchen. Der Gesellschaft den gebührenden Anteil zukommen lassen, damit ein geordnetes Staatswesen funktionieren kann. Mit Infrastruktur und Bildungswesen, das ihnen erst den Weg zu ihrer jetzigen Stellung ermöglicht hat. Also einfach Steuern zahlen. Dann müssen sie auch keine Angst mehr vor dem Fiskus haben.

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Geschrieben von

Wolfgang Heininger

Der 53-Jährige war bereits mit 16 als Journalist tätig. Nach dem Studium kam er 1987 zur Frankfurter Rundschau. Zuletzt war er Nachrichtenredakteur.

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