Die Bremer Grünen hatten für ihre Wahlparty den richtigen Ort ausgesucht: den Schlachthof. Zum ersten Mal nach langer Zeit musste die Partei bei einer Landtagswahl wieder herbe Verluste einstecken. Da lag es nahe, mit dem Finger auf Berlin zu zeigen.
Die Wut der Bürger über eine wenig durchdachte „Zwangsmodernisierung“ ihrer Heizungen und die Amigo-Affäre um den „Graichen-Clan“ in Robert Habecks Wirtschaftsministerium hätten das Ergebnis mitverschuldet. Das ist nicht falsch, aber ein Großteil der Ursachen ist doch hausgemacht. Die Grünen verwalten in Bremen seit 16 Jahren das Verkehrs- und das Finanzressort. Passiert ist in Sachen Verkehrswende aber fast nichts. Noch immer ist der öffentliche Nahverkehr lückenhaft und schlecht getaktet, noch immer fahren zu viele mit dem Auto in die Innenstadt. Andere Großstädte sind längst weiter.
Kritik an Maike Schaefer
Das Mega-Ministerium der grünen Spitzenkandidatin Maike Schaefer umfasste neben dem leidigen Thema Verkehr auch noch Klimaschutz, Umwelt, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Auch in diesen Ressorts ging wenig voran. Kein Wunder, dass über Schaefers „Nix passiert-Ressort“ gespottet wurde. Irgendwann erhält man dafür die Quittung. Einen Tag nach der Wahl zog Maike Schaefer Konsequenzen und kündigte ihren Rücktritt an.
Die Kritik am Wahlverlierer verdeckt jedoch ein zweites, nicht minder interessantes Resultat: das extrem unterschiedliche Abschneiden der Linken. Während die Linkspartei in Bremen ihr Ergebnis fast halten konnte – aufgrund einer bis weit ins bürgerliche Lager als „pragmatisch“ gelobten Wirtschafts- und Sozialpolitik – musste sie in Bremerhaven einen Dämpfer hinnehmen. Dort erreichten die Linken mit sechs Prozent nur die Hälfte des Bremer Ergebnisses.
Vor allem in den sozialen Brennpunkten, im Goethequartier, dem „ärmsten Stadtteil Deutschlands“ (Bild), räumten die rechtspopulistischen „Bürger in Wut“ (BiW) zweistellig ab; in den Hafenvierteln im Norden und Süden wurden sie mit bis zu 36 Prozent sogar stärkste Kraft. Ein hoher Ausländeranteil, hohe Arbeitslosigkeit, hohe Verschuldung der Privathaushalte und verfallende Schrott-Immobilien sorgten hier – wenn überhaupt gewählt wurde – für eine ausgesprochene Protestwahl. In Bremerhaven zeigte sich, welches Stimm-Potenzial eine Liste Wagenknecht abholen könnte.
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