Das Netz des Lebens - Gesetz der Iroquois

Einladung und mehr - Wie kann der Mensch sein Eingreifen in die "Natur" im Sinne einer Heilung und Rettung legitimieren?

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Autonomes Seminar an der Humboldt-Universität zu Berlin – seit 1998 - Das Autonome Seminar wird ehrenamtlich organisiert und ist offen für alle.

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eMail: autonomes.seminar@t-online.de - http://autonomes-seminar-humboldt.webs.com/

Berlin-Pankow, den 29. Januar 2013

Einladung zur Vortragsreihe „Inobhutnahme von Welt und Erde“

Elke Dürr spricht zum Thema (mit Diskussion):

Das Netz des Lebens - Gesetz der Iroquois Confederation: Was immer wir auch in Erwaegung ziehen zu tun, lasst uns die Auswirkungen, die es auf die naechsten 7 Generationen nach uns haben wird, beruecksichtigen.

Abstract: Der Mensch ist kein allein in sich stehendes Wesen, sondern ist vielmehr fest im Netz des Lebens verankert. Wir alle sind miteinander und mit allen Lebewesen auf der Erde verflochten. Deshalb ist es angesagt, dass wir alle unsere Entscheidungen im Sinne des Wohlergehens aller Menschen, unserer Erde, ihrer Tiere, Pflanzen und Mineralien treffen.

Was tun im Augenblick verschiedene Gruppen, Verbaende, gemeinnuetzige Vereine, Kuenstler, Individuen und Firmen fuer unsere Erde, ohne dass gross in den Nachrichten davon berichtet wird? Was verbessert sich im Moment und wo sind wir aktiv dabei, einen positiven Einfluss auf die Zukunft unserer Erde zu nehmen? Was koennen SIE tun, damit wir die Erde in einem gesuenderen Zustand an die naechsten Generationen weiter geben koennen?

Donnerstag, den 31.Januar 2013, 18:00 c.t. – 20:00 Uhr,

Seminargebäude der Humboldt-Uni, Invalidenstraße 110, Raum 293 – (beim U6-Bf Naturkundemuseum)

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Dieser Vortrag geht ans Eingemachte; d.h. an die Frage, ob und wie der Mensch legitimieren kann, Hüter des Seins als Ganzes und als Teil zu sein. Ein paar Anmerkungen hierzu weiter unten.

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- Vorschau auf den Lektürekurs „Die Frage nach dem Nichts“

"...jenes Nichts, das wir wie die Kinder das Finstere fürchten..." –

Arthur Schopenhauers Zugang zum Nichts

Wir lesen A. Schopenhauer, “Die Welt als Wille und Vorstellung, Band I, 4. Buch, § 71 – Der Schopenhauer-Text kann unter autonomes.seminar@t-online.de angefordert werden.

Im Abendland konnte der horror vacui, die Angst vor einem absoluten Nichts jahrhundertelang nicht um sich greifen, weil Raum und Zeit erfüllt waren vom unversehrten Sinngewebe des christlichen Glaubens, in dem das Nichts nur als ein relatives eingeflochten war, als ein abgegrenzter Teil der Welt: als Hölle - zwar schaurig genug, um selbst Könige zu ängstigen, doch ohne die Macht, zu lähmen, handlungsunfähig zu machen. Als aber der Glaube unglaubwürdig wurde, schlug die Stunde der Melancholie, des Sinnesorgans für das absolute Nichts. Wir werden der Bedeutung der schopenhauerschen Philosophie für diesen Umbruch nachgehen…

Do, 7.2.2013, 18:00 bis 20;00 Uhr - Ort wie oben:

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- Vorschau: Kirsten Reuther: „Osteopathisches Yoga oder Yoga für Eingerostete Denker“

Etymologisch geht das Wort Yoga auf Joch zurück. Der Yogi befindet sich, während er Yoga praktiziert, „unter demselben Joch wie das Göttliche“ und verbindet sich mit ihm. (Religio hat übrigens dieselbe Wortbedeutung und als kulturelle Praxis, genau wie Yoga, nichts mit einer mangelhaften Form von Vernunft zu tun.) Yoga bedeutet aber auch, und auf der ersten Bedeutung aufbauend, dass der Yogi in seine wahre menschliche Existenz findet und nach ihr zu leben versteht. Die Osteopathie versteht den Körper als umfassend vernetztes Steuer- und Regelsystem. Ziel einer osteopathischen Behandlung ist es, die Funktionen des Nerven- und Hormonsystems wieder in ein Gleichgewicht zu bringen, damit gerade die Körper der zivilisierten Bewegungsmuffel Impulse für Heilung in Gesundung wandeln können. Renate Czech hat nun diese beiden Praktiken kreativ verbunden. Seit 2 Jahren besuche ich den osteopathischen Yogakurs bei ihr und kann Grundübungen, die sich zur täglichen Anwendung eignen, an Interessierte weitergeben. Ich biete dies gerade für diejenigen als Ausgleich an, deren Leben sich primär lesend und schreibend und wenig körperbetont ereignet. Allerdings öffnet gerade Yoga über körperliche Spannung und Entspannung den Geist für neue Erfahrungen. Alles in allem geht es also um eine neue Erfahrung von Ganzheitlichkeit.

Do, 14. Februar 2013, 18:00 - 20:00 Uhr - Ort wie oben

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Anmerkungen zur Veranstaltung von Elke Dürr: „Das Netz der Erde“

Meines Erachtens stellt sich folgende Grundfrage: Wie legitimiert der Mensch sein Eingreifen in die „Natur“ im Sinne einer Heilung und Rettung oder im Sinne einer Ausbeutung und Unterwerfung oder in beiderlei Gestalt?

Das Abendland legitimierte seine Ausbeutung der Natur durch den Auftrag JHWEs an die soeben von ihm als Mann und Frau geschaffenen Menschen. Ich zitiere:

(28) „Und Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie untertan, und herrscht über die Fische des Meers und über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf der Erde regen.

(29) Und Gott sprach: Seht, ich gebe euch alles Kraut auf der ganzen Erde, das Samen trägt, und alle Bäume, an denen samentragende Früchte sind. Das wird eure Nahrung sein..

(3) Und allen Wildtieren und allen Vögeln des Himmels und allen Kriechtieren auf der Erde, allem, was Lebensatem hat, gebe ich alles grüne Kraut zur Nahrung. Und so geschah es.

(31) Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut. Und es wurde Abend, und es wurde Morgen: der sechste Tag.“ Die Bibel, Erstes Testament, Genesis, 1, 28-31 – Zürcher Bibel)

Zweifelsohne hat der Ursprungsmythos des Abendlandes den Menschen nicht neben die „Natur“, sondern als Herrschergestalt in die Natur hineingestellt.

Wenn nun der Mensch nicht außerhalb der „Natur“ steht, sondern Teil der Natur ist, dann sind seine Handlungen immer schon „natürlich“ –ob konstruktiv-behütend oder destruktiv-ausbeutend. Er rettet und vernichtet sozusagen als besonderes Naturwesen. Ausrottung und Inobhutnahme wären dann einfach nur Teil des ganz normalen evolutionären Prozesses. Keine Seite des Menschlichen könnte die andere anklagen. Die Anklage selbst fiele unter die Reaktionsmuster des Naturwesens Mensch.

Nach dem Tode Gottes in der Aufklärung wurde dieser Herrschafts-Auftrag umstandslos verweltlicht und unter kapitalistischen Verhältnissen auf die Spitze getrieben. Der Mensch inszenierte sich nun aber –als Nachfolger Gottes- außerhalb der Natur als deren Schöpfer und Beherrscher.

Diese menschenbezogene (anthropozentrische) Sicht hat zwei Seiten: Eine „rechte“ kapitalistische Verwertungsseite (die Natur als auszubeutende Kapitalressource), aber auch eine links-grüne Seite (die Natur als das, was der Ausbeutung entzogen und wiederhergestellt werden muss).

Das heißt: Die links-grüne Legitimationsstrategie besteht darin, im Menschen den Hüter eines „ursprünglichen Gleichgewichts der Natur“ zu sehen. Diese statische Sicht sei aber realitätsfern und würde nur eine „grüne“ Variante eines gesteigerten Anthropozentrismus ausdrücken, so Neal Ascherson in:

http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=ku&dig=2009%2F03%2F28%2Fa0155&cHash=3e692e2c3c8455c6ae22af5a2e770284

T. Coraghessan Boyle hat genau diese links-grüne Legitimation menschlichen Eingreifens zum Zwecke der Wiederherstellung einer ursprünglichen Balance der Natur in seinem letzten Roman: „Wenn das Schlachten vorbei ist“ thematisiert.

Der Roman zeigt eine erbitterte, gewalttätige Auseinandersetzung zwischen Umwelt- und TierschützerInnen. Es geht um die Frage, ob der Mensch berechtigt ist, abertausende Ratten, Truthähne und Schweine auszurotten, die durch den Menschen auf die nördlichen Santa-Barbara-Inseln (California, USA) gelangt sind und dort die ursprüngliche Flora und Fauna bedrohen und ausrotten.

Erst einmal setzen sich die UmweltschützerInnen durch, die das „ursprüngliche Gleichgewicht“ wiederherstellen wollen. Der Preis dafür ist ein wahres Blutbad, sind abertausende auf grausamste Weise getötete Raten, tausende abgeschossene Schweine, und als nächstes sind die Truthähne dran.

Die TierschützerInnen „rächen“ sich dadurch, dass sie (erfolglos) die Ratten retten wollen, (erfolgreich) Waschbären aussetzen und (erfolgreich) Klapperschlangen auf die Inseln bringen. Der Ausgang bleibt offen.

Der Roman, der für keine Seite Partei ergreift, hat mich tief erschüttert, weil er die Ausweglosigkeit beider Vorhaben zeigt.

Jonathan Franzen erzählt in seinem Roman „Freiheit“ von einem Umweltschützer Walter, der sich den Schutz der Vögel zur Aufgabe gemacht hat. In den USA fressen 75 Millionen Hauskatzen pro Tag eine Million Singvögel, jährlich also 365 Millionen Singvögel. Seine Forderung war: Alle Katzen müssen rund-um-die-Uhr und rund-ums-Jahr in den Wohnungen eingesperrt bleiben. Um eine bedrohte Vogelart, den Pappelwaldsänger, zu retten, kooperiert er mit Kohlesyndikaten, lässt Menschen aus den Schutzgebieten umsiedeln, und alles gipfelt in einer Bewegung gegen die Vermehrung des Menschen.

Zum selben Problem fordert soeben in der wirklichen Wirklichkeit der Ökonom und Umweltschützer Garreth Morgan ein „katzenfreies Neuseeland“. Auf 4,4 Millionen EinwohnerInnen kommen dort nämlich 1,1 Millionen Katzen, die an der Ausrottung von 9 einheimischen Vogelarten beteiligt waren.

Garreth fordert die Tötung streunender Katzen, die Einsperrung und Kastration von Hauskatzen, deren Nichtersetzung nach ihrem Tod sowie die Registrierung der Katzen und das Einsetzen eines Mikrochips in den Katzenkörper. Garreth wird dafür als „Tierrassist“ beschimpft. Fundstelle:

http://www.nzz.ch/aktuell/panorama/kiwis-kaempfen-fuer-die-katz-1.17962957

Und noch ein drittes Beispiel für ein „gutgemeintes“ menschengemachtes Eingreifen:

In Tasmanien (Australien) ist lange schon der Tasmanische Beutelteufel vom Aussterben bedroht. 60 bis 80% der ursprünglichen Population von 130.000 bis 150.000 Beutelteufeln verstarb bereits an einem mysteriösen Krebsgeschwür.

Um den Beutelteufel zu retten, hat man begonnen, ihn auf der Tasmanien vorgelagerten Insel Maria Islands auszusetzen. Dort lebt aber von alters her der Wombat, der über keine Möglichkeit verfügt, den Beutelteufel als „Fressfeind“ zu erkennen. Er wird somit dessen sichere Beute. Fundstelle:

http://www.nzz.ch/aktuell/panorama/krebs-bedroht-den-tasmanischen-teufel-1.17959095

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- Einladung zum Politischen Gesprächskreis der Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg im Rathaus Schöneberg

Wir treffen uns alle 14 Tage im Schöneberger Rathaus und thematisieren das, was uns alltäglich politisch bewegt. Wie wirken sich große und kleine Krisen, Katastrophen, aber auch geglückte Neuerungen und hoffnungsfrohe Auswege auf unser aller Leben aus? Welche Nachrichten erschrecken, welche erfreuen? Wo könnten sich Lösungen und Auswege zeigen? Und ganz spannend: Wie würden wir entscheiden, wenn wir Regierungsverantwortung hätten? Die Themenvielfalt wird von den Anwesenden bestimmt, wobei wir auf die Balance zwischen globalen, deutschland- und berlinpolitischen Themen achten. Und auch an 'vergessene Ereignisse' wird erinnert.

Kursnummer: TS10.02B - Kursleiter: Ratzel, Wolfgang

Acht Treffen, vierzehntäglich à zwei Stunden

Entgelt: 27.50 EUR (pro Treffen also 3,44 Euro)

Ermäßigt: 15.75 EUR (pro Treffen also 1,97 Euro)

Ort: Rathaus Schöneberg, 10825 Berlin, John-F.-Kennedy-Platz, Raum 1114

Beginn: Dienstag, den 12.2.2013, 15:00 bis 17:00 Uhr – danach 14täglich jeweils Di am:

12.02., 26.02., 12.03., 9.04., 23.04., 7.05., 28.05. und 11.06.13 – jeweils 15:00 - 17:00

Anmeldung: www.vhs-tempelhof-schoeneberg.de - und: www.vhs.berlin.de

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ciao, Wolfgang Ratzel

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Wolfgang Ratzel

Aus einem drängenden Endbewusstsein entsteht der übermäßige Gedanke an einen anderen Anfang.

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