Denkergebnisse und Orientierungspunkte

Worum geht es? - Hinauskommen über das Wertdenken - Hinauskommen über den Subjekt-Menschen - Hinauskommen über das Macht-ergreifen-wollen - Hinauskommen über den Geist der Rache.

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Autonomes Seminar an der Humboldt-Universität zu Berlin – seit 1998 - Das Autonome Seminar wird ehrenamtlich organisiert und ist offen und entgeltfrei für alle.

Verantwortlich und Infos: Wolfgang Ratzel, Tel. 030-42857090

eMail: autonomes.seminar@t-online.de - http://autonomes-seminar-humboldt.webs.com/

Sommer-Kürzestinfos vom 30. Juli 2013

NEU: Osteopathisches Yoga ab sofort auch in der vorlesungsfreien Zeit! Und zwar wöchentlich ab nächsten Donnerstag, den 1. August 2013, wie gewohnt um 17:00 bis 18:00 Uhr im Raum 293 des Seminargebäudes der Humboldt-Universität in der Invalidenstraße 110 (Nähe U-Bf Naturkundemuseum)

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Als Vorbereitung unseres Vorbereitungstreffens (das noch nicht terminiert ist), versuche ich, die Denk-Ergebnisse der letzten Semester kürzestmöglich zusammenzufassen und frage, ob nachfolgende Orientierungen unseres Denkens und Handelns plausibel auf den Punkt gebracht sind?

Ich habe bewusst die Worte „uns“ und „wir“ weggelassen, weil die Vielfalt unserer Motive und Herangehensweisen dies verbietet. Meines Erachtens kann allenfalls von mehr-oder-weniger starken Zuneigungen zu den folgenden acht „Es-geht-um ...“ gesprochen werden, unterhalb derer auch Abneigungen verbleiben.

(1) Es geht vor allem und in allem um ein Hinauskommen über das Wertdenken, d.h. um ein Hinauskommen über eine nutzen-orientierte Logik von Wert- und Unwertsetzungen, die das, was sie für wertvoll erachtet, zwecks Aneignung produktiv entfaltet, aber das, was ihr nicht nützt, für minder-wertig, wertlos oder gar (lebens-)unwert erklärt und verwahrlosen lässt, ja sogar vernichtet.

Aber wohin hinauskommen? - in ein Offenes, das mit „Seinsdenken“ als „ewige Wiederkehr des Gleichen“ angedeutet werden kann?

(2) Es geht um ein Denken, das den Standpunkt der Subjektivität überwunden hat. Nicht der Mensch ist der Herr, Grund, das Maß und die Mitte des Seins, denn der Mensch wird aus dem Sein gegründet. Aber wohin hinauskommen? Wiederum in ein Offenes, das mit der Orientierung auf eine Inobhutnahme von Erde und Welt vage angedeutet werden kann.

(3) Es geht um eine Spurensuche ...

- nach Andockpunkten in der Geschichte der Philosophie, die das Moment der Überschreitung des Wertdenkens und der Ideologiekritik in sich tragen.

- nach Andockpunkten in der Geschichte der Lebensweisen und Lebensformen, die das Moment der Überschreitung des wert- und unwertsetzenden Subjektivismus in sich tragen; wie z.B. die vormoderne und moderne Waldgängerei, das vormoderne Klosterwesen, vormoderne und moderne sozial- und kulturrevolutionäre Communen, spätmoderne Platz- und Landbesetzungen u.v.m.

(4) Es geht um die Erlösung vom Geist der Rache. (Diese von Nietzsche ins Spiel gebrachte Erlösung thematisiert Heidegger in:„Was heißt Denken?“)

Auf dem Spielfeld des Politischen ...

(5) geht es um das Hinauskommen über jene vom Wertdenken geleitete Biopolitik der Macht (Foucault), die –je nach den Machterhaltungs- und -steigerungszwecken der konkurrierenden Herrschaftszentren- immer nur unterscheiden kann zwischen den Strategien und Handlungsoptionen: Leben machen, leben lassen, sterben lassen und sterben machen; die immer nur unterscheiden kann zwischen Ganz-Entbehrlichem, Halb-Entbehrlichem und Unentbehrlichem.

(6) geht es um ein Hinauskommen über eine Politik, die sich als Fortsetzung des Kriegs mit anderen Mitteln versteht; die den „Frieden“ immer nur als ein vorübergehender Sonderzustand des Kriegs begreift, der immer schon unter der Oberfläche eines scheinbaren Friedens wartet.

(7) geht es um das Hinauskommen über die Logik eines Widerstands, der sich immer nur als Abwehr und Aufhalten von Zumutungen der Machtverhältnisse begreift; der immer nur den Status quo ante (d,h. den Zustand, in dem das Bedrohte vorher war) erhalten und zu seinen Gunsten verbessern will.

(8) geht es um das Hinauskommen über die Logik der Umkehrung der Machtverhältnisse, die sich an der Perspektive der Machtergreifung, der Eroberung der Macht oder des schlichten Regierungswechsels orientiert; d.h.: „Eine Umkehrung der Macht interessiert uns nicht!?“

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Offene Vorbereitungs-Fragen

(1) Welche Lektüre wird im Mittelpunkt stehen?

Jan hat Martin Heidegger: „Was heißt Denken?“ vorgeschlagen. Das Reclam-Heftchen ist zwar vergriffen, aber antiquarisch erhältlich ab 2,60 Euro plus 3 Euro Versandkosten; außerdem liegt eine mit viel Aufwand erstellte pdf-Datei vor.

Thomas W. hat Auszüge aus: Martin Heidegger „Überwindung der Metaphysik“ vorgeschlagen (was mit Jans Vorschlag kombiniert werden könnte)

(2) Wie geht es weiter mit der Reihe „Macht und Widerstand“ (in memoriam Nietzsche-Heidegger-Foucault)? – insbesondere mit der Frage nach einer adäquaten Antwort auf die neue Kriegs- und Aufstandsbekämpfungsstrategie Kill or Capture bzw. Find-Fix-Finish?

(3) Wie geht es weiter mit unserer Reihe „Ideologiekritik“? Nach der Entzifferung des Stalinismus als Nihilismus stünden die Entzifferungen des Nationalsozialismus, des Liberalismus und Demokratismus auf der Tagesordnung. Im Hintergrund wartet dann noch die Ideologie des Anarchismus auf eine nähere Betrachtung.

(4) Wie veranstalten wir unseren Versuch einer Antwort auf die Frage, ob Heidegger und Nietzsche „Nazi-Philosophen“ waren? Oder umgekehrt: Wurde Nietzsche von den Nazis missbraucht? Kann das Denken Heideggers -insbesondere nach der Niederlegung seines Rektorats- als eine Fundamentalkritik des Nationalsozialismus bezeichnet werden?

(5) Wie geht es weiter mit der Reihe „Inobhutnahme von Erde und Welt“?

(6) Wie könnten wir die oben genannten Spurensuchen veranstalten?

(7) Wie geht es mit unserer Internetpräsenz und dem Organisatorischen weiter?

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Det Janze noch einmal kurz und bündig: Es geht um das ...

- Hinauskommen über das Wertdenken als Logik von Wert- und Unwertsetzungen.

- Hinauskommen über die Philosophie der Subjektivität und den Subjekt-Menschen.

- Hinauskommen über eine wertgeleitete Biopolitik von Macht und Widerstand.

- Hinauskommen über den Geist der Rache.

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Heisse Sommergrüße! – ciao - Wolfgang Ratzel

(P.S.: Vielen Dank für die vielen Fundstellen; ich versuche sie nächstens weiterzugeben)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Wolfgang Ratzel

Aus einem drängenden Endbewusstsein entsteht der übermäßige Gedanke an einen anderen Anfang.

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