Nietzsches Zugang zum Nichts -

- Lektürekurs - "lieber will der Mensch das Nichts wollen, als nicht wollen..." Von der Verneinung des Willens zur "Wiederkunft des Gleichen"

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Autonomes Seminar an der Humboldt-Universität zu Berlin – seit 1998 - Das Autonome Seminar wird ehrenamtlich organisiert, ist entgeltfrei und offen für alle.

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Berlin-Pankow, den 18. Februar 2013

Neu ab Donnerstag: Die Einheit von Denken und Üben wird möglich!

Am letzten Donnerstag kamen zu Kirstens Yoga-Übungen acht Übende. Ihr osteopathischer Yoga hilft, “sich in der Willenverneinung zu üben“ und „sich an die Vorhöfe des relativen Nichts heranzutasten“ (Kirsten Reuther). Unser schlussendliches „Versinken“ in der Erde war so gründlich, dass niemensch auf die Idee kam, eine Münze in die Blaue Spendendose zu werfen. Die geldl-vermittelte Welt war viel zu weit weg. Wir alle waren woanders angelangt. Unter dem Eindruck der Übungen entstand der Konsens, sich vor jeder Lektüre eine halbe Stunde lang unter das Joch des ostheopatischen Yoga zu begeben. Auf diese Weise gehen wir ab sofort zweidimensional an die Frage nach dem Nichts heran: Auf der Ebene des Denkens und auf der Ebene des handelnden Übens.

Wer dabei sein will, möge pünktlich um 17:30 Uhr in den Raum 293 kommen. Ab 18:00 Uhr ist der Raum dann für die Lesenden offen; die Lektüre beginnt wie gewohnt um 18:15 Uhr.

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- Einladung zum Lektürekurs „Die Frage nach dem Nichts“

Wir werden mit der Schlussfrage der letzten Runde beginnen: Warum soll man nicht plötzlich und unvorbereitet sterben wollen? Und worin besteht eine gute Vorbereitung, wenn es keine Hölle mehr gibt? Nietzsche war mit Schopenhauers Antwort nicht zufrieden...

"lieber will der Mensch das Nichts wollen, als nicht wollen..." Von der Verneinung des Willens zur "Wiederkunft des Gleichen" - Nietzsches Zugang zur Frage nach dem Nichts

Die Lektüre wird von Jan Köttner verantwortet. Wir lesen F. Nietzsche, ausgewählte Passagen aus „Also sprach Zarathustra“ und „Zur Genealogie der Moral“ (siehe unten)

Donnerstag, 21. Februar 2013, 18:00 c.t. – 20:00 Uhr Seminargebäude der Humboldt-Uni, Invalidenstr. 110, Raum 293 (beim U6-Bf Naturkundemuseum)

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Textgrundlage: Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral (1887) - Dritte Abhandlung: was bedeuten asketische Ideale?

28. – „Sieht man vom asketischen Ideale ab: so hatte der Mensch, das Thier Mensch bisher keinen Sinn. Sein Dasein auf Erden enthielt kein Ziel; „wozu Mensch überhaupt?“ — war eine Frage ohne Antwort; der Wille für Mensch und Erde fehlte; hinter jedem grossen Menschen-Schicksale klang als Refrain ein noch grösseres „Umsonst!“ Das eben bedeutet das asketische Ideal: dass Etwas fehlte, dass eine ungeheure Lücke den Menschen umstand, — er wusste sich selbst nicht zu rechtfertigen, zu erklären, zu bejahen, er litt am Probleme seines Sinns. Er litt auch sonst, er war in der Hauptsache ein krankhaftes Thier: aber nicht das Leiden selbst war sein Problem, sondern dass die Antwort fehlte für den Schrei der Frage „wozu leiden?“ Der Mensch, das tapferste und leidgewohnteste Thier, verneint an sich nicht das Leiden: er will es, er sucht es selbst auf, vorausgesetzt, dass man ihm einen Sinn dafür aufzeigt, ein Dazu des Leidens. Die Sinnlosigkeit des Leidens, nicht das Leiden, war der Fluch, der bisher über der Menschheit ausgebreitet lag, — und das asketische Ideal bot ihr einen Sinn! Es war bisher der einzige Sinn; irgend ein Sinn ist besser als gar kein Sinn; das asketische Ideal war in jedem Betracht das „faute de mieux“ [mangels Besserem] par excellence, das es bisher gab. In ihm war das Leiden ausgelegt; die ungeheure Leere schien ausgefüllt; die Thür schloss sich vor allem selbstmörderischen Nihilismus zu. Die Auslegung — es ist kein Zweifel — brachte neues Leiden mit sich, tieferes, innerlicheres, giftigeres, am Leben nagenderes: sie brachte alles Leiden unter die Perspektive der Schuld… Aber trotz alledem — der Mensch war damit gerettet, er hatte einen Sinn, er war fürderhin nicht mehr wie ein Blatt im Winde, ein Spielball des Unsinns, des „Ohne-Sinns“, er konnte nunmehr Etwas wollen, — gleichgültig zunächst, wohin, wozu, womit er wollte: der Wille selbst war gerettet. Man kann sich schlechterdings nicht verbergen, was eigentlich jenes ganze Wollen ausdrückt, das vom asketischen Ideale her seine Richtung bekommen hat: dieser Hass gegen das Menschliche, mehr noch gegen das Thierische, mehr noch gegen das Stoffliche, dieser Abscheu vor den Sinnen, vor der Vernunft selbst, diese Furcht vor dem Glück und der Schönheit, dieses Verlangen hinweg aus allem Schein, Wechsel, Werden, Tod, Wunsch, Verlangen selbst — das Alles bedeutet, wagen wir es, dies zu begreifen, einen Willen zum Nichts, einen Widerwillen gegen das Leben, eine Auflehnung gegen die grundsätzlichsten Voraussetzungen des Lebens, aber es ist und bleibt ein Wille!… Und, um es noch zum Schluss zu sagen, was ich Anfangs sagte: lieber will noch der Mensch das Nichts wollen, als nicht wollen…“

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Friedrich Nietzsche, Die Fröhliche Wissenschaft (1882), Nr. 341:

„Das grösste Schwergewicht. — Wie, wenn dir eines Tages oder Nachts, ein Dämon in deine einsamste Einsamkeit nachschliche und dir sagte: „Dieses Leben, wie du es jetzt lebst und gelebt hast, wirst du noch einmal und noch unzählige Male leben müssen; und es wird nichts Neues daran sein, sondern jeder Schmerz und jede Lust und jeder Gedanke und Seufzer und alles unsäglich Kleine und Grosse deines Lebens muss dir wiederkommen, und Alles in der selben Reihe und Folge — und ebenso diese Spinne und dieses Mondlicht zwischen den Bäumen, und ebenso dieser Augenblick und ich selber. Die ewige Sanduhr des Daseins wird immer wieder umgedreht — und du mit ihr, Stäubchen vom Staube!“ — Würdest du dich nicht niederwerfen und mit den Zähnen knirschen und den Dämon verfluchen, der so redete? Oder hast du einmal einen ungeheuren Augenblick erlebt, wo du ihm antworten würdest: „du bist ein Gott und nie hörte ich Göttlicheres!“ Wenn jener Gedanke über dich Gewalt bekäme, er würde dich, wie du bist, verwandeln und vielleicht zermalmen; die Frage bei Allem und Jedem „willst du diess noch einmal und noch unzählige Male?“ würde als das grösste Schwergewicht auf deinem Handeln liegen! Oder wie müsstest du dir selber und dem Leben gut werden, um nach Nichts mehr zu verlangen, als nach dieser letzten ewigen Bestätigung und Besiegelung?“

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- Meteoriteneinschlag – über die Endlichkeit des Seins

Es war Freitagmorgen, 9.23 Uhr Ortszeit, als die Menschen in der Millionenstadt Tscheljabinsk 1500 Kilometer östlich von Moskau von einem gewaltigen Feuerball aufgeschreckt wurden. Augenzeugen berichteten von Lichtblitzen, dann habe es eine gewaltige Druckwelle gegeben, die Scheiben zerbersten ließ und Häuserdächer abdeckte...... (mehr in der Fundstelle)

http://www.bz-berlin.de/aktuell/panorama/explosion-druckwelle-meteorit-schockt-russen-article1639819.html

Das sind Bilder wie in Lars von Triers Film „Melancholia“ – aber was da einschlug, war nicht 20mal so groß wie die Erde, sondern gerade mal ein Stein mit einem Durchmesser von geschätzten 17 Metern und einem Gewicht von 10.000 Tonnen (vgl. NASA). Und trotzdem diese Wirkungen: 1491 Menschen wurden verletzt, 3357 Gebäude beschädigt, eine Fabrik stürzte ein – und nicht weit weg vom Einschlagsort befinden sich Atomanlagen... - Atomanlagen der Gegend seien nicht betroffen, teilte der Staatskonzern Rosatom laut Agenturberichten mit.

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Der Tod des Politischen

Alle Welt glaubt, dass Bildung zu „mündigen“ StaatsbürgerInnen führt. Ich nicht. Diesen Zweifel bestätigt wiederum –wie jedes Jahr- das Ergebnis der Wahlen zum 21. StudentInnenparlament der Humboldt-Universität zu Berlin vom 22. und 23. Januar 2013

Die Parolen der Plakate waren grenzdebil. Der Wahlkampf bewegte sich unterhalb jedes bislang erlebten Niveaus. Die Wahlen zur Schülermitverwaltung der Sechzigerjahre des 20. Jh. waren vergleichweise inhaltsschwanger.

Die Wahlbeteiligung legte allerdings zu: Von 5,01 % (2012) auf sagenhafte 6,67 %!

Sehr stark zugelegt hat der RCDS (CDU), die Liberale Hochschulgruppe (FDP) und die Liste unabhängiger Studierender.

Vorläufiges Ergebnis der StuPa-Wahl 2013 nach Listen

(Die in Klammern angezeigten Werte sind die Ergebnisse der StuPa-Wahl 2012)

Anzahl der Wahlberechtigten: 35.333 (34.559)

Anzahl der abgegebenen Stimmen: 2.355 (1.730)

Davon gültige Stimmen: 2.317 (1.716)

Ungültige Stimmen: 38 (14)

Wahlbeteiligung: 6,67% (5,01%)

Zu verteilende Sitze: 60

Listenname - Absolute Stimmenzahl - In Prozent - Sitze

Liste 1: RCDS – Die Studentenunion - 224 (72) - 9,8% (4,2%) - 6 (2)

Liste 2: Linke Liste an der HU–LiLi - 310 (206) - 13,6% (12,00%) - 8 (7)

Liste3: Liste unabhängiger Studierender (LuSt) - 306 (150) - 13,4% (8,7%) - 8 (5)

Liste 4: Danke, gut - Trackliste, The (Die LISTE) - 58 (50) - 2,5% (2,9%) - 1 (2)

Liste 5: FÜR EWIG UND 3 TAGE – LANGZEITSTUDIERENDE - 101 (53) - 4,4% (3,1%) - 3 (2)

Liste 6: GRÜNBOLDT >> die grün-alternative liste - 271 (298) - 11,9% (17,4%) - 7 (10)

Liste 7: LIBERALE HOCHSCHULGRUPPE (LHG) - 102 (53) - 4,5% (3,1%) - 3 (2)

Liste 8: The Autonome Alkoholiker_innen. - 61 (44) - 2,7% (2,6%) - 2 (2)

Liste 9: OLKS_OffeneListe Kritischer Studierender - 207 (173) - 9,1% (10,1%) - 5 (6)

Liste 10: mutvilla / Gender Studies / - 135 (107) - 5,9% (6,2%) - 3 (4)

Liste 11: Die PDP: Partei, die bewegt - 35 (neu) - 1,5% (neu) - 1 (neu)

Liste 12: BuF – Bündnis unabh. Fachschaftler_innen - 240 (195) - 10,5% (11,4%) - 6 (7)

Liste 13: JUSOS HU – Jungsozialist*innen - 267 (175) - 11,7% (10,2%) - 7 (6)

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Für alle, die allzuschnell bei Amazon Bücher bestellen (und dabei die um die Ecke liegende kleine Buchhandlung vergessen) eine Empfehlung von Bertram: ARD-Dokumentation: Rechtsradikale überwachen angeblich Amazon-Arbeiter

"Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Amazon"

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ard-reportage-dokumentiert-missstaende-in-der-leiharbeit-bei-amazon-a-883156.html

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- Das Volksbegehren der Woche!

Campact info@campact.de : Volksbegehren läuft: Energiewende für Berlin! es ist eine hohe Hürde, doch es kann gelingen! Seit Sonntag läuft das Volksbegehren für die Berliner Energiewende. Das Ziel: Ein Stromnetz, das nicht mehr dem Atom- und Kohlekonzern Vattenfall sondern den Berliner/innen gehört. Und ein Stadtwerk, das klar auf Ökostrom setzt. Kommen bis Mitte Juni 200.000 Unterschriften zusammen, gibt es parallel zu Bundestagswahl einen Volksentscheid.

200.000 Unterschriften - das kann gelingen, wenn Sie mit einsteigen. Unterzeichnen Sie jetzt das Volksbegehren des "Berliner Energietischs" und sammeln Sie im Freundeskreis weitere Unterschriften!

http://www.berliner-energietisch.net/images/unterschriftsliste.pdf

Weitere Infos: http://www.berliner-energietisch.net

Anlass für das Volksbegehren ist, dass die Konzession für das Berliner Stromnetz Ende 2014 ausläuft und zuvor neu vergeben wird. SPD und CDU wollen bisher das Netz höchstens teilweise rekommunalisieren. Jetzt braucht es den Druck der Bürger/innen, damit Berlins Energieversorgung ökologisch, sozial und demokratisch wird.

Parallel zum Volksentscheid will die Genossenschaft "BürgerEnergie Berlin" einen möglichst großen Anteil am Netz kaufen - und damit direkt in die Hand der Bürger/innen legen. Das Stromnetz soll als bürgereigenes Unternehmen betrieben werden. Die Gewinne fließen in die Energiewende und an die Bürger/innen. Schon ab einem Betrag von 100 Euro kann jede und jeder sich als Genossenschaftsmitglied oder per Einzahlung auf ein Treuhandkonto am Netzkauf beteiligen.

Kaufen Sie ein Stück von Berlins Stromnetz: http://www.buerger-energie-berlin.de

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ciao, Wolfgang Ratzel

Jan Köttner, Kirsten Reuther
Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Wolfgang Ratzel

Aus einem drängenden Endbewusstsein entsteht der übermäßige Gedanke an einen anderen Anfang.

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