Die Grünen und die FDP wollen eine neue Panzerschlacht um den Donbass führen

Meinung Von Omid Nouripour bis Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Das Trommeln für die Lieferung westlicher Kampfpanzer an die Ukraine wird lauter. Ausgerechnet ein Auslaufmodell der Kriegsführung soll die Lage weiter eskalieren
Ausgabe 37/2022
Wenn es nach Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Johannes Vogel, Omid Nouripour und Toni Hofreiter geht, sollen deutsche Kampfpanzer an die Ukraine geliefert werden
Wenn es nach Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Johannes Vogel, Omid Nouripour und Toni Hofreiter geht, sollen deutsche Kampfpanzer an die Ukraine geliefert werden

Foto: Sean Gallup/Getty Images

Der Kampfpanzer Leopard 2 ist ein Koloss. Das aktuellste Modell ist 62 Tonnen schwer, zehn Meter lang, kostet pro Stück 15 Millionen Euro. Im Gelände verbraucht das Stahlungetüm 500 Liter Diesel auf 100 Kilometer.

Im Zweiten Weltkrieg waren Kampfpanzer eine nahezu unschlagbare Waffe. Die Landmächte Russland und Deutschland verfügten über Zigtausende von Tanks, während die Seemächte USA und Großbritannien schon auf Flugzeugträger und Kampfbomber setzten. „Panzergeneral“ Heinz Guderian galt mit seinen legendären Panzerdivisionen als Hitlers hochdekorierter Lieblingsheld (zunächst jedenfalls). Die von ihm geleiteten „Kesselschlachten“ tobten 1941 genau dort, wo heute Krieg geführt wird. An seine Offiziere schrieb Guderian: „Niemand darf fanatischer an den Sieg glauben und mehr Glauben ausstrahlen als Du!“ Bei Charkiw und Kursk kam es schließlich 1943 zu den größten Panzerschlachten der Geschichte. Es war Hitlers letzte Großoffensive vor der endgültigen Niederlage. Bei Kursk starben über 150.000 Mann auf sowjetischer und 50.000 Mann auf deutscher Seite. Etwa 3.000 Panzer blieben zerschossen liegen.

Jetzt, fast 80 Jahre später, möchten die Schreibtischhelden von FDP und Grünen, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Johannes Vogel, Omid Nouripour und Toni Hofreiter eine neue Panzerschlacht um den Donbass führen. Also drängen sie auf die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine. Doch die Reichweiten dieser „stählernen Särge“ sind begrenzt, Ketten und Elektronik verschleißanfällig, der Transport ist mühsam, viele Brücken würden unter ihrer Last zusammenbrechen. Im offenen Gelände der Südostukraine wären sie ein gutes Ziel für weitreichende, leicht zu transportierende, ihr Ziel selbstständig findende Panzerabwehrraketen. Also für Waffen, die es im Zweiten Weltkrieg noch nicht gab. Schwere, teure Kampfpanzer sind daher Auslaufmodelle. Die Kriegführung des 21. Jahrhunderts konzentriert sich auf die Gefechtsmittel Raketen, Radar, Cyberwaffen, Infokrieg.

Letzterer hat in den vergangenen Tagen dazu geführt, dass viele selbst ernannte Militärexperten eine „Kriegswende“ erkennen wollen. Die überraschende Offensive der Ukraine bei Charkiw, sagen sie, sei die erhoffte Gelegenheit, den Krieg durch massive Waffenlieferungen entscheidend abzukürzen. Doch mehr als Spekulation ist das nicht. Genauso gut könnte der Krieg durch neue Lieferungen verlängert werden. Sicher ist nur, dass die Übergabe westlicher Kampfpanzer den Krieg erst einmal eskalieren würde. Putin wird den allabendlichen Video-Spott Selenskyjs über die russische Versager-Armee kaum hinnehmen. Und die NATO? Applaudiert, statt die Euphorie zu dämpfen. Stufe um Stufe wird so der Krieg ausgeweitet. Bereits eingefrorene Konflikte – auf dem Balkan oder im Kaukasus – flammen wieder auf, die (mutwillige) Zerrüttung der westlichen Wirtschaften gibt rechten Parteien überall Auftrieb.

Natürlich setzen die USA und die Ukraine auf einen baldigen Sieg, am besten noch vor dem Winter. In den USA könnten rasche Erfolge die Zwischenwahlen positiv beeinflussen und die Energiemärkte entspannen. Der Ukraine aber steht ein harter Winter bevor. Die einzige Siegchance des überfallenen Landes ist es, den Westen immer tiefer in den Krieg zu ziehen. Insofern werden die Forderungen bei Kampfpanzern nicht stehenbleiben. Dass ausgerechnet die Dinosaurier der Kriegführung wieder in die Debatte kommen, zeigt eigentlich nur, wie opportunistisch Grüne und FDP in Fragen von Krieg und Frieden agieren.

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