Die skandalösen Vorgänge beim Medienkonzern Axel Springer beherrschten zuletzt die Berichterstattung. Fast wäre ein anderer, um einige Dimensionen größerer Skandal dadurch untergegangen: Rupert Murdochs US-Sender Fox News einigte sich mit dem Wahlmaschinenhersteller Dominion Voting Systems auf Zahlung von fast einer Milliarde Dollar, um einen unangenehmen Prozess zu vermeiden.
Murdochs Krawallsender hatte nach der US-Präsidentschaftswahl 2020 mutwillig die Lüge verbreitet, Donald Trump habe gegen Joe Biden verloren, weil die Wahlmaschinen manipuliert gewesen seien. Der Sender schwärzte eine Firma an und hetzte die Leute auf, nur um seine Einschaltquoten zu steigern. Warum zahlt Murdoch eine derart riesige Summe? Ganz einfach: Sein Medienimperium erl
rium erlöst so viel Geld, dass er die Rufschädigung aus der Portokasse begleichen kann.Springer und Fox News tauchen eine Branche in grelles Licht, in der heute die Milliardäre das Sagen haben. Es gibt inzwischen so viele von ihnen, dass sie sich gegenseitig auf die Füße treten.Da wären zunächst jene, die tatsächlich mit Medien reich wurden. In diese Kategorie fallen die Klassiker: von William Randolph Hearst (der als Vorbild für Orson Welles’ Film Citizen Kane diente) über Silvio Berlusconi und Rupert Murdoch bis zu Friede Springer, Liz Mohn und Hubert Burda.Neu ins Geschäft drängen seit der Jahrtausendwende aber auch zahlreiche Milliardäre aus fremden Branchen: Baulöwen, Autobauer, Telekom- oder Rüstungskonzerneigner, die gern ein paar Zeitungen oder TV-Sender in ihr Portfolio integrieren. Dazu zählen in Italien die Familie Agnelli (La Repubblica, Economist), in Frankreich Bernard Arnault (Les Echos), Xavier Niel (Groupe Le Monde), Martin Bouygues (TF1) und Vincent Bolloré (CNews), in Österreich Dietrich Mateschitz (Servus TV) und René Benko (Krone, Kurier), in Tschechien Daniel Kretínsky und Renáta Kellnerová (Pro7Sat1), in den USA Michael Bloomberg (Bloomberg Television), die Koch Brothers (Meredith/Time) und Elon Musk (Twitter), in Mexiko Carlos Slim (New York Times) und in Deutschland Frank Gotthardt (TV Mittelrhein).Hinzu kommen, drittens, jene superreichen Geldsammler aus London und New York, die über ihre Beteiligungsgesellschaften gezielt in Medien investieren, wie KKR (Springer, Mediawan & Leonine Studios), Permira (Pro7Sat1) oder Amber Capital (Prisa, El País). Solche „Heuschrecken“ stürzen schon mal das Management eines Medienkonzerns, wie Amber Capital 2020 das der französischen Verlagsgruppe Lagardère. Vorrangiges Interesse dieser Investoren ist es, möglichst schnell möglichst hohe Renditen zu erzielen, was oft zu Lasten der Qualität geht. Viertens mischen noch Internet-Milliardäre mit, deren Geschäftsmodelle (Plattformen, Streamingdienste) mit dem klassischen Medienbusiness verschmelzen. Jeff Bezos’ Kauf der Washington Post dürfte kein Einzelfall bleiben.Krude Vorstellungen von Politik und MedienWas all diese Milliardäre eint, ist der Wunsch, möglichst wenig Steuern zu zahlen und in ihrer unternehmerischen Freiheit nicht eingeschränkt zu werden. Das heißt, sie nutzen die Medien als ideologischen Flankenschutz, um weiter ihren Geschäften nachgehen zu können. Serge Dassault, schwerreicher Unternehmer des gleichnamigen Rüstungskonzerns und Besitzer der Zeitungsgruppe Le Figaro hat sein Journalismus-Verständnis 2004 präzise beschrieben: „Zeitungen müssen gesunde Ideen verbreiten.“ Und: „Linke Ideen sind keine gesunden Ideen.“Vor allem die Quereinsteiger mit ihren oft kruden Vorstellungen von Politik und Medien sind gefährlich. Denn es fällt auf, dass in Milliardärskreisen seit geraumer Zeit versucht wird, rechtspopulistische Medien nach dem Vorbild von Fox News zu etablieren. So gab Vincent Bolloré (Vivendi) dem französischen Rechtsextremisten Éric Zemmour bei CNews eine Fernsehbühne, Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz förderte bei Servus TV in Österreich FPÖ-nahe Tendenzen, die Koch Brothers alimentierten Donald Trump und Frank Gotthardt unterstützt Julian Reichelt, der mit seiner Meinungsshow gegen die Grünen wettert. Ziel ist es, den Volkszorn auf unliebsame politische „Eliten“ zu lenken. Medien werden so zu Waffen für den Klassenkampf von oben.Während viele Journalisten noch immer voller Skrupel über Haltung und Aktivismus diskutieren, setzen Medien-Milliardäre beides längst in die Tat um. Sie führen Kampagnen. Und sei es nur, wie bei Springer, um die „Freiheitspartei“ FDP als Bollwerk gegen staatsinterventionistische Linke und Grüne zu stärken.Der klassische Journalismus hat dem wenig entgegenzusetzen. Innerhalb der Medienkonzerne wird er an den Rand gedrängt, außerhalb schlägt er sich mühsam mit Journalisten-Start-ups und gemeinnützigen Projekten durchs Leben. Über ambitionierte Nischenprogramme geht das selten hinaus – mangels Geld und Reichweite. Bei der Schweizer Republik, bei den Kraut- und bei den Riffreportern knirscht es bereits vernehmlich. Im Milliardärsumfeld der Medienoligarchen ist es schwer, als Kleinverleger Erfolg zu haben.Medienpolitik müsste solche Übermacht regulieren und beherzt entflechten. Doch sie hat offenbar kapituliert. Denn Politiker, die sich auf Medienkontrolle spezialisieren, haben eine extrem geringe politische Überlebensrate.