Außer Spesen nix gewesen?

Nordkorea: Was sind die Ergebnisse des gestrigen Gegenbesuchs einer südkoreanischen Regierungsdelegation in Nordkorea?

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Gestern befand sich eine Regierungsdelegation aus Südkorea in Pyeongyang bei Kim Jong-Un, dem Vorsitzenden der nordkoreanischen Arbeiterpartei und des Militärischen Oberkommandos. Es handelte sich dabei um einen Gegenbesuch für die nordkoreanische Regierungsdelegation bei den Olympische Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang, die von Kim Jong-Uns Schwester und vom nordkoreanischen Staatspräsidenten angeführt worden war.

Die südkoreanische Delegation wurde angeführt von Jong Ui-Yong, dem Leiter des staatlichen südkoreanischen Sicherheitsbüros und engem Vertrauten des südkoreanischen Staatspräsidenten Moon Jae-In. Ihn begleiteten der Leiter des südkoreanischen Geheimdienstes und dessen Stellvertreter, der südkoreanische Wiedervereinigungsminister sowie der Chef des südkoreanischen Präsidialamts.

Das Treffen mit Kim Jong-Un und seiner Schwester soll in herzlicher Atmosphäre verlaufen sein. Kim Jong-Un soll deutlich gemacht haben, dass er bereit sei, über alles zu verhandeln, nur nicht über die Einstellung des nordkoreanischen nuklearen Rüstungsprogramms. Dieses betrachtet Kim offensichtlich als seine Lebensversicherung um nicht so zu enden wie Osama Bin Laden.

Kim Jong-Un versuchte, die Südkoreaner von der Idee zu begeistern, möglichst bald direkte bilaterale Verhandlungen mit dem Ziel einer Wiedervereinigung zu beginnen, wobei die in Südkorea stationierten US Truppen das Land zu verlassen hätten. Die Südkoreaner versuchten, Kim zu überzeugen, dass bilaterale Gespräche keinen Sinn haben, solange er mit dem amerikanischen Präsidenten nicht im Reinen sei.

Diese gegenseitigen Showstopper waren bereits vorher bekannt und hätten eines Treffens in Pyeongyang nicht bedurft. Immerhin verbrachten beide Seiten ein paar nette Stunden, in denen Sie nostalgischen Träumen zur Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel nachhängen konnten.

Kim Jong-Un hätte längst aus der deutschen Wiedervereinigung lernen müssen, dass bilaterale Verhandlungen zu einer Wiedervereinigung nur Erfolg haben können, wenn vorher alle Mächte, die in der Region eigene Interessen haben, zufrieden gestellt sind. Der nordkoreanische Raketenmann wird sich also wie weiland Kohl mit Gorbatschow im Kaukasus – in Wolljacken gehüllt - mit Trump zu einem Spaziergang treffen müssen um eine Atmosphäre des gegenseitigen persönlichen Vertrauens aufzubauen. Danach müssen in Konferenzen mit den Anrainerstaaten China, Russland und Japan sowie der Hegemonialmacht USA die Bedingungen ausgehandelt werden, die es allen Beteiligten ermöglichen, ohne Gesichtsverlust einer koreanischen Wiedervereinigung zuzustimmen.

Zu diesen Bedingungen gehören sicherlich:

- China und die USA müssen die persönliche Unversehrtheit von Kim Jong-Un und die Sicherheit des Staates Nordkorea garantieren

- Die Amerikaner müssen ihre 30.000 Soldaten und das THAAD Raketenabwehrsystem aus Südkorea abziehen

- Nordkorea muss sein militärisches Atomprogramm aufgeben

- Es muss eine Menge Geld fließen zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Nordkoreas und zur Demobilisierung der nordkoreanischen Armee mit ihren 1,4 Millionen Soldaten.

Solange diese Hausaufgaben nicht gemacht sind, wäre es schon ein Fortschritt, wenn Nord- und Südkorea ihre gegenseitigen verbalen Attacken und ihr Säbelgerassel einstellen. Dazu gehört auf südkoreanischer Seite die vorübergehende Aussetzung der gemeinsamen See- und Landmanöver zusammen mit den US amerikanischen Streitkräften an der nordkoreanischen Grenze.

Der südkoreanische Präsident Moon Jae-In, der ja erst seit kurzem im Amt ist, kann schon aus innenpolitischen Gründen bilateralen Wiedervereinigungsverhandlungen nicht zustimmen. Nach 63 Jahren militärischer Konfrontation zwischen Nord- und Südkorea an der heißen innerkoreanischen Grenze am 38.Breitengrad, gibt es auf beiden Seiten genügend Scharfmacher, die eine Fraternisierung mit dem "Feind" nicht tatenlos geschehen lassen würden. In Südkorea sind schon zweimal nach dem Koreakrieg demokratisch gewählte Regierungen durch einen Militärputsch hinweggefegt worden. In Südkorea war Jahrzehntelang die Kontaktaufnahme von Südkoreanern mit Nordkorea mit der Todestrafe bedroht. Auch jetzt noch droht jedem Südkoreaner Gefängnis, der so etwas versucht. Die rechten Hardliner in Südkorea sind sowieso gerade in Rage, weil ihre Gallionsfigur Lee Myung-Bak, der Vor-Vorgänger von Moon Jae-In im Präsidentenamt, wegen Korruption vor Gericht gestellt werden soll.

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Geschrieben von

Querlenker

Zu den Problemen unserer Zeit stelle ich funktionierende Lösungen vor, die aber aus Gründen der Konvention, der Moral oder Faulheit niemand anpackt.

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