Hoffnung für Korea

Treffen in Panmunjom Beim ersten persönlichen Treffen zwischen Kim Jong-Un und Moon Jae-In ging es doch um die koreanische Wiedervereinigung.

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Mein Bauchgefühl hat mich nicht getrogen (siehe mein Kommentar gestern zu "Eine Seele - zwei Systeme" :

Am heutigen Freitag, dem 27.April ging es beim ersten direkten Treffen der beiden politischen Hauptfiguren aus Nord- und Südkorea im Grenzort Panmunjom nicht nur um den Austausch von Höflichkeiten und um Nordkoreas Atomraketen, sondern um erste Schritte zu einer Wiedervereinigung der beiden seit 68 Jahren getrennten Staaten auf der koreanischen Halbinsel. In Südkorea war das bereits erhofft worden, denn die Grundstückspreise in der Nähe der Demarkationslinie am 38. Breitengrad sind bereits seit wenigen Tagen im Steigen.

Das Treffen war von beiden Seiten sehr penibel vorbereitet worden, es soll im Vorfeld vierzig Vorbereitungstreffen gegeben haben. Nachdem Kim Jong-Un Nordkorea mit seinen Atomraketen auf Augenhöhe mit den USA gebracht hat, kann er jetzt seinen eigentlichen Traum verwirklichen: in die Geschichtsbücher eingehen als der Politiker, der die koreanische Wiedervereinigung zustande gebracht hat.

Als Kim Jong-Un 2011 ziemlich überraschend Nachfolger seines plötzlich verstorbenen Vaters geworden war, hatte ich schon Zweifel, ob so ein junger Mann, der einige Jahre seiner Jugend in der Schweiz zugebracht hatte, Spaß daran haben würde, so einem maroden und isolierten Land wie Nordkorea als Gott ähnlicher Führer vorzustehen. Schon Udo Lindenberg vermutete in seinem Hit „Sonderzug nach Pankow“, dass Erich Honecker ein verkappter Rocker sei, der heimlich mit Lederjacke auf dem Klo Rockmusik hören würde. Solche Assoziationen hatte ich bezüglich Kim Jong-Un auch, wenn ich Kim und den südkoreanischen Popsänger Psy (Gangnam Style) im Geiste nebeneinander stehen sah. Körperlich sind sie sich ja ziemlich ähnlich.
Kim soll sehr beschämt gewesen sein, dass der nordkoreanische „Schnellzug“, der ihn von Pyeongyang nach Panmunjom transportierte, es nur auf eine Reisegeschwindigkeit von 45 km/h brachte.

Anders als sein Vater und Großvater kann Kim Jong-Un frei sprechen und klingt angenehm und humorvoll, wenn er eine Rede hält. Das war mir schon auf Youtube aufgefallen, wo man ihn auf Parteitagen sprechen hören kann. Seit heute wissen wir auch, dass Kim Jong-Un tatsächlich in der Schweiz war, denn er ließ beim Bankett in Panmunjom nicht nur Udong (kalte Nudeln) aus Pyeongyang, sondern auch Schweizer Rösti auffahren.

Vier Punkte fand ich in der Abschlusserklärung bemerkenswert:

- im nordkoreanischen Kaesong soll eine gemeinsame ständige politische Vertretung eingerichtet werden

- es soll sehr bald Reiseerleichterungen zwischen den beiden Staaten geben, die sich nicht nur auf die Familienzusammenführung sehr alter Menschen beschränken.

- Kim will auf die fortgesetzten militärischen Drohungen zwischen den beiden Staaten verzichten

- Kim hat sich ausdrücklich für die Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft beim Zustandekommen des Treffens von Panmunjom bedankt. Obwohl die internationale Staatengemeinschaft ihn derzeit mit Sanktionen stranguliert.

Bemerkenswert war auch, dass sich die beiden Staatsmänner am Schluss umarmten, als seien sie bereits alte Kumpels. Dabei war es seit 1953 das erste Treffen dieser Art und die Beiden hatten sich persönlich noch nie gesehen. Nun ja, seit Trump sich von Macron öffentlich Küsschen geben lässt, sind solche Rituale wohl jetzt Standard.

Nun muss man hoffen, dass Trumps Aufmerksamkeitsspanne für Korea bis zum Treffen mit Kim im Juni reicht und dass Trump dann nicht von Handelskriegen, Atomkonflikt mit Iran und Mauerbau gegen Mexiko völlig abgelenkt ist. Da kann es sich als Segen erweisen, dass Mike Pompeo gerade neuer US Außenminister geworden ist, jener Mann, der gerade noch als CIA Chef Kim Jong-Un in Nordkorea besucht hat. Kims Fahrplan ist klar: er will, dass die Amerikaner ihre Truppen und strategischen Waffen aus Südkorea abziehen und die Sanktionen aufheben. Im Gegenzug wird er auf sein Atomwaffenprogramm verzichten.

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Geschrieben von

Querlenker

Zu den Problemen unserer Zeit stelle ich funktionierende Lösungen vor, die aber aus Gründen der Konvention, der Moral oder Faulheit niemand anpackt.

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