Merkels Lust an 4.0

Industrie 4.0 Angela Merkel will es noch einmal wissen und strebt eine vierte Amtszeit als Kanzlerin an. Als Ansporn dient ihr dabei die politische Mitgestaltung von Industrie 4.0.

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Bei der Begründung, was sie dazu antreibt, 2017 nochmals als CDU Kanzlerkandidatin anzutreten, stellt Merkel vor allem heraus, dass sie die im Schlagwort „Industrie 4.0“ zusammengefassten bevorstehenden Umbrüche unseres Wirtschaftslebens politisch begleiten und mitgestalten möchte. Merkel vergleicht Industrie 4.0 mit der industriellen und geistigen Revolution, die mit der Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg ausgelöst wurde. Allerdings übersieht Merkel dabei, dass diese Entwicklung nicht alternativlos ist, wie man in Korea sehen kann, wo der Buchdruck zeitgleich zu Gutenberg erfunden wurde. Dort führte er aber nicht zu einer industriellen und geistigen Revolution, sondern die kam erst 500 Jahre später nach Südkorea durch den südkoreanischen Militärdiktator Park Jung-Hee, den Vater der derzeitigen südkoreanischen Präsidentin Park Geun-Hye. Daran erkennt man: Selbst Demokratie ist keine notwendige Voraussetzung für erfolgreichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel.

Industrie 4.0 manifestiert sich vor allem in diesen Neuerungen:

- Vernetzte Welt mit Orwellschem Überwachungspotential im eigenen Heim

- Autonomes Fahren mit geliehenen Elektro-Autos, die an Solartankstellen mit angeschlossenem Gasspeicher betankt werden.

- Fertigung in Kleinserien mit Hilfe von 3D-Druckern ersetzt chinesische Massenfertigung. Die chinesische Regierung hat die Gefahr erkannt und erhob jüngst 3D-Druck zu einer ihrer Top-Prioritäten. Hingegen will Trump seine alten Kohlekraftwerke und Stahlwerke wieder entmotten.

- Menschliche Ersatzteile aus dem 3D-Drucker verschaffen reichen Egomanen wie Donald Trump die Chance auf „ewiges Leben“.

- Fleisch, Milch, Obst und Gemüse aus dem 3D-Drucker verändern unsere Essgewohnheiten. Treibhausgase aus Kuhmägen, aber auch Glyphosat belastetes Gemüse werden dadurch überflüssig.

- Automatisierung ersetzt Facharbeiterjobs

- Künstliche Intelligenz ersetzt menschliche Akademiker-Jobs. Automaten können viel schneller und genauer Urteile fällen, als Juristen. Frau Merkel wird das freuen, denn beim nächsten Griechenland-Rettungspaket braucht sie noch am gleichen Tag die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, ob sie dem Paket zustimmen darf oder nicht.

Selbst Joe Kaeser, der Vorstandsvorsitzende von Siemens plädiert jetzt für ein leistungsloses Grundeinkommen, weil anders die 1,5 Millionen Jobs, die bis 2025 durch die Automatisierung in Deutschland wegfallen werden, nicht ohne soziale Unruhen zu kompensieren sind.

Was bedeutet das alles für die Politik in Deutschland?

Frau Merkel ist zwar von Industrie 4.0 begeistert, es sind jedoch Zweifel erlaubt, ob sie geeignet ist, unser Land auf diesem Weg zu führen. Da würde eher ein Typ wie Sascha Lobo passen, der aber jüngst in einer Talkshow bekannte, dass er – zwar mit Bauchschmerzen – 2017 wohl SPD oder Grüne wählen werde, nachdem er seinen Ekel über diese Entscheidung in Alkohol ertränkt habe.

Ob die CDU Frau Merkel auf dem Weg in Industrie 4.0 folgen wird und ob sie mit diesem Thema 2017 eine Bundestagswahl gewinnen kann, wird man sehen. Die Nachfolger von Horst Seehofer werden sicher in Bayern eine Politik „Industrie 4.0 mit Lederhose“ versuchen. Die Grünen werden darüber wachen, dass Merkel neben Industrie 4.0 den Ausstieg aus Kernkraft und Kohle nicht vergisst und werden sich die Vernetzung der erneuerbaren Energien auf die Fahne schreiben. Die Linkspartei wird versuchen, als die einzige politische Kraft wahrgenommen zu werden, die darum kämpft, dass Menschen durch Industrie 4.0 nicht in die Armut und ins soziale Abseits getrieben werden und dass deutsche Militäreinsätze im Ausland unterbleiben. Die AfD bleibt als einzige Partei für diejenigen übrig, die das alles überhaupt nicht wollen, sondern das alte heimelige Deutschland ohne Ausländer, aber mit Wehrpflicht, Kohle und Kernkraft, Frauen am Herd und Kühen auf der Weide. Zwischen allen Stühlen bliebe die SPD hängen, der als einziger Markenkern verbleibt, dem einen oder anderen Lager als Mehrheitsbeschaffer behilflich zu sein, so lange sie dafür noch mehr als 19% der Wähler motivieren kann.

Seit Angela Merkel zum ersten Mal Kanzlerin wurde, wollte sie u.a. das Steuersystem reformieren und das Klima retten. Stattdessen musste sie den Euro retten, einen Krieg in der Ukraine verhindern, den IS Terror abwehren und Flüchtlinge willkommen heißen. Somit ist vorherzusehen, dass Industrie 4.0 nicht lange Merkels Priorität Nummer 1 bleiben wird, sondern sie durch externe Faktoren abgelenkt werden wird. Einer dieser Faktoren mit großem Ablenkungspotential sitzt mit Donald Trump schon in den Startlöchern. Wenn es ganz schlimm kommt, bringt eine französische Präsidentin Le Pen die EU zum Einsturz, werden Griechenland und Italien durch Wirtschaftskollaps und Flüchtlingselend zu Failed States, geht Spanien durch seine Lust am politischen Anarchismus den selben Weg und bildet Großbritannien mit Donald Trumps USA eine politische Achse gegen Kontinentaleuropa.

Und Putin könnte versucht sein, das Chaos in Westeuropa auszunutzen, um sein Land durch einige zusätzliche Nowaja Rossias nach Westen auszudehnen. Somit ist Merkel gut beraten, das zu tun, was sie schon immer am besten kann: Auf Sicht fahren. Nur dafür wird sie 2017 noch mal gewählt werden.

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Geschrieben von

Querlenker

Zu den Problemen unserer Zeit stelle ich funktionierende Lösungen vor, die aber aus Gründen der Konvention, der Moral oder Faulheit niemand anpackt.

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