Trump – der große Irrtum

Das Hauptargument , mit dem Donald Trump die Wahl gewonnen hat, war die Behauptung, er werde die an China verloren gegangenen Arbeitsplätze wieder in die USA zurückholen.

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Dieser Prozess ist aber bereits in vollem Gange, nur Trump hat es noch nicht gemerkt.

Hillary, Bernie Sanders und die Bibel treuen Republikaner übrigens auch nicht, Obama hingegen schon. Ich spreche hier von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen des 3D-Drucks, in Deutschland bekannt unter dem Schlagwort Industrie 4.0.

Eines der bereits seit einigen Jahren propagierten Ziele von Industrie 4.0 ist es, die Abhängigkeit von der billigen Massenfertigung in China und Mexiko zu beenden, indem kleine Firmen und sogar die Konsumenten selbst, benötigte Sachen passgenau in Kleinserien oder als Einzelstücke mit einem 3D-Drucker ausdrucken. Die Technik ist inzwischen, ähnlich wie beim Elektroauto, weitgehend ausgereift, aber noch zu teuer. Mittelfristiges Ziel ist es, dass jedermann, wie heute einen Tintenstrahldrucker, zukünftig einen 3D-Drucker zuhause stehen hat, mit dem er sich aus dem Internet die Dinge ausdruckt, die er gerade benötigt. Darum sprechen wir auch vom „Internet der Dinge“. Oder man lässt sich die Sachen im nächsten Postamt ausdrucken und holt sie dort ab.

So wie wir Fotos auf dem PC zusammenstellen und zum Zweck des Ausdrucks eines Fotoalbums zur Webseite der Drogerie unseres Vertrauens hochladen, kann man bereits heute auf der Internetplattform Thingiverse Dinge ausdrucken und zusenden lassen, die andere Menschen als 3D-Zeichnung bei Thingiverse abgespeichert haben, z.B. einen bestimmten Lego-Stein, eine Halskette oder ein nicht mehr erhältliches Gardena Schlauch-Verbindungssstück. Oder man schickt sein eigenes 3D-Design dort hin und erhält den entsprechenden Gegenstand von einem 3D-Drucker ausgedruckt.

3D-Druck wird z.B. verwendet, um in Polen Ersatzteile für die Mig29 Flugzeuge zu drucken, die Polen immer noch aus der Zeit des Warschauer Paktes einsetzt und für die es im Westen keine Ersatzteile gibt. Die NASA will mit Hilfe von 3D-Druckern Unterkünfte, Lebensmittel und Ersatzteile auf dem Mars drucken, sobald die ersten Astronauten dort hin fliegen. Bei Erdbeben wird man in Zukunft 3D-Drucker einsetzen, die aus dem Schutt der eingefallenen Bauten vor Ort neue Häuser aus dem 3D-Drucker drucken. Das ist billiger und schneller, als Baumaterialien in entlegene nepalesische Gebirgstäler zu fliegen. Medikamente werden bald nicht mehr an gequälten Tieren getestet, sondern an mit 3D-Druckern erzeugtem menschlichem Gewebe. Diese Technik ist in den USA gerade marktreif geworden. Statt Botox zu spritzen, wird man bald die frischen eigenen Hautzellen direkt in das Gesicht drucken. Glatzenträgern werden die im 3D-Druck gewonnenen eigenen Haarwurzeln implantiert. L’Oreal und BASF arbeiten an solchen Techniken. In Russland wurde bereits eine voll funktionsfähige Schilddrüse gedruckt und einer Maus eingepflanzt, in der die Drüse Hormone produzierte. Ziel ist es, für alle Organe menschliche Ersatzteile zu drucken, so dass keine Spenderorgane von gerade verstorbenen Menschen mehr benötigt werden

Mit 3D-Druck kann man aber auch Schokolade-Kreationen herstellen sowie fettarmes Fleisch und Milch von hoher Qualität, was in etwa fünfzehn Jahren die Klima schädliche Rinderzucht beenden könnte, die immer noch den Mythos des Mittleren Westens prägt. Bei solchen Nahrungsmitteln handelt es sich nicht um Ersatzstoffe wie Soja-„Fleisch“, sondern um „echte“ Lebensmittel, gewonnen aus den Stammzellen der Rinder.

In den USA hängen bereits 5,1 Prozent der Arbeitsplätze an Industrie 4.0, in Deutschland sind es 5,6 Prozent. Das ist natürlich noch nicht die Größenordnung, die im Rust-Belt der USA flächendeckend Arbeitsplätze schaffen könnte, sondern solche Arbeitsplätze entstehen derzeit vor allem in den Staaten an der West- und Ostküste, in denen die Demokraten gewählt wurden.

Die Chinesen haben in Nordost-China ihren eigenen Rust-Belt, über den wir immer dann etwas erfahren, wenn über ein Grubenunglück oder über den Smog in Peking zu berichten ist. China ist selbst dabei, sich von seiner Abhängigkeit von Kohle und Stahl zu befreien, indem es eifrig an der Erforschung des 3D-Drucks und seiner Transformation in die Realwirtschaft teilnimmt.

Über Trump wurde gestern berichtet, er halte Teile von Obama-Care für richtig und förderungswürdig. Vielleicht kann ihm auch jemand die Einsicht vermitteln, dass die USA bereits auf dem guten Wege sind, industrielle Arbeitsplätze nach Hause zu holen und er dazu keine alten Kohlekraftwerke reaktivieren, keinen Klimawandel leugnen und keine Mauer an der Grenze zu Mexiko errichten muss.

Und die jungen Menschen, denen ein alter Mann mit Rezepten von vorgestern gerade ihre Zukunft raubt, müssten nicht demonstrieren.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Querlenker

Zu den Problemen unserer Zeit stelle ich funktionierende Lösungen vor, die aber aus Gründen der Konvention, der Moral oder Faulheit niemand anpackt.

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