Ein Angriff auf die Seenotrettung

Asylpolitik Neue Verordnungen aus Andreas Scheuers Verkehrsministerium haben gravierende Auswirkungen auf die Seenotrettung. Das Vorgehen ist perfide

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Die Bundesregierung darf nicht wegschauen, wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken
Die Bundesregierung darf nicht wegschauen, wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken

Foto: Andreas Solaro/AFP/Getty Images

Das Wegschauen der Bundesregierung bei der Seenotrettung im Mittelmeer sollte allen interessierten Beobachter*innen der Thematik inzwischen bekannt sein. Unzählige Menschen sind auf ihrer Flucht nach Europa über den Seeweg ums Leben gekommen. Es ist davon auszugehen, dass weitere Menschen im Mittelmeer sterben werden.

Die Bundesregierung ist aber nicht nur bei der staatlichen Seenotrettung inaktiv. Nein, es geht noch skandalöser: Die zivile Seenotrettung wird aktiv behindert. Dabei ist nicht – wie die bisherigen Erfahrungen vermuten lassen - der Innen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) der entscheidende Akteur, aus dessen Ministerium zu Beginn der Corona-Krise der Appell kam, „keine Fahrten aufzunehmen und bereits in See gegangene Schiffe zurückzurufen“.

Diesmal zieht sein Parteikollege, Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, die Fäden, wenn es darum geht, das Retten von Menschenleben zu verhindern. Eigentlich sollte Scheuer damit beschäftigt sein, die Trümmer der abgeschmetterten PKW-Maut aufzuräumen, sowie die ökologische Transformation der Verkehrspolitik zu planen.

Jedoch scheint sein Fokus derzeit auf einer anderen Agenda zu liegen. Der ehemalige CSU-Generalsekretär, welcher schon unter Parteichef Seehofer für Angriffe auf jede Partei links der CSU herausstach und auch mit Stimmungsmache gegen Ausländer*innen auffiel, betreibt im Einklang mit dem Innenministerium rechte Asylpolitik.

Was ist geschehen? Neue Verordnungen aus dem Verkehrsministerium in Form von „Sicherheitszeugnissen“ führen dazu, dass kleinere Schiffe wie etwa Sportboote der NGOs Mare Liberum, Mission Lifeline und Resqship nicht zu Missionen der Seenotrettung auslaufen können. Das Bundesverkehrsministerium reagiert damit auf das im vergangenen Jahr in zwei Instanzen gegen Mare Liberum verlorene Gerichtsurteil, wonach strengere Sicherheitsanforderungen bei Sportbooten nicht notwendig seien.

Diese politische Entscheidung aus dem Ministerium von Andreas Scheuer ist aus mehreren Gründen perfide: Die Rechtsänderung erfolgte ohne Anhörung der betroffenen NGOs. Für kleinere Schiffe wird der Rettungseinsatz nun verhindert oder ist nur unter enorm hohen bürokratischen und finanziellen Anforderungen möglich, ansonsten drohen empfindliche Strafen.

Nachweislich hat es „seit Beginn der Rettungs- und Beobachtungsmissionen ziviler Schiffe (...) nicht einen einzigen Unfall gegeben, der ein Crewmitglied an Leib oder Leben geschädigt hätte“, betonen die drei NGOs Mare Liberum, Mission Lifeline und Resqship.

Die unnötige Verschärfung der Sicherheitsanforderungen für Sportboote, die nun ähnliche Voraussetzungen wie Berufsschiffe erfüllen müssen, ist ein weiterer Mosaikstein, wie die zivile Seenotrettung mit rechtlichen Tricks torpediert wird. Von Scheuer und Seehofer wird eine politische Agenda betrieben: Das Ziel ist eine inhumane Asylpolitik. Durch neue Verordnungen und Gesetze wird das Recht auf Asyl immer mehr ausgehöhlt und das Retten von Menschen im Mittelmeer behindert. Daher verweist Mission Lifline richtigerweise auf „den Übergang von unterlassener Hilfeleistung zu aktiver staatlicher Verhinderung der Seenotrettung“ durch die Bundesregierung.

Dieser Anschlag auf die zivile Seenotrettung muss gestoppt werden. Die Bundesregierung darf nicht wegschauen, wenn Menschen im Mittelmeer ertrinken.

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