"Majestät, bitte zu Tisch"!

Kalbskopf Der 21. Januar 1793 ist ein besonderer Tag. Louis XVI wird geköpft. Ein leicht ironischer Beitrag zum Thema Magen und Revolution

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Die Dekapitation von Louis XVI. zeigt, dass die Revolution nicht nur eine Angelegenheit von Kopf und Herz, sondern auch des Magens ist
Die Dekapitation von Louis XVI. zeigt, dass die Revolution nicht nur eine Angelegenheit von Kopf und Herz, sondern auch des Magens ist

Bild: Georg Heinrich Sieveking/Wikimedia [Public domain]

Nehmen Sie den ganzen Kopf eines Kalbs, entbeinen und blanchieren sie ihn, entfernen Sie das Gehirn und ziehen Sie die erste Haut ab...

Ich beende das Rezept, das uns Alexandre Dumas im Jahr 1827 schenkt, aus Rücksicht auf die veganistischen Leser des Freitag. Aber es ist nicht zu leugnen: Kalbskopf, mit einer Sauce ravigote serviert, schmeckt einfach gelatinös-gut. In vielen französischen Familien ist es ein Traditionsessen. Das bovine Haupt steht auf der Karte nicht weniger Sternerestaurants – natürlich in diversen „Deklinationen“. Und es erinnert an ein historisches Ereignis, das in den letzten Tagen aus bestimmten Gründen öfter evoziert wird: die öffentliche Dekapitation Louis des Sechzehnten am 21. Januar 1793.

Alle Zeitgenossen waren sich der historischen Großartigkeit dieses Events bewusst, das die Bevölkerung in Monarchisten und Königsmörder („Régicides“) teilte. Und das Ereignis zeigt, dass die Revolution nicht nur eine Angelegenheit von Kopf und Herz, sondern auch des Magens ist. Und wie!

Am 21 Januar veröffentlichte der Pamphletist Romeau die Brochüre „Der Kopf oder das Ohr des Schweins“ mit dem Untertitel:

Vorschlag an alle Citoyens, in ihren Familien die interessantesten Epochen der Revolution zu zelebrieren und als Erinnerung an den 21. Januar einen Schweinskopf oder ein Schweineohr zu speisen.

Der Schweinskopf ist natürlich ein Metonym für den König, der nach seiner gescheiterten Flucht im Juni 1791 oft als Schwein karikiert wurde. Und in der Tat wurde der Vorschlag eines symbolischen Kannibalismus zunächst eifrig befolgt. Mit dem Sturz der Montagne und der antijakobinischen Konstruktion einer barbarischen Schreckensherrschaft der „Königsmörder“ ging der junge Brauch verständlicherweise zurück..., um im Jahr 1816 wieder aufzuleben. In diesem Jahr ließ Louis der Achtzehnte dem Marschall Napoleons, Mouton-Duvernet den Prozess machen und zum Tode verurteilen. Plakate tauchten auf:

Wenn Ihr den Mouton (übersetzt „Hammel) tötet, stechen wir das Schwein ab!

Natürlich ließen sich die neuen alten Herrschenden nicht davon abschrecken. Mouton-Duvernet wurde hingerichtet. Es gab sogar ein öffentliches Bankett, auf dem sich die Reaktionäre ostentativ Hammelleber servieren ließen. Die Konterreaktion erfolgte prompt. Auf einem Gegenbankett wurde Schwein mit Kartoffeln gereicht. Die Kartoffeln sollten an ihren früheren königlichen Förderer Louis XVI erinnern, der mit den Erdäpfeln die für ihn so kritischen Brotkrisen abschaffen wollte. Fortan institutionalisierten sich republikanische Bankette mit schweinischen Stammgerichten. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts und im Zuge der in Bürgerkreisen herrschenden Anglomania änderte sich der Hauptgang. Die Köpfe wurden ausgewechselt. Man bezog sich nun auf die englischen Republikaner, die sich in Erinnerung an die Köpfung Charles I. für das Haupt des Kalbs entschieden hatten.

Zum Schluss sei die Frage nach der republikanischen „Exemplarität“ (Innenminister Castaner) der Präsidenten gestellt? Der letzte Kalbskopfliebhaber war wohl der jüngst verstorbene Jacques Chirac. Sarkozy zog Müsliriegel vor, Hollande Fische (aus nachhaltigem Fang). Macron liebt das Cordon bleu, egel ob aus Huhn, Schwein oder Kalb. Bei einem volkstümlichen frühmorgendlichen Besuch im Großmarkt Rungis zeigte ihm ein Metzger einen Container mit Kalbsköpfen mit den Worten:

Die Tête de Veau ist weder rechts noch links.

Der Präsident selbst resümierte damals seinen Ausflug mit den typischen Worten:

Das ist ein Ort, wo ich denke, dass die Ideen, die ich trage verstanden und gehört werden.

Das war vor über einem Jahr. Seit einigen Tagen hört man jedoch tatsächlich nicht ganz ernst gemeinte Anspielungen auf den 21. Januar 1793. Ist das eine Revolte? Nein Sire, es ist eine....

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden