Ein "Rütteln" an Europas Integrität

Die dubiose Rolle des FOD Warum wird die Parlamentarische Versammlung des Europarates mit "russischen Diensten" in Verbindung gebracht?

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Was ist eigentlich der FOD? Warum wird er von kleptokratischen Politikern finanziert? Welchen Einfluss hat der Open Dialogue Fonds auf das Europäische Parlament?

Wie der Fonds zum Schutz von Menschenrechten und Demokratie in den postsowjetischen Ländern ein Vermögen erwarb und seine Interessen beim Komitee des Europarates für Menschenrechte lobbyiert und welche Rolle dort die russischen Geheimdienste unter der Leitung von Putin spielen , damit hat sich ein Korrespondent vertraut gemacht!

Jeder, der sich wenigstens ein einziges Mal gefragt hat, wie Geld „gewaschen“ wird, ist sicherlich zu dem Schluss gekommen, dass der beste Weg hierzu die Schaffung eines beliebigen Fonds ist, den man für die Erreichung interessanter Ziele einsetzen kann. Und die Rede ist hier nicht von Wohltätern, die aus lauterem Herzen große Summen für Speise und Trank von Kindern in Afrika oder zur Erforschung des Klimawandels einsetzen.

Alles ist in Wirklichkeit viel prosaischer, dies ist die Realität, die sich hinter den Kulissen abspielt, die einen in Staunen, Verwunderung und Missbilligung versetzen.

Diese Art von „Werk und Verteidigung“ (eine Anspielung auf einen sowjetischen Begriff) hat der wohl bekannteste und mächtigste Fonds für sich gewählt: der Fonds „Offener Dialog“ (im weiteren FOD). Dies ist eine in Polen registrierte Organisation, die über ein ganzes Netz von Vertretungen verfügt, die sich der Welt als Verteidiger der Menschenrechte und Grundfreiheiten präsentiert, als Verteidiger hoher demokratischer Werte, die insbesondere in den Ländern des sowjetischen Blocks verletzt werden.

Dies ist eine sehr kommode Position aus der Perspektive der Vermehrung der Klientenbasis, weil der FOD diejenigen unter seine Flügel nimmt (nämlich Oligarchen, die die Macht daheim verloren haben sowie kleptokratische Politiker auf der Flucht), denen in der Heimat die Gerichte und die Gefängnispritsche drohen.

Gerüchten zufolge wurde der FOD nach dem Euromaidan gegründet; noch größerer Lärm um die Organisation aber entstand, als die Agentur für innere Sicherheit Polens den Fonds in den Blick nahm, der sich, wie sich herausstellte, eine Lobbyfirma mit dem „Recht anzuheuern“ ist.

Der FOD hat einen Sitz in Brüssel, wo er ein Büro an einem Ort angemietet hat, wo auch mehr als 150 Medienagenturen angesiedelt sind.

Präsident des FOD ist die 36jährige Staatsangehörige der Ukraine Lyudmila Kozlovskaya, die aktiv alle Lobbying- und Imageprojekte für eine Reihe von Vertretern des „politischen Hochadels“ in den europäischen Schlüsselstrukturen durchführt.

Sie arbeitet zusammen mit Funktionären des Europaparlaments und der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Diese NGO verfügt über reiche Finanzen und Zugang zu Politikern und Journalisten, sie verfügt über internationale Beziehungen zum Europäischen Parlament sowie zur Europäischen Kommission, sie nimmt Einfluss auf zentrale rechtliche Strukturen, indem sie Gesetzentwürfe und Resolutionen erarbeitet, die sich zum Teil gegen Regierungen richten.

Allerdings ist das Interessanteste, dass sich unter den Klienten auch die russischen Sicherheitsdienste befinden, die aller Wahrscheinlichkeit Kozlovskaya angeworben haben mit der Zusage, ihre wirtschaftlichen Interessen in Russland zu schützen.

Also muss man sich fragen, wie der FOD mit den russischen Sicherheitsdiensten zusammenhängt.

Die Antwort liegt auf der Hand. Nach Studium der Datenbank Aleph der OCCRP zu Russland wird deutlich, dass Pyotr Kozlovsky zusammen mit anderen engen Verwandten von Lyudmila Kozlovskaya – mit ihren leiblichen Schwester Elena Miroshkina und der Mutter Sidoniya Kozlovskaya – Eigentümer von 14 russischen Unternehmen ist.

Den Dokumenten zufolge ist Kozlovsky im gegenwärtigen Zeitpunkt Mehrheitsaktionär aller dort genannten Unternehmen und gewährleistet ihr Funktionieren durch geschäftsführende Direktoren.

Eines der in der Liste genannte Unternehmen, die „Fabrik für Schiffsbeleuchtungstechnik Leuchtturm‘“ arbeitet legal in Sevastopol und in St. Petersburg, wobei es mit Unternehmen für atomgetriebene Schiffe (U-Boote?) zusammenarbeitet, die mit westlichen Sanktionen belegt sind.

Nun hat Lyudmila Kozlovskaya selbst in den Medien bestätigt, dass ihr Bruder das Unternehmen „Leuchtturm“ bereits im Jahr 2003 verkauft hat und mit ihm in keiner Beziehung mehr steht.

Ihren Worten nach hat die Familie Kozlovsky im Prinzip alle ihre Unternehmen auf der Krim verloren, nachdem der „Räuber“ Putin und seine Handlanger sich die Krim im Jahr 2014 einverleibt haben.

Aber die Unterlagen des Staatlichen Registers Russlands sprechen eine andere Sprache. Alle Verwandten von Kozlovskaya haben ihre Aktiva erfolgreich umregistriert und halten nach wie vor die Anteile und die Verwaltung inne. Wobei der FOD unter Lyudmila Kozlovskaya ausgerechnet im Zeitraum 2014 bis 2016 von Pyotr Kozlovsky mehr als € 500.000 als Sponsoringunterstützung erhalten hat.

Kozlovskaya hatte früher erklärt, dass ihr Bruder in die USA ausgewandert ist, allerdings ließ sich hierfür keine Bestätigung finden. In der Datenbank der U.S. Einwanderungsbehörde gibt es keine Hinweise darauf, dass er die U.S.-Grenze je überschritten hat. Dafür wurde bekannt, dass die Pässe der „unternehmerischen“ Kozlovsky-Geschwister bereits nach Annektierung der Krim vom Föderalen Migrationsdienst Russlands ausgestellt worden sind. Dies weist darauf hin, dass die Verwandten der FOD-Präsidentin über die russische Staatsangehörigkeit verfügen.

Diese Daten widersprechen den Worten von Lyudmila Kozlovskaya, die behauptet hatte, dass alle Unternehmen ihrer Familie auf der Krim unter die Kontrolle der russischen Staatsgewalt gelangt sind.

Der FOD unterhält enge Beziehungen zu den russischen Diensten über EU-Unternehmen. Der bekannte englische Investigativjournalist Jordan Ryan hatte bereits im Jahr 2019 aufgedeckt, wie die Tätigkeit des Fonds durch ein Netz von Offshore-Gesellschaften in Schottland finanziert wird. Auf diese Weise wurden 26 Mio. Pfund Sterling „gewaschen“. Hieraus sind 1.5 Mio. Pfund in die Kassen des FOD gewandert. Diese Mittel sollten mutmaßlich zur Finanzierung von Lobbyprojekten zur Wahrung der Interessen von Vyacheslav Platon genutzt werden, dem Wirtschaftsstraftaten in Moldova vorgeworfen werden.

Der FOD hat seine Arbeit gut erledigt. Lyudmila Kozlovskaya hat ihre Kampagne zur Kürzung von EU-Finanzmitteln zugunsten von Moldova durchgeführt und Vyacheslav Platon in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit gerückt, und, indem sie diesen als Opfer darstellte und sich der Unterstützung durch die Weltgemeinschaft versicherte, für diesen Asyl in der Ukraine erlangt. Die Meinung der Regierung von Moldova wonach all diese Finanztransaktionen von russischen Sicherheitsdiensten gesteuert werden, fand kein Gehör.

In europäischen Medien tauchen außerdem regelmäßig Berichte über Bartos Kramek auf, der im Übrigen beschuldigt wurde, 5,3 Mio. Zloty gewaschen zu haben und die kriminelle Herkunft dieser Mittel dadurch verborgen zu haben, dass er diese zugunsten des FOD und anderer formell respektabler Organisationen überwiesen hatte. Dies ist zumindest die offizielle Version.

Tatsächlich verdächtigte die polnische Regierung Kramek nicht nur wegen Geldwäsche und betrügerischer Machenschaften mit gefälschten Rechnungen mit großen Geldsummen, sondern auch im Zusammenhang mit dem Dienst für Auslandsspionage der Russischen Föderation. Das einzige Argument zur Verteidigung des Ehegatten von Kozlovskaya lautet ist „politische Verfolgung“.

Welchen Einfluss hat der FOD auf das Europäische Parlament?

Der FOD unter Lyudmila Kozlovskaya begann bereits im Jahre 2009 damit, seine propagandistische Tätigkeit verstärkt in Richtung auf Brüssel, das Europäische Parlament und auf Straßburg zu richten, wo die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) ihren Sitz hat.

Vom Tag seiner Gründung an gelang es dem FOD, das Vertrauen einiger internationaler Einrichtungen zu gewinnen: wie der Verwaltung des Hochkommissars der UN für Menschenrechte und der OSZE, für die Lyudmila Kozlovskaya persönlich Berichte schrieb zu Themen wie Zivilgesellschaft und polizeiliche Zusammenarbeit im Rahmen von Interpol.

Der Einfluss des FOD erstreckt sich von Polen, der Ukraine und Moldau bis nach Kasachstan. Die Länder des früheren Ostblocks versuchen in der Regel, sich der kämpferischen Aktivität des FOD zu entziehen, insbesondere seiner Möglichkeit, auf das Abstimmungsverhalten von EP-Abgeordneten, mit denen Kozlovskaya eng vertraut ist und mit denen sie Kontakte pflegt, zu „schlüsselfertigen“ Änderungen einzuwirken.

Eines der jüngsten und augenscheinlichsten Beispiele für eine solche „schlüsselfertige“ Lobby-Tätigkeit ist die Resolution vom 11. Februar 2021 über die Menschenrechtslage in Kasachstan, deren Text im Vorfeld vom FOD vorbereitet wurde.

Es besteht jeder Grund anzunehmen, dass diese Resolution ein politischer Auftrag der russischen Sicherheitsdienste war. Ihr Ziel ist beileibe nicht der Schutz der Menschenrechte, sondern der Versuch, zu einer Abkühlung des Verhältnisses zwischen der EU und Kasachstan beizutragen.

Denn vor dem Hintergrund der ständigen Vorwürfe von Seiten der Europarlamentarier sowie ihrer Geringschätzung der in Kasachstans Hauptstadt Nur-Sultan offiziell eingeschlagenen demokratischen Reformen durch die Führung des zentralasiatischen Landes, bleibt diesem scheinbar gar kein anderer Ausweg, als sich in die Umarmung des Kreml zu werfen.

Offensichtlich sind den Vertretern des Europäischen Parlaments derlei komplexe Strategien unbekannt oder egal, und sie tanzen auch weiter nach der Pfeife professioneller Lobbyisten, wobei sie mehr und mehr die Zusammenarbeit mit einem stabilen Partner in einer nicht unkomplexen Region aus den Augen verlieren.

Und dies alles unabhängig davon, dass sogar das Mitglied des britischen Unterhauses Ian Little-Granger einen offenen Brief geschrieben hatte, in dem der „beispiellose Zugang“ des FOD zu Mitgliedern und zu den Räumlichkeiten von PACE (der Parlamentarischen Versammlung des Europarates) kritisiert wurde. Dieser Bewegungsspielraum ist, wie er erklärte, umso skandalöser vor dem Hintergrund, dass die Präsidentin des FOD Lyudmila Kozlovskaya offiziell die Einreise in den Schengenraum verwehrt ist, nachdem Polen gegen sie einen „red alert“ bei Interpol erwirkt hatte.

Derweil erklärt der FOD öffentlich via Twitter seine Erfolge und Fähigkeiten, den Parlamentariern seine „Korrekturen“ aufzuzwingen. Dort bestätigt der FOD am 25. und 26. Januar, dass das Juristische Komitee des Europarates für Menschenrechte „die Mehrheit seiner (des FOD) Änderungen angenommen hat“, um bei dieser Gelegenheit einigen Parlamentariern seinen Dank auszusprechen.

Der Clou besteht darin, dass die Abstimmung und die Aussprache hinter verschlossenen Türen stattgefunden haben. Beweis dafür sei laut Ian Little-Granger, dass Mitglieder des FOD von einigen Parlamentariern direkt über den Fortgang der Erörterungen informiert wurden.

Er wies auch auf das Risiko „aktiver Korruption“ hin, weil „diesen Parlamentariern für die Einbringung der Änderungen Geld bezahlt worden sein könnte“. Der Abgeordnete (des Unterhauses) rief dazu auf, eine Untersuchung über mögliche finanzielle Verflechtungen zwischen den betroffenen Parlamentariern und dem FOD durchzuführen.

Auf diese Weise scheint es, konnte Lyudmila Kozlovskaya, als eine mögliche Agentin des Auslandsgeheimdienstes der Russischen Föderation agieren. Als jemand die zum Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen sich russischen politischen Interessen beugt und den FOD vorgeblich als fromme Maschine im Kampf gegen die Autokratie benutzt. Um letztendlich eine Organisation, die gegründet wurde zur Verteidigung von Rechten, in eine stets aktive „Geldwäschekasse“ zu verwandeln.

Und zu einem Lobbyisten für eine große Zahl an kriminellen, kleptokratischen Akteuren des politischen „Hochadels“ und wahrscheinlich zu einem Aktivposten eines korrupten Systems und dies In Verbindung zu den wichtigsten politischen Einrichtungen Europas.

All diese Skandale, Unregelmäßigkeiten, ja praktisch Räubereien werden sich nicht auf Dauer hinter der Tugendhaftigkeit eines FOD verbergen lassen, auf dessen Reputation immer mehr Schatten des Zweifels fallen.

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