Selenskyj beleidigt griechisches Parlament und macht Putin unverdientes Geschenk

Ukraine-Krieg Der ukrainische Präsidenten Wolodymyr Selenskyj lässt bei seinen Auftritt im griechischen Parlament Mitglieder des neonazistischen Regiments Asow sprechen
Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj per Video im griechischen Parlament (7.4.2022)
Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj per Video im griechischen Parlament (7.4.2022)

Foto: Louisa Gouliamaki/AFP/Getty Images

Wie wir alle wissen, hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fast täglich in verschiedenen Parlamenten und Kongressen um Unterstützung für den tapferen Widerstand seines Landes gegen Wladimir Putins Invasionsarmeen geworben. Das ist durchaus verständlich. Bisher waren die Bemühungen von Selenskyj äußerst erfolgreich und haben ihm geholfen, enorme Sympathie und Unterstützung aus der ganzen Welt zu gewinnen. Das heißt, bis jetzt. Sein Auftritt im griechischen Parlament beendete seinen guten Lauf und dürfte Wladimir Putin unverdient Auftrieb gegeben haben.

Es war am Donnerstagmittag in Athen, als der ukrainische Präsident per Videolink in unserem Parlament erschien. Zunächst verlief alles nach Plan ­ wie in allen anderen Parlamenten und Kongressen auch. Dann geschah etwas Außergewöhnliches und außerordentlich Beleidigendes: Wolodymyr Selenskyj teilte seinen Bildschirm mit zwei Mitgliedern des Regiment Asow, einer unverhohlen neonazistischen Gruppe, deren Fahnen und Uniformen mit dem Hakenkreuz geschmückt sind und dessen altehrwürdige Verbindungen zu unserer eigenen Naziorganisation, der widerlichen Goldenen Morgenröte, wohlbekannt sind.

Die Entscheidung von Selenskyj, seine „Kumpel“ in ein Parlament zu bringen, das ihn und nur ihn ­ eingeladen hat, wäre an sich schon beleidigend. Zwei Mitglieder einer Organisation, die oft stolz ihre Nazi-Ideologie und -Symbole präsentieren, in das Parlament eines Landes einzuschleusen, das

– während der Nazi-Besatzung massiv gelitten hat,

– in den 1940er Jahren tapfer gegen die Nazis gekämpft hat und

– es erst kürzlich geschafft hat, die Neonazis der Goldenen Morgenröte als kriminelle Bande zu verurteilen,

ist eine schwere Beleidigung.

Neben der schweren Beleidigung Griechenlands und unseres Parlaments hat Selenskyj es geschafft, der Sache des ukrainischen Volkes zu schaden und Wladimir Putin ein unverdientes Geschenk zu machen.

Erinnern Sie sich daran, wie Putin von Anfang an versuchte, seinen verbrecherischen Einmarsch in die Ukraine zu rechtfertigen, indem er ihn als „Entnazifizierungsaktion“ darstellte? Nicht einmal in ihren kühnsten Träumen hätten sich Putins PR-Leute vorstellen könnte, dass Selenskyj ihnen den Gefallen tun würde, (zur Unterstützung ihrer Propaganda) im griechischen Parlament neben zwei Nazis aufzutreten!

Die Frage ist nun: War dies ein Fauxpas? Oder handelt es sich um eine bewusste Entscheidung von Selenskyj, sich den Nazis in seiner Koalition anzunähern? Allein die Frage lässt allen Demokraten und allen Unterstützern des gerechten Widerstands der Ukrainer gegen Putins Armee einen Schauer über den Rücken laufen.

Yanis Varoufakis ist Ökonom und Publizist. Er war griechischer Finanzminister und sitzt für die linke Partei MeRA25 im griechischen Parlament.

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