Damit das klar wäre. Oder: Die Holzbeine der Piraten

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Das sagt sich nachher natürlich immer herrlich leicht, aber ich sag´s jetzt einfach mal: Die Piratenpartei war mir schon immer suspekt. Anfangs fand ich deren Ziele schlichtweg zu eingeschränkt, um sich als wirkliche Partei zu profilieren - Datenschutz und Freiheit im Netz sind mir als gesellschaftspolitische Statements einfach zu dünne. Was ja nicht mein Problem ist, wähle ich eben was anderes (was ist ein andere Frage ...).

Die Ahnung, dass sich hier eine starke anti-staatliche Bewegung formiert, beschlich mich dann erstmals, als ich erfuhr, dass Pirate Bay - ja, ich weiß: Das sind zwei verschiedene Organisationen. Die Wechselwirkungen verleugnen allerdings nicht einmal sie selbst - von dem schwedischen Rechtspopulisten Carl Lundström finanziert wird. Denn der ist wahrlich kein Gutmensch, der den Jungs mal ein bisschen Kohle rüberschiebt, damit sie Spaß haben. Ich nehme vielmehr an, dass Lundström recht gezielt in den konsequenten Gesetzesbruch (und den betreibt Pirate Bay nunmal nach geltenden Gesetzen; ob die nun zeitgemäß sind oder nicht ist eine ganz, ganz andere Frage) investiert hat.

Zurück zur Piraten Partei. Da ist nun also seit kurzem Jörg Tauss Mitglied, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen Besitzes der Kinderpornografie ermittelt (gute Reportage in der SZ). Ganz gleich, ob Tauss schuldig ist oder nicht, frage ich mich nun: Hätte er auch gegen "Zensursula" gestimmt, wenn das nicht der Fall gewesen wäre? Wäre er auch ohne eine Verfahren gegen ihn aus der SPD aus- und in die Piratenpartei eingetreten? Würde er auch vor das Bundesverfassungsgericht deswegen gehen, wenn er selbst nicht just betroffen wäre? Seine persönlichen und politischen Motive sind jedenfalls gerade nicht besonders scharf zu trennen.

Gestern schließlich berichtete Spiegel Online über dubiose Äußerungen von Mitgliedern der Piraten Partei. Von Bodo Thiesen zum Beispiel, der sich - um es vorsichtig zu sagen - nicht ganz sicher ist, wie das damals so war mit dem Holocaust. Diese Äußerungen seien, so wird von manchen (siehe Diskussion in den Foren, Link unten) als Erklärung/Entschuldigung/wasauchimmer angeführt, bei ihm - der wahrlich mehr als nur ein einfaches Mitglied ist - ja echt lang her.

Den Boden der politischen Moral verliert die Piraten Partei also Schritt für Schritt unter den Füßen. Da rechtfertigt auch, es tut mir leid, kein einziges ihrer durchweg ehrenvollen Ziele mehr, dass jemand dieser Partei tatsächlich seine Stimme gibt.

Weiterlesen:
Auch Jacob Fricke macht sich Gedanken ...
Sowie das Blog "Zur Politik" ...
Sowie Chris von f!xmbr ... (selten mit dem so einer Meinung gewesen!)
Bodo-Thiesen-Facts bei Indymedia ...
Bodo Thiesen in der Diskussion über den Zweiten Weltkrieg im Heise-Online-Forum (etwas älter, aber dafür unmissverständlich) ...
Und noch mehr hübsche Zitate, gepostet im Piraten Forum, wo das Problem durchaus diskutiert wird.
Aktuelle Stellungnahme von Thiesen, noch unmissverständlicher ...

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Geschrieben von

Katrin Schuster

Freie Autorin, u.a. beim Freitag (Literatur, TV, WWW)

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