Gegengewicht: Was tun Linke und Grüne gegen den CDU-Drall der SPD?

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Während sich die SPD-Spitze auf einer Halbinsel im Brandenburgischen auf den Wahlkampf 2013 vorbereitet, wirbt die Linke trotz aller sozialdemokratischer Abgrenzungen um rot-rote Kooperationen. Klaus Ernst kritisierte die „Ausschließeritis“ der SPD und sagte, wenn die Partei „ihre politischen Versprechen ernst nimmt, wird sie einsehen: Ohne uns geht es nicht“. In Umfragen findet der Linkenvorsitzende ein momentanes Argument: Schwarz-Gelb wird nach jetzigem Stand nicht so einfach von Rot-Grün abgelöst. „Ich kann die SPD nur warnen“, so Ernst: „Wer links blinkt und rechts abbiegt, wird zum Geisterfahrer und endet als politischer Bruchpilot.“

Die Debatte hat mit Blick auf das Saarland auch noch eine landespolitische Dimension. Erneut erklärte Ernst, man wolle den Sozialdemokraten „ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen“ könnten. Den von der SPD zuallererst angeführten Knackpunkt Schuldenbremse will die Linke mit einem neuen „Konzept der sozialen Haushaltssanierung“ auskontern. Damit sage die Linke „Ja zum Schuldenabbau und Nein zum Sozialabbau“. Dann müsse „die SPD entscheiden, ob sie die Millionäre belasten will oder die Bürger“. Der implizite Verweis auf die Gestaltungsmöglichkeiten im Bundesrat ist allerdings ein wenig wackelig: Selbst wenn es im Saarland eine rot-rote Koalition geben würde, kommen die allein von SPD, Grünen und Linken regierten Länder im Bundesrat nicht auf die 35-Stimmen-Mehrheit, die eine effektive Blockade der Regierungspolitik möglich machen könnte. Von einer „Gestaltungsmehrheit“ ganz zu schweigen.

Die SPD hat von ihrer Klausur aber ohnehin vor allem solche Signale gesandt, die nach Kooperation in eine ganz andere Richtung klingen – man hält sich die Bündnisoption mit der Union mehr als offen. „Es geht nicht um einen Wahlkampf gegen die Kanzlerin Merkel“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel. „Unsere Gegner sind die Finanzmärkte, unser Gegner ist die soziale Spaltung in Deutschland.“ Auch gehe es nach Ansicht des Niedersachsen „nicht darum, gegen andere zu kämpfen, sondern für ein besseres Deutschland“. Die Bundestagswahl sei „eine Richtungswahl, keine Lagerwahl“, das Ziel bleibe, das fügte Gabriel noch hinzu, Rot-Grün.

Doch wie ernst kann man das nehmen? Die Grünen sind inzwischen auch vom „großkoalitionärem Gebaren“ der Sozialdemokraten genervt. Parteichefin Claudia Roth erinnerte am Sonntag daran, dass sich die SPD oft nach dem Motto „Opposition ist Mist“ verhalten und „in den vergangenen Monaten häufiger für eine große Koalition entschieden“ habe. „Nach Roths Ansicht könnten die Sozialdemokraten von vornherein ein Bündnis mit der Union bevorzugen, anstatt für Rot-Grün zu kämpfen“, schreibt eine Nachrichtenagentur. Roth hat nun eine interessante Formel geprägt: „Große Koalition oder Politikwechsel – das wird die Auseinandersetzung sein.“

Wird sie das? Dies ernst genommen, wäre zu fragen, ob nicht Grüne und Linken gemeinsam versuchen müssten, ein Gegengewicht zum CDU-Drall der Sozialdemokraten zu bilden – durch einen (schon früher immer mal wieder diskutierten) Versuch, Grüne und Linke zu den (auf je unterschiedliche Weise) treibenden Kräften im rot-rot-grünen Lager zu machen, durch unaufgeregte Gespräche, inhaltliche Diskussionen, sozusagen in Form einer „kooperativen Konkurrenz“, deren Ziel es wäre, einen echten Politikwechsels gegenüber dem machttaktischen Agieren der SPD zu stärken. (Die Redaktion Prager Frühling hatte vor einiger Zeit formuliert, “perspektivisch geht es um die Alternative von einem Mitte-Unten-Bündnis, das seinen politischen Ausdruck in der Kooperation von Linkspartei und Grünen findet oder einem Mitte-Oben-Bündnis, das politisch auf eine schwarz-grüne Option hinausläuft” – wobei hier zu ergänzen wäre, dass die wahrscheinlichere Regierungsvariante eines Mitte-Oben-Bündnisses derzeit die große Koalition ist. Dass die Diskussion über das “andere” Rot-Grün schwierig sein dürfte, soll damit nicht unterschlagen werden.)

Aber zurück zu Claudia Roth, welche die Linke auch lieber links liegen lässt. Rot-Rot-Grün stehe „angesichts des Zustands der Linken nicht zur Debatte“, gibt die Deutschen Presse-Agentur die Grünen-Chefin indirekt wieder. Der Zustand der SPD, die Roth gerade noch kritisiert hatte, scheint ihr nicht so ein Problem zu sein.

auch auf lafontaines-linke.de

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Geschrieben von

Tom Strohschneider

vom "Blauen" zum "Roten" geworden

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