Das Gewicht des Körpers

Gefühlsmechanik Wie das Unbewusste ein Bewusstsein einfordert: In seinem epochalen Roman „Parallelgeschichten“ beschreibt Péter Nádas, was es heißt, ein menschliches Tier zu sein
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So wie wir das eigene Leben nicht kohärent zusammensetzen können, so können wir diesen gewaltigen Roman nicht zusammensetzen: drei Bücher, neununddreißig Kapitel, 1724 Seiten mit jähen Wechseln und Verknüpfungen, einer zunächst verantwortungslos scheinenden Streuung von Personen und Motiven. Weil die zahlreichen Geschichten wirklich parallel laufen, fast nie einen Anfang oder ein Ende haben, ist der Leser erst einmal frustriert und sucht nach Linearität, nach Helden, die sich entwickeln, nach einem Hochsitz, von dem er das Ganze überblicken kann. Doch dann, mit einer Ausdauer, die überreich belohnt wird, sieht er, angelangt im letzten Buch, die große, ingeniöse Architektur, welche Figuren und Zeitläufte zusammenhält