Umtriebige Pflanze

Leseprobe "Später wurden vor allem die Azteken für ihre Chilivorliebe berühmt, häufig fand man diese auf ihrem Speiseplan. Chilis waren bei ihnen so präsent, dass das Wort aus ihrer Sprache kommt."
Umtriebige Pflanze

Geschichte und Verbreitung der Chilis

Chilis stammen ursprünglich aus dem nördlichen Amazonasbecken, die Pflanzen sind heute in ganz Zentral -und Südamerika, Westindien und in den südlichsten Staaten der USA heimisch. Der wild wachsende Tepin oder Chiltepin (Capsicum annuum var. glabriusculum) ist vermutlich die älteste Sorte der Welt und wird häufig als Urform des Chilis bezeichnet. Er wächst in Nord-Mexiko bis weit nach Arizona und Texas hinein, wo er als Nationalpflanze gilt. Er ist schwer anzubauen, doch in der Wildnis wächst Chiltepin auch unter extrem kargen Bedingungen. In Gebieten mit wenig Niederschlag, wie in der Sonora-Wüste, gedeiht er hervorragend im Halbschatten von Wüsteneiche oder Mesquitebaum. Hier überlebt die angeblich einjährige Pflanze viele Jahre und trägt auch nach 20 Jahren noch Früchte.

Diese Eigenschaft der meisten Chilis ist ein interessanter Aspekt: Wenn Chilis unter optimalen Bedingungen wachsen, blühen sie nicht nur einige Jahre lang, sondern sorgen im zweiten, dritten und vierten Jahr sogar für eine reichere Ernte. Der Tepin ist eine wildwachsende Chilisorte. Weiter südlich, in Peru oder Bolivien, finden wir schon vor 5.000–6.000 Jahren Hinweise auf eine kultivierte Sorte namens Rocoto oder Locoto. Etwa aus derselben Zeit stammen erste Hinweise auf eine Kultivierung in Ecuador. In Mexiko sind erste Hinweise bereits vor 7.000 Jahren zu finden. Später wurden vor allem die Azteken für ihre Chilivorliebe berühmt, häufig fand man diese auf ihrem Speiseplan. Lieblingsgetränk der Azteken-Herrscher war eine Mischung aus Chili und Kakao. Chilis waren bei ihnen so präsent, dass das Wort aus ihrer Sprache kommt; genau wie Schokolade (von Xocolatl)!

Die portugiesischen Händler des 16. Jahrhunderts sorgten für eine weitere Verbreitung des Chilis in der Welt. In dieser Zeit betrieb Portugal – damals das erste große Weltreich – Handel und kolonisierte Gebiete in Teilen von Südamerika, Ost- und Westafrika, China, Indien und Japan. Im Jahr 1500 landete der Entdecker Pedro Álvares Cabral (wahrscheinlich durch Zufall) in Brasilien und der Chili verbreitete sich in den folgenden 200 Jahren schnell im gesamten Reich und wurde zu einem festen Bestandteil der portugiesischen Kolonialküche. Obwohl bereits die spanischen und portugiesischen Mönche des 16. Jahrhunderts in ihrer Küche mit Chilis experimentierten, konnte sich der nicht direkt von Portugal über Europa ausbreiten, sondern nahm zunächst den Umweg über Indien, kam von dort über die Gewürzstraße durch Zentralasien und die Türkei zurück nach Europa. Die indischen Kolonien des Empires markierten die weitere Verbreitung des Chilis und führten vor allem Curry-Gewürze (Masalas) in die britische Küche ein, anfangs in Form von traditionellen Gerichten der indischen Küche wie Fischeintöpfen und Lamm-Currys.

Heute werden jährlich weltweit ca. sieben Millionen Tonnen Chilis angebaut. Obwohl die meisten Sorten noch immer in Mexiko zu finden sind, ist Indien mit 1,1 Millionen Tonnen zum weltweit größten Chiliproduzenten aufgestiegen, der 25 Prozent des exportierten roten Chilis liefert. China ist zweitgrößter Lieferant und wird Indien vermutlich in den kommenden Jahren ablösen.

Tradition und Ungewöhnliches

Überall auf der Welt werden Chilis für verschiedene Bräuche verwendet – zur Abschreckung von Vampiren und Werwölfen in Osteuropa etwa oder zum Vertreiben marodierender wilder Elefanten im heutigen Assam. Sie werden überall in großen Mengen als Medizin bei alkoholbedingtem Kater eingesetzt. Chilis sind Bestandteil von Kosmetikprodukten wie Rouge und sorgen für rosigen Schimmer. Augentropfen mit Chilis sollen gegen Kopfschmerz helfen und zwischen Daumen und Zeigefinder zerriebenes Chilipulver hält Kinder vom Daumenlutschen und Nägelkauen ab.

Gut für Gesundheit und schlanke Linie

Chilis sind cholesterinfrei, natrium- und kalorienarm, reich an Vitamin A und C und enthalten viel Folsäure, Kalium und Vitamin E. Sie werden schon lange Zeit als traditionelles Heilmittel unter anderem bei Magersucht und bei Schwindel eingesetzt. Wissenschaftlich anerkannt sind sie als Mittel zur Behandlung von Asthma, Arthritis, Blutgerinnsel und Kopfschmerzen, bei post-herpetischer Neuralgie (Gürtelrose) und Verbrennungen. Lediglich bei Bluthochdruck ist Vorsicht geboten. Nach Gewicht gemessen, enthalten grüne Chilis doppelt so viel Vitamin C wie Zitrusfrüchte. Rote Chilis enthalten mehr Vitamin A als Karotten. Das heißt, dass 100 Gramm frische grüne Chilis etwa 240 Prozent der für Erwachsenen empfohlenen Tagesmenge an Vitamin C liefern.

Wie bereits erwähnt, enthalten Chilis wenig Natrium, etwa 3,5–7 mg auf 100 g, sind aber voller Geschmack. Chiliwürzmittel geben Gerichten Geschmack und Schärfe, beugen der Verwendung von Salz vor und reduzieren dadurch nochmals den Natriumgehalt. Zudem enthalten Chilis je nach Sorte 37 kcal/100 g. Eine Mahlzeit mit etwa 3 g Chili lässt den Körper durchschnittlich 45 kcal zusätzlich verbrennen, im Vergleich zu einer Mahlzeit ohne zusätzlichen Chili. Nach dem Essen steigt unser Grundumsatz – der sogenannte ernährungsbedingte thermische Effekt –, doch Chilis können diese Wirkung um den Faktor 25 erhöhen. Gerichte mit Chili können somit den effektiven Kaloriengehalt einer Mahlzeit reduzieren!

11.09.2013, 21:18

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