Der akademische Weg

Biographie Als Sohn eines Intellektuellenpaares ging auch David Foster Wallace zunächst den klassischen akademischen Weg, bevor er sich der Schriftstellerei zuwandte. Den universitären Diskurs verließ er aber nie

David Foster Wallace (* 21. Februar 1962 in Ithaca, New York; † 12. September 2008 in Claremont, Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schriftsteller und Professor für Englische Literatur. Er wurde als einziger Sohn von James Donald und Sally Foster Wallace geboren. Sein Vater übernahm, nachdem er sein Philosophiestudium an der Cornell University abgeschlossen hatte, im Herbst 1962 einen Lehrauftrag an der Universität in Urbana-Champaign. Seine Mutter lehrte Englisch am Parkland College in Champaign. Hier lebte die Familie in einem kleinen Ort namens Philo südlich von Urbana, Illinois, dessen Dorfleben Wallace in zahlreichen Essays und Kurzgeschichten verarbeitete. Seine jüngere Schwester Amy Wallace wurde Juristin und praktiziert seit 2005 als Rechtsanwältin in Arizona. Ende 2004 heiratete Wallace die Malerin Karen Green.

Bevor Wallace sich ernsthaft den Geisteswissenschaften zuwandte, verfolgte er zunächst eine Karriere als Tennisprofi und schaffte es bis auf Platz 17 der amerikanischen Rangliste. Wie sein Vater studierte er dann Logik und Mathematik. Seine Bachelorarbeit über Modallogik brachte ihm den Gail Kennedy Memorial Prize ein. Später studierte Wallace Literatur und Philosophie. 1985 schloss er in beiden Fächern mit summa cum laude ab. Aus seiner Examensarbeit zur Englischen Literatur entwickelte er später seinen ersten Roman Der Besen im System.

1987 beendete Wallace sein Studium an der Universität Arizona mit einem Master in Kreativem Schreiben. Sein begonnenes Promotionsstudium in Philosophie an der Harvard University brach Wallace 1992 ab, um an der Illinois State University einen Lehrauftrag anzunehmen. Seit 2002 lehrte er als Professor für englische Literatur und Creative Writing am Pomona College in Claremont in Kalifornien. 1997 war er MacArthur Fellow.

Am 12. September 2008 erhängte sich Wallace laut Medienberichten in seinem Haus in Claremont. Er wurde von seiner Frau Karen Green tot aufgefunden, als diese von einer Vernissage zurückkam. Sein Vater erklärte der Presse, dass sein Sohn seit 20 Jahren an Depressionen gelitten habe und nur mit Medikamenten lebens- und schreibfähig gewesen sei. Wegen der auftretenden Nebenwirkungen hatte er diese jedoch zuletzt abgesetzt, worauf sich die Depressionen wieder massiv eingestellt hatten. Im Sommer 2008 hatte er sich deswegen in einem Krankenhaus einer Elektrokrampftherapie unterzogen, was aber keine Besserung bewirkte. Sein Vater vermutete, dass sein Sohn seinen Zustand zuletzt nicht mehr ausgehalten habe.

Mit dem postmodernen Roman Unendlicher Spaß (orig. Infinite Jest) gelang Wallace 1996 der Durchbruch als angesehener Romanautor. Das Werk wurde aufgrund seiner hohen Komplexität lange Zeit nicht in deutscher Sprache veröffentlicht. Ulrich Blumenbach übersetzte das Werk, was sechs Jahre in Anspruch nahm. Die deutsche Ausgabe, die 1547 Seiten umfasst, erschien am 24. August 2009. Blumenbach erhielt für seine Arbeit den Preis der Leipziger Buchmesse 2010 in der Kategorie Übersetzung.

Auch wenn Wallace zunächst durch Romane bekannt wurde, wandte er sich in seinen letzten Lebensjahren von dieser Gattung ab. So erschien 2003 ein Sachbuch über den deutschen Mathematiker Georg Cantor. Zuletzt blieben kurze Erzählformen seine Art des literarischen Ausdrucks: Er veröffentlichte einen Band mit Erzählungen (Oblivion, 2004) sowie einen Band mit Essays (Consider the Lobster and Other Essays, 2005), bevor er drei Jahre vor seinem Tod literarisch verstummte. Im Nachlass befand sich ein Romanfragment mit dem Titel The Pale King. Das Werk ist im April 2011 posthum erschienen. An der Übersetzung in die deutsche Sprache arbeitet Ulrich Blumenbach seit August 2011. Die deutsche Fassung wird voraussichtlich im Frühjahr 2013 erscheinen.

Wallaces Texte fallen sowohl durch ihren Wortreichtum wie durch ihre komplexe Syntax auf. Seine radikale, ironische, oft das Absurde unterstreichende Schreibweise wurde mit der von James Joyce und Thomas Pynchon verglichen. Sein Thema war die Identitätssuche des modernen Menschen, der Wunsch des Individuums nach Kommunikation, Zugehörigkeit und Lebensinhalt. Dabei zeigte er ein Gespür für den Jargon des Alltags. Es gelang ihm, das tägliche verbale Dauerfeuer aus Informationen und Soundbites, das aus diversen Medien auf den Menschen niederprasselt, literarisch so zu verarbeiten, dass dessen Bedeutungslosigkeit sinnfällig wird. Als typisch für seinen Stil gilt auch der intensive Einsatz von Fußnoten.

1997 erhielt Wallace den "Genius Award" der MacArthur Foundation.

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18.06.2012, 15:44

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