Vorwort
Gibt es Gott? Gute Frage, sagen da viele und wiegen bedächtig den Kopf. Ganz Kluge werden sogleich hinzufügen, dass man sie so einfach nicht stellen darf. So wie es einen Stuhl gibt oder den Kontinent Afrika, so gebe es Gott natürlich nicht. Andere wenden ein: Was denn gemeint sei mit diesem erklärungsbedürftigen Begriff Gott? Wir haben solche Bedenken außen vor gelassen – und uns einträchtig an den Papst gehalten. Benedikt XVI. hat im Vorfeld seiner Deutschlandreise von 2011 öffentlich eben diese Frage aufgegriffen: "Gibt es Gott überhaupt?"
Also haben wir, der Gläubige und der Gottesleugner, uns ohne Umschweife auf unseren Briefwechsel geworfen. In der Absicht, unsere gegensätzlichen Überzeugungen in aller Deutlichkeit zutage treten zu lassen. Und mit dem Vorsatz, keinesfalls akademische Abhandlungen zu verfassen, sondern Überlegungen, Tatsachen, Einsichten und Ansichten Dritter und persönliche Erfahrungen auszubreiten, die für jedermann nachvollziehbar sein sollen, auch wenn sie ihm bis dahin fern waren oder fremd.
Bei manchem Thema waren sich die beiden Autoren einig. Etwa darin, dass sie sich dem Humanismus verpflichtet fühlen, also einem Blick auf die Welt, der unbeirrbar den Menschen ins Zentrum rückt – mit seiner Würde, mit seinem Anspruch auf Solidarität, mit seinem Festhalten an Werten, die weder im Meer der Beliebigkeit untergehen noch auf dem Altar des Mammon geopfert werden dürfen.
Ansonsten aber: Wir, der eine aus der Politik kommend und der andere aus dem Journalismus, kannten uns vor dieser Korrespondenz nicht persönlich – und gerieten beim Briefeschreiben mehrfach heftig über Kreuz. Zwar wehte auch der Wind des Sanftmuts und der Übereinstimmung. Dann aber gab es Momente, Tage und Texte, da hat es gekracht und ge- raucht, vor und hinter den Kulissen und bis an die Grenze des Scheiterns. Es lässt sich im O-Ton nachlesen, wie es so recht rumpelt zwischen Christ und Atheist.
Beide Autoren haben also in den sieben Monaten ihrer Korrespondenz einmal mehr erlebt, wie dieses Kernthema unter die Haut geht. Es gibt eben nicht nur die Gleichgültigen. Gretchens Frage an Faust "Wie hältst du’s mit der Religion?" beschäftigt, trotz allem, noch immer die Mehrheit der Menschen in unserem Land. Unzählige treibt sie sogar um. Ihnen allen widmen wir dieses Buch.
Bonn/Stuttgart, im Juli 2012
Norbert Blüm
Peter Henkel