Theorie und Praxis

Biographie Der Wirtschaftswissenschaftler Varoufakis lehnte noch 2014 den Vorschlag ab, für die Europawahl zu kandidieren. Im Januar 2015 dann aber folgte er dem Ruf der Regierung Tsirpas
Theorie und Praxis

Foto: Carsten Koall/Getty Images

Yanis Varoufakis (griechisch Γιάνης Βαρουφάκης) wurde am 24. März 1961 in Athen geboren. Er ist ein griechischer Wirtschaftswissenschaftler, der auch die australische Staatsangehörigkeit besitzt. Er ist Verfasser mehrerer Sachbücher und aktiver Blogger. Bei der Parlamentswahl 2015 wurde er für SYRIZA ins griechische Parlament gewählt und war vom 27. Januar bis zum 6. Juli 2015 Finanzminister im Kabinett Alexis Tsipras.

Nach dem Erwerb der Hochschulreife an der Privatschule Moraitis in Athen studierte Varoufakis Wirtschaftsmathematik an der Universität Essex und mathematische Statistik an der Universität Birmingham. Zwischen 1983 und 1985 lehrte er zunächst in Essex, wo er zwei Jahre später in Ökonomie promoviert wurde. Von 1986 bis 1988 war er Fellow und Lehrkraft an der Universität Cambridge. Zudem dozierte er an den Universitäten von East Anglia, Glasgow und Sydney, bevor er im September 2000 als Professor für Ökonomie an die Nationale und Kapodistrias-Universität Athen berufen wurde. Ab 2013 lehrte er als Gastprofessor an der Lyndon B. Johnson School of Public Affairs der Universität Texas in Austin.

Auf die Frage, ob er sich selbst als Politiker vorstellen könne, entgegnete Varoufakis stets, dass er sich in der Rolle eines Vermittlers sehe, der sich als Ansprechpartner aller Parteien, mit Ausnahme der antidemokratischen, verstehe. Von daher stand er mit vielen Abgeordneten im Dialog, so auch mit Alexis Tsipras. Nachdem sich die Konservativen der Übergangsregierung Papadimos angeschlossen und Varoufakis seine neue Arbeitsstelle in den USA angetreten hatte, legte er zu den Parlamentswahlen 2012 seine neutrale Haltung erstmals ab und bekannte sich öffentlich zu den "radikalen Linken" der Partei SYRIZA. In ihnen sah er die demokratischste aller Möglichkeiten, Europa zu verbessern und das Land aus der Austerität (≈staatlichen Sparpolitik) zu führen. Als ihm Tsipras Anfang 2014 vorschlug, für die kommende Europawahl für Syriza zu kandidieren, lehnte Varoufakis ab. Er fühle sich geehrt, schrieb er in einem Beitrag, aber er sehe sich weiterhin nicht als Politiker.

Als sich gegen Ende desselben Jahres dann abzeichnete, dass es zu einer vorgezogenen Parlamentswahl kommen könnte, forderte Tsipras Varoufakis auf, sich im Falle eines Wahlsiegs mit Syriza zusammen der Verantwortung zu stellen, um einen Weg aus der Krise zu finden. Inzwischen waren Griechenlands Staatsschulden größer als zu Beginn der Krise und das Land litt unter einer Massenarbeitslosigkeit von über 26 %, der höchsten in ganz Europa. Etwa 230.000 Unternehmen hatten seit Anfang 2010 Konkurs angemeldet, die Wirtschaftsleistung des Landes war um ein Viertel eingebrochen. Varoufakis bekräftigte, eine Mitwirkung an einer Regierung mit Syriza wäre nur möglich, wenn sie vom griechischen Volk legitimiert und gewünscht wäre. So kandierte er für die Parlamentswahl 2015 im Wahlbezirk Athen B und wurde mit 135.638 Stimmen als Abgeordneter mit den meisten Stimmen bei dieser Wahl ins griechische Parlament gewählt.

Am 27. Januar 2015 berief der tags zuvor zum Ministerpräsidenten vereidigte Alexis Tsipras Varoufakis zum Finanzminister seines Kabinetts, unter anderem zuständig für die Verhandlungen mit den Partnern der Eurozone. Ihm zur Seite gestellt wurde Giannis Dragasakis, der die Aufsicht über die Bereiche Wirtschaft und Finanzen in der Regierung Tsipras führt.

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Teile dieses Textes basieren auf dem Artikel Yanis Varoufakis aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung).

13.08.2015, 10:19

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