Gegen den Strom

Biographie Der ehemals oberste Steuerfahnder Bayerns ging Zeit seiner Karriere gegen Korruption und Vetternwirtschaft vor. Nach seiner Pensionierung setzt der promovierte Jurist dies als Autor fort
Gegen den Strom

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Wilhelm Schlötterer wurde 1939 in Regensburg geboren. Er studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten in Berlin und Würzburg. Im März 1967 promovierte er in Würzburg zum Dr. iur. und trat 1968 in die bayerische Finanzverwaltung ein. Von 1973 bis 1974 war er Vertreter des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen an der Landesvertretung des Freistaates in Bonn. Nach seiner Rückkehr nach München wurde ihm 1974 bis 1978 die Leitung des Referats für Steuerfahndung, Steuerstrafrecht, Steuererlass, Abgabenordnung und Außensteuerrecht übertragen.

Während seiner Tätigkeit in der bayerischen Finanzverwaltung in den 1970er Jahren wies er beharrlich auf Einflussnahmen von CSU-Spitzenpolitikern zugunsten von Prominenten und wohlhabenden Freunden in Steuerangelegenheiten hin, zum Beispiel zu Gunsten von Franz Beckenbauer.

Er versuchte wiederholt, mit behördeninternen Mitteln und mit Kontaktaufnahmen zum bayerischen Landtag dagegen vorzugehen. Dies brachte ihm erhebliche berufliche Nachteile ein, bis hin zu Strafverfahren und beamtenrechtlichen Disziplinarverfahren. Jedes dieser Verfahren ergab, dass er sich rechtmäßig verhalten hatte.

Einige der anrüchigen Steuerfälle, mit denen er betraut war, weiteten sich im weiteren Verlauf zu spektakulären Affären aus. Ein Vorwurf lautet, Franz Josef Strauß habe gezielt in die Steuerermittlung Einfluss genommen, um befreundete Unternehmer zu begünstigen, indem er genehme Beamte einsetzte und in laufende Verfahren eingegriffen habe. Auf eine solche Instrumentalisierung des Freistaats zu privaten Zwecken hat Schlötterer mit internen Beschwerden, Briefen und Petitionen an den Landtag entgegenzuwirken versucht.

Daraufhin wurden fällige Beförderungen verweigert, es gab Straf- und Disziplinarverfahren gegen ihn und er wurde deshalb 1978 in das Referat Verteidigungslasten versetzt. Die Auseinandersetzungen mündeten Anfang der 1990er Jahre in der Aufdeckung der so genannten Amigo-Affäre. 1998 wechselte er als Generalbevollmächtigter zur Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft Bayern. Nach Erreichen der Altersgrenze wurde er im Rang eines Ministerialrats pensioniert.

2009 legte er das Sachbuch Macht und Missbrauch vor, in dem er anhand dokumentierter Einzelfälle gegen den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß und seine Nachfolger Max Streibl und Edmund Stoiber Vorwürfe der gezielten Einflussnahme in die Steuerermittlung erhebt.

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Seit dem 31.07.2013 ist der Autor mit seinem zweiten Buch Wahn und Willkür auf Lesereise. Termine und nähere Informationen finden sich auf der Homepage des Verlages.

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Teile dieses Textes basieren auf dem Artikel Wilhelm Schlötterer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und stehen unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (Kurzfassung).

01.08.2013, 09:58

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