Gethsemanekirche
Formierungsort der Revolution
Anfang Oktober 1989 wurde die Gethsemanekirche zu einem Brennpunkt der Revolution in Ost-Berlin. Ein Kontakttelefon übernahm die Aufgaben einer Nachrichtenagentur und ab dem 2. Oktober organisierten Berliner Oppositionsgruppen eine Mahnwache. Ziel war die Freilassung von in Leipzig inhaftierter Demonstrant*innen. Zu Informationsveranstaltungen kamen tausende Menschen.
Am 7. Oktober 1989 feierte die SED-Führung mit internationalen Gästen im Palast der Republik den 40. Geburtstag der DDR. Doch die offiziellen Feierlichkeiten verliefen nicht ungestört. In mehreren Städten demonstrierten Tausende für demokratische Reformen. Die Demonstrant*innen riefen „Wir bleiben hier!“, „Keine Gewalt!“ und „Wir sind das Volk!“. Sie forderten die Zulassung der neuen Bewegungen und Parteien. Das SED-Regime reagierte mit großer Brutalität: In mehreren Städten knüppelten bewaffnete Einheiten auf Protestierende ein. Viele Menschen wurden verletzt, zahlreiche inhaftiert. Aber die Bevölkerung ließ sich nicht mehr so einschüchtern wie in der Vergangenheit ...
Alexanderplatz
Schauplatz der größten Demo der DDR-Geschichte
Am 4. November 1989 kam es auf dem Alexanderplatz zur größten Protestdemonstration der DDR-Geschichte. Hunderttausende versammelten sich, um für eine andere, eine demokratische DDR zu demonstrieren. Zentrale Forderungen waren Reisefreiheit, freie Wahlen, Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Zulassung von Oppositionsgruppen und neuen Parteien. Mit tausenden Transparenten trugen die Menschen ihren Protest und ihre Forderungen kreativ in die Öffentlichkeit – ganz legal, denn die Demonstration war offiziell genehmigt.
Seit Mitte Oktober 1989 kam es in immer mehr Städten und Gemeinden der DDR zu Protesten der Bevölkerung gegen die SED-Diktatur. Als diese sich nicht mehr unterdrücken ließen, war die kommunistische Staatspartei gezwungen, landesweit unabhängige Versammlungen und Demonstrationen zuzulassen. Diese neuen Spielräume wollten oppositionelle Gruppen wie das im September 1989 gegründete Neue Forum nutzen. Eine Großdemonstration in der Hauptstadt der DDR sollte organisiert werden. Schauspieler*innen und Künstler*innen griffen die Idee auf und ab dem 15. Oktober begannen die Vorbereitungen. Die Veranstaltung wurde bei den Behörden angemeldet und von der SED genehmigt.
Brandenburger Tor
Das Symbol der Einheit
Noch am Morgen des 9. November 1989 hätte es niemand für möglich gehalten, dass in der folgenden Nacht tausende Menschen auf und vor der Mauer am Brandenburger Tor tanzen und die Öffnung der Grenze feiern würden, die Berlin, Deutschland und Europa 28 Jahre lang teilte.
Mit einem neuen Reisegesetz wollte die SED-Führung die Proteste und die anhaltende Massenflucht eindämmen. Eher beiläufig gab Regierungsvertreter Günter Schabowski am frühen Abend des 9. November 1989 eine neue Reiseregelung bekannt. Das Westfernsehen meldete in den Hauptnachrichten eine Stunde später: „DDR öffnet Grenze“. Daraufhin fanden sich Ost-Berliner*innen an den innerstädtischen Grenzübergängen der Berliner Mauer ein und erzwangen noch am selben Abend die Öffnung der Grenze.
Auch West-Berliner*innen strömten zur Mauer, um sich ein Bild der Lage zu machen. Obwohl es am Brandenburger Tor keinen Grenzübergang gab, zog es tausende Menschen zu dem Symbol der Teilung Deutschlands und Europas. Menschen besetzten die hier etwa drei Meter hohe Mauer und begannen mit Hämmern und Meißeln mit deren Abbau. Auch von der Ostseite kamen immer mehr Menschen. Die Grenztruppen zogen sich schließlich zurück und die Menschen konnten erstmals seit der Teilung wieder durch die Säulen des Berliner Wahrzeichens spazieren. Die Jubel- und Freudenszenen dieser Nacht gingen um die Welt.
Kurfürstendamm
Der Boulevard als Sehnsuchtsort
In der Nacht des Mauerfalls und den ersten Tagen danach kam es vor allem auf dem Kurfürstendamm, dem West-Berliner Sehnsuchtsort, zu Massenaufläufen und ergreifenden Szenen der Euphorie. Schon in den Morgenstunden des 10. Novembers 1989 herrschte Volksfeststimmung. Viele DDR-Bürger*innen wählten den berühmten Boulevard als erstes Ziel ihrer neugewonnen Freiheit und wurden von den West-Berliner*innen jubelnd begrüßt.
Auch die folgenden Tage standen hier ganz im Zeichen der Begegnungen und der neuen Chancen und Möglichkeiten, die die Öffnung der Grenze bereithielt. Die Warenwelt des marktwirtschaftlichen Westens lockte ebenso wie die vielfältigen kulturellen Angebote – zwei Erfahrungswelten trafen aufeinander. Der Ku‘damm steht symbolisch als Ort für gesamt West-Berlin sowie die Bundesrepublik und ihre Bürger*innen und politisch Handelnden, die die Ostdeutschen meist mit offenen Armen begrüßt haben, die fortdauernde Ausreisewelle bewältigten und die demokratische Entwicklung in der DDR beförderten.
Stasi-Zentrale
Wichtigste SED-Machtstütze
Ab Dezember 1989 wurden in der ganzen DDR die Dienststellen der Geheimpolizei von Demonstrant*innen besetzt. Am 15. Januar 1990 drangen schließlich Tausende in die Berliner Stasi-Zentrale ein. Der SED wurde ihre wichtigste Machtstütze endgültig entrissen. Bürgerkomitees versuchten die Auflösung des Geheimdienstes zu kontrollieren und die Vernichtung der Stasi-Akten zu verhindern.
Auch wenn damit das Ende der Stasi besiegelt war, die Diskussionen um den Umgang mit ihren Akten hatten gerade erst begonnen. Als im Zuge der Verhandlungen zur Deutschen Einheit die Befürchtung aufkam, die Akten könnten geschlossen bleiben, kam es zu einer erneuten Besetzung. Im September 1990 drangen Bürgerrechtler*innen in den Verwaltungstrakt des Stasi-Unterlagen-Archivs ein und begannen einen Hungerstreik. Sie wollten den Zugang von Betroffenen zu den Akten sichern – und hatten Erfolg. Seit Dezember 1991 regelte das Stasi-Unterlagen-Gesetz das Recht der Betroffenen auf Akteneinsicht ebenso wie die politische, historische und juristische Aufarbeitung der Tätigkeit der Geheimpolizei. Die MfS-Akten über vier Millionen Ostdeutsche und zwei Millionen Westdeutsche bieten eine einzigartige Möglichkeit, wenigstens nachträglich hinter die Kulissen des Systems zu schauen.
Schlossplatz
Herrschaftszentrum der DDR
Mitten im Herrschaftszentrum der DDR gelegen wurde im Herbst 1989 der Palast der Republik am Schlossplatz immer wieder Ziel von Protesten. Am 7. Oktober etwa demonstrierten Tausende vor dem Palast für demokratische Reformen, während drinnen der offizielle Festakt zum 40-jährigen Bestehen der DDR stattfand. Am 24. Oktober versammelten sich Menschen, um den Rücktritt von Egon Krenz zu fordern, der an diesem Tag zum Staatsoberhaupt gewählt worden war. Und auch die größte Protestdemonstration der DDR-Geschichte am 4. November 1989 zog am damaligen Sitz der Volkskammer, dem Scheinparlament der DDR, vorbei. In direkter Nachbarschaft befanden sich der Regierungssitz, das Außenministerium und die Parteizentrale der SED.
Mit den ersten und einzigen demokratischen Wahlen der DDR-Geschichte am 18. März 1990 war schließlich der wohl größte Erfolg der Friedlichen Revolution erreicht, die Macht des SED-Regimes endgültig gebrochen. In den Palast der Republik, bis dahin Symbol der Scheindemokratie und des totalen Machtanspruchs der SED, zog das erste frei gewählte Parlament ein. Der Weg zur weiteren demokratischen Gestaltung der Gesellschaft war geebnet, eine wichtige Voraussetzung für die Deutsche Einheit geschaffen. Mehr als 75 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen auf Parteien, die eine schnelle Einheit versprochen hatten.
East Side Gallery
Bauwerk gegen die Unmenschlichkeit
Nur eine Woche nach dem Fall der Mauer entschlossen sich Berliner Künstler*innen aus diesem „Bauwerk der Unmenschlichkeit“ ein „Bauwerk gegen die Unmenschlichkeit“ zu machen. Nach einigen gescheiterten Versuchen am Potsdamer Platz wurde in Absprache mit den zuständigen DDR-Behörden der Mauerabschnitt entlang der Mühlenstraße gewählt, um dort die „größte Galerie der Welt“ entstehen zu lassen. 118 Künstler*innen aus 21 Ländern bemalten bis zur Eröffnung der East Side Gallery am 28. September 1990 die Mauer entlang der Mühlenstraße auf einer Gesamtlänge von 1,3 Kilometern. Wo vor kurzem noch ein tödliches Grenzregime geherrscht hatte – mindestens zehn Menschen kamen im Grenzbereich der East Side Gallery ums Leben –, entstand durch diese künstlerische Aneignung ein Symbol der internationalen Verständigung, das bis heute Millionen Besucher*innen aus aller Welt anzieht.Diese künstlerische Übernahme stand für den Aufbruch in eine vereinte Stadt mit neuem Selbstverständnis: freiheitlich, international sowie kunst- und kulturaffin – aber auch geprägt durch die Spannungsverhältnisse von Freiräumen und Kommerzialisierung, alten und neuen Berliner*innen, finanzieller Not und kulturellem Kapital.